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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch V. Gegenreformationen.
gen die Angriffe Conde's in Vertheidigungsstand setzte, be-
kamen alle Anstalten eine antiprotestantische Farbe. Die
waffenfähige Mannschaft der Stadt ward militärisch or-
ganisirt: die Capitäne denen man sie unterwarf mußten
vor allen Dingen katholisch seyn. Die Mitglieder der Uni-
versität, des Parlamentes, die so zahlreiche Classe der Ad-
vocaten eingeschlossen, mußten eine Glaubensformel von
rein katholischem Inhalte unterzeichnen.

Unter dem Einfluß dieser Stimmung setzten sich die
Jesuiten in Frankreich fest. Sie fingen hier ziemlich klein
an: sie mußten sich mit Collegien in Billon, Tournon, die
ihnen ein paar geistliche Herrn, ihre Verehrer, eröffneten,
begnügen, Orten, vom Mittelpunkte des Landes entfernt,
wo sich niemals etwas Bedeutendes ausrichten ließ. In
den großen Städten, vor allem in Paris, fanden sie an-
fangs den hartnäckigsten Widerstand. Sorbonne, Parla-
ment, Erzbischof, die sich sämmtlich durch ihre Privilegien
beeinträchtigt glaubten, waren wider sie. Da sie aber die
Gunst der eifrigen Katholiken und besonders des Hofes er-
warben, der dann nicht müde ward sie zu empfehlen,
"wegen ihres musterhaften Lebens, ihrer reinen Lehre, so
