Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch VIII. Die Päpste um d. Mitte d. 17. Jahrh.
würden; das Land wurde hiedurch zum Schuldner einer
fremden Landsmannschaft, was seiner freien Entwickelung
unmöglich förderlich seyn konnte.

Und noch eine tiefer eingreifende Wirkung knüpfte sich
hieran.

Wie hätte es anders seyn können, als daß die Inha-
ber der Renten, die Geldbesitzer auch einen großen Einfluß
auf den Staat und seine Verwaltung erlangen mußten?

Die großen Handelshäuser bekamen einen unmittelba-
ren Antheil an den Staatsgeschäften. Dem Tesoriere war
immer ein Handelshaus beigegeben, bei dem die Gelder in
Empfang genommen und ausgezahlt wurden; die Cassen des
Staates waren eigentlich immer in den Händen der Kauf-
leute. Aber sie waren auch die Pächter der Einkünfte,
Schatzmeister in den Provinzen. So viele Aemter waren
käuflich: sie besaßen die Mittel sie an sich zu bringen.
Schon ohnehin gehörte ein nicht unbedeutendes Vermögen
dazu, um an der Curie fortzukommen. In den wichtigsten
Stellen der Verwaltung finden wir um das Jahr 1665
Florentiner und Genuesen. Der Geist des Hofes nahm eine
so mercantile Richtung, daß allmählig die Beförderungen bei
weitem weniger von Verdienst als von Geld abhingen. "Ein
Kaufmann mit seiner Börse in der Hand", ruft Grimani
aus, "hat am Ende alle Mal den Vorzug. Der Hof
erfüllt sich mit Miethlingen, die nur nach Gewinn trach-
ten, die sich nur als Handelsleute fühlen, nicht als Staats-
männer, und lauter niedrige Gedanken hegen." 1)


1) Antonio Grimani. Per la vendita della maggior parte
degli officii piu considerabili si viene a riempire la corte d'uomini

Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
wuͤrden; das Land wurde hiedurch zum Schuldner einer
fremden Landsmannſchaft, was ſeiner freien Entwickelung
unmoͤglich foͤrderlich ſeyn konnte.

Und noch eine tiefer eingreifende Wirkung knuͤpfte ſich
hieran.

Wie haͤtte es anders ſeyn koͤnnen, als daß die Inha-
ber der Renten, die Geldbeſitzer auch einen großen Einfluß
auf den Staat und ſeine Verwaltung erlangen mußten?

Die großen Handelshaͤuſer bekamen einen unmittelba-
ren Antheil an den Staatsgeſchaͤften. Dem Teſoriere war
immer ein Handelshaus beigegeben, bei dem die Gelder in
Empfang genommen und ausgezahlt wurden; die Caſſen des
Staates waren eigentlich immer in den Haͤnden der Kauf-
leute. Aber ſie waren auch die Paͤchter der Einkuͤnfte,
Schatzmeiſter in den Provinzen. So viele Aemter waren
kaͤuflich: ſie beſaßen die Mittel ſie an ſich zu bringen.
Schon ohnehin gehoͤrte ein nicht unbedeutendes Vermoͤgen
dazu, um an der Curie fortzukommen. In den wichtigſten
Stellen der Verwaltung finden wir um das Jahr 1665
Florentiner und Genueſen. Der Geiſt des Hofes nahm eine
ſo mercantile Richtung, daß allmaͤhlig die Befoͤrderungen bei
weitem weniger von Verdienſt als von Geld abhingen. „Ein
Kaufmann mit ſeiner Boͤrſe in der Hand“, ruft Grimani
aus, „hat am Ende alle Mal den Vorzug. Der Hof
erfuͤllt ſich mit Miethlingen, die nur nach Gewinn trach-
ten, die ſich nur als Handelsleute fuͤhlen, nicht als Staats-
maͤnner, und lauter niedrige Gedanken hegen.“ 1)


