Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.Buch VIII. Die Päpste um d. Mitte d. 17. Jahrh. sie sich von ihm los: das Entgegengesetzte, von dem sienur eine dunkele Kunde hat, zieht sie an: daß es in dem Papst eine untrügliche Autorität gebe, scheint ihr eine der Güte Gottes angemessene Einrichtung: darauf wirft sie sich von Tage zu Tage mit vollerer Entschiedenheit: es ist als fühlte sich das Bedürfniß weiblicher Hingebung hie- durch befriedigt, als entspränge in ihrem Herzen der Glaube wie in einem andern die Liebe, eine Liebe des unbewußten Affectes, die von der Welt verdammt wird, und verheim- licht werden muß, aber darum nur desto tiefer wurzelt, in der ein weibliches Herz sich gefällt, der es alles zu opfern entschlossen ist. Wenigstens wandte Christine nun, um sich dem rö- Der erste dem sie ihre Neigung zu erkennen gab, war 1) Man hat zuweilen einen gewissen Gottfr. Franken für den
Urheber ihrer Bekehrung erklärt. Nach der Relation hierüber bei Arckenholtz I, 465 würde der erste Gedanke Franken nach Stockholm zu schicken bei der Rückkehr des Salmasius von da, welche 1651 erfolgte, entstanden seyn. Macedo war jedoch schon 1650 daselbst; sein Anspruch ist unläugbar. Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. ſie ſich von ihm los: das Entgegengeſetzte, von dem ſienur eine dunkele Kunde hat, zieht ſie an: daß es in dem Papſt eine untruͤgliche Autoritaͤt gebe, ſcheint ihr eine der Guͤte Gottes angemeſſene Einrichtung: darauf wirft ſie ſich von Tage zu Tage mit vollerer Entſchiedenheit: es iſt als fuͤhlte ſich das Beduͤrfniß weiblicher Hingebung hie- durch befriedigt, als entſpraͤnge in ihrem Herzen der Glaube wie in einem andern die Liebe, eine Liebe des unbewußten Affectes, die von der Welt verdammt wird, und verheim- licht werden muß, aber darum nur deſto tiefer wurzelt, in der ein weibliches Herz ſich gefaͤllt, der es alles zu opfern entſchloſſen iſt. Wenigſtens wandte Chriſtine nun, um ſich dem roͤ- Der erſte dem ſie ihre Neigung zu erkennen gab, war 1) Man hat zuweilen einen gewiſſen Gottfr. Franken fuͤr den
Urheber ihrer Bekehrung erklaͤrt. Nach der Relation hieruͤber bei Arckenholtz I, 465 wuͤrde der erſte Gedanke Franken nach Stockholm zu ſchicken bei der Ruͤckkehr des Salmaſius von da, welche 1651 erfolgte, entſtanden ſeyn. Macedo war jedoch ſchon 1650 daſelbſt; ſein Anſpruch iſt unlaͤugbar. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0102" n="90"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VIII.</hi><hi rendition="#g">Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh</hi>.</fw><lb/> ſie ſich von ihm los: das Entgegengeſetzte, von dem ſie<lb/> nur eine dunkele Kunde hat, zieht ſie an: daß es in dem<lb/> Papſt eine untruͤgliche Autoritaͤt gebe, ſcheint ihr eine der<lb/> Guͤte Gottes angemeſſene Einrichtung: darauf wirft ſie ſich<lb/> von Tage zu Tage mit vollerer Entſchiedenheit: es iſt<lb/> als fuͤhlte ſich das Beduͤrfniß weiblicher Hingebung hie-<lb/> durch befriedigt, als entſpraͤnge in ihrem Herzen der Glaube<lb/> wie in einem andern die Liebe, eine Liebe des unbewußten<lb/> Affectes, die von der Welt verdammt wird, und verheim-<lb/> licht werden muß, aber darum nur deſto tiefer wurzelt,<lb/> in der ein weibliches Herz ſich gefaͤllt, der es alles zu<lb/> opfern entſchloſſen iſt.