1) Antonio Grimani. Per la vendita della maggior parte
degli officii più considerabili si viene a riempire la corte d’uomini
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0120" n="108"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VIII.</hi><hi rendition="#g">Die Pa&#x0364;p&#x017F;te um d. Mitte d. 17. Jahrh</hi>.</fw><lb/>
wu&#x0364;rden; das Land wurde hiedurch zum Schuldner einer<lb/>
fremden Landsmann&#x017F;chaft, was &#x017F;einer freien Entwickelung<lb/>
unmo&#x0364;glich fo&#x0364;rderlich &#x017F;eyn konnte.</p><lb/>
          <p>Und noch eine tiefer eingreifende Wirkung knu&#x0364;pfte &#x017F;ich<lb/>
hieran.</p><lb/>
          <p>Wie ha&#x0364;tte es anders &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen, als daß die Inha-<lb/>
ber der Renten, die Geldbe&#x017F;itzer auch einen großen Einfluß<lb/>
auf den Staat und &#x017F;eine Verwaltung erlangen mußten?</p><lb/>
          <p>Die großen Handelsha&#x0364;u&#x017F;er bekamen einen unmittelba-<lb/>
ren Antheil an den Staatsge&#x017F;cha&#x0364;ften. Dem Te&#x017F;oriere war<lb/>
immer ein Handelshaus beigegeben, bei dem die Gelder in<lb/>
Empfang genommen und ausgezahlt wurden; die Ca&#x017F;&#x017F;en des<lb/>
Staates waren eigentlich immer in den Ha&#x0364;nden der Kauf-<lb/>
leute. Aber &#x017F;ie waren auch die Pa&#x0364;chter der Einku&#x0364;nfte,<lb/>
Schatzmei&#x017F;ter in den Provinzen. So viele Aemter waren<lb/>
ka&#x0364;uflich: &#x017F;ie be&#x017F;aßen die Mittel &#x017F;ie an &#x017F;ich zu bringen.<lb/>
Schon ohnehin geho&#x0364;rte ein nicht unbedeutendes Vermo&#x0364;gen<lb/>
dazu, um an der Curie fortzukommen. In den wichtig&#x017F;ten<lb/>
Stellen der Verwaltung finden wir um das Jahr 1665<lb/>
Florentiner und Genue&#x017F;en. Der Gei&#x017F;t des Hofes nahm eine<lb/>
&#x017F;o mercantile Richtung, daß allma&#x0364;hlig die Befo&#x0364;rderungen bei<lb/>
weitem weniger von Verdien&#x017F;t als von Geld abhingen. &#x201E;Ein<lb/>
Kaufmann mit &#x017F;einer Bo&#x0364;r&#x017F;e in der Hand&#x201C;, ruft Grimani<lb/>
aus, &#x201E;hat am Ende alle Mal den Vorzug. Der Hof<lb/>
erfu&#x0364;llt &#x017F;ich mit Miethlingen, die nur nach Gewinn trach-<lb/>
ten, die &#x017F;ich nur als Handelsleute fu&#x0364;hlen, nicht als Staats-<lb/>
ma&#x0364;nner, und lauter niedrige Gedanken hegen.&#x201C; <note xml:id="seg2pn_11_1" next="#seg2pn_11_2" place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Antonio Grimani. Per la vendita della maggior parte<lb/>
degli officii più considerabili si viene a riempire la corte d&#x2019;uomini</hi></note></p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0120] Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. wuͤrden; das Land wurde hiedurch zum Schuldner einer fremden Landsmannſchaft, was ſeiner freien Entwickelung unmoͤglich foͤrderlich ſeyn konnte. Und noch eine tiefer eingreifende Wirkung knuͤpfte ſich hieran. Wie haͤtte es anders ſeyn koͤnnen, als daß die Inha- ber der Renten, die Geldbeſitzer auch einen großen Einfluß auf den Staat und ſeine Verwaltung erlangen mußten? Die großen Handelshaͤuſer bekamen einen unmittelba- ren Antheil an den Staatsgeſchaͤften. Dem Teſoriere war immer ein Handelshaus beigegeben, bei dem die Gelder in Empfang genommen und ausgezahlt wurden; die Caſſen des Staates waren eigentlich immer in den Haͤnden der Kauf- leute. Aber ſie waren auch die Paͤchter der Einkuͤnfte, Schatzmeiſter in den Provinzen. So viele Aemter waren kaͤuflich: ſie beſaßen die Mittel ſie an ſich zu bringen. Schon ohnehin gehoͤrte ein nicht unbedeutendes Vermoͤgen dazu, um an der Curie fortzukommen. In den wichtigſten Stellen der Verwaltung finden wir um das Jahr 1665 Florentiner und Genueſen. Der Geiſt des Hofes nahm eine ſo mercantile Richtung, daß allmaͤhlig die Befoͤrderungen bei weitem weniger von Verdienſt als von Geld abhingen. „Ein Kaufmann mit ſeiner Boͤrſe in der Hand“, ruft Grimani aus, „hat am Ende alle Mal den Vorzug. Der Hof erfuͤllt ſich mit Miethlingen, die nur nach Gewinn trach- ten, die ſich nur als Handelsleute fuͤhlen, nicht als Staats- maͤnner, und lauter niedrige Gedanken hegen.“ 1) 1) Antonio Grimani. Per la vendita della maggior parte degli officii più considerabili si viene a riempire la corte d’uomini

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/120
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/120>, abgerufen am 23.11.2024.