</p><lb/> <p>Wenigſtens wandte Chriſtine nun, um ſich dem roͤ-<lb/> miſchen Hofe zu naͤhern, eine geheimnißvolle Verſchlagen-<lb/> heit an, wie ſie ſonſt nur in Angelegenheiten der Leiden-<lb/> ſchaft oder des Ehrgeizes vorkommt: ſie ſpann gleichſam<lb/> eine Intrigue an um katholiſch zu werden. Darin zeigte<lb/> ſie ſich vollkommen als eine Frau.</p><lb/> <p>Der erſte dem ſie ihre Neigung zu erkennen gab, war<lb/> ein Jeſuit Antonio Macedo, Beichtvater des portugieſiſchen<lb/> Geſandten Pinto Pereira <note place="foot" n="1)">Man hat zuweilen einen gewiſſen Gottfr. Franken fuͤr den<lb/> Urheber ihrer Bekehrung erklaͤrt. Nach der Relation hieruͤber bei<lb/> Arckenholtz <hi rendition="#aq">I,</hi> 465 wuͤrde der erſte Gedanke Franken nach Stockholm<lb/> zu ſchicken bei der Ruͤckkehr des Salmaſius von da, welche 1651<lb/> erfolgte, entſtanden ſeyn. Macedo war jedoch ſchon 1650 daſelbſt;<lb/> ſein Anſpruch iſt unlaͤugbar.</note>. Pereira ſprach nur portugie-<lb/> ſiſch: er brauchte ſeinen Beichtvater zugleich als Dolmet-<lb/> ſcher. Ein ſonderbares Vergnuͤgen das ſich die Koͤnigin<lb/> machte, in den Audienzen die ſie dem Geſandten gab, in-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0102]
Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
ſie ſich von ihm los: das Entgegengeſetzte, von dem ſie
nur eine dunkele Kunde hat, zieht ſie an: daß es in dem
Papſt eine untruͤgliche Autoritaͤt gebe, ſcheint ihr eine der
Guͤte Gottes angemeſſene Einrichtung: darauf wirft ſie ſich
von Tage zu Tage mit vollerer Entſchiedenheit: es iſt
als fuͤhlte ſich das Beduͤrfniß weiblicher Hingebung hie-
durch befriedigt, als entſpraͤnge in ihrem Herzen der Glaube
wie in einem andern die Liebe, eine Liebe des unbewußten
Affectes, die von der Welt verdammt wird, und verheim-
licht werden muß, aber darum nur deſto tiefer wurzelt,
in der ein weibliches Herz ſich gefaͤllt, der es alles zu
opfern entſchloſſen iſt.
Wenigſtens wandte Chriſtine nun, um ſich dem roͤ-
miſchen Hofe zu naͤhern, eine geheimnißvolle Verſchlagen-
heit an, wie ſie ſonſt nur in Angelegenheiten der Leiden-
ſchaft oder des Ehrgeizes vorkommt: ſie ſpann gleichſam
eine Intrigue an um katholiſch zu werden. Darin zeigte
ſie ſich vollkommen als eine Frau.
Der erſte dem ſie ihre Neigung zu erkennen gab, war
ein Jeſuit Antonio Macedo, Beichtvater des portugieſiſchen
Geſandten Pinto Pereira 1). Pereira ſprach nur portugie-
ſiſch: er brauchte ſeinen Beichtvater zugleich als Dolmet-
ſcher. Ein ſonderbares Vergnuͤgen das ſich die Koͤnigin
machte, in den Audienzen die ſie dem Geſandten gab, in-
1) Man hat zuweilen einen gewiſſen Gottfr. Franken fuͤr den
Urheber ihrer Bekehrung erklaͤrt. Nach der Relation hieruͤber bei
Arckenholtz I, 465 wuͤrde der erſte Gedanke Franken nach Stockholm
zu ſchicken bei der Ruͤckkehr des Salmaſius von da, welche 1651
erfolgte, entſtanden ſeyn. Macedo war jedoch ſchon 1650 daſelbſt;
ſein Anſpruch iſt unlaͤugbar.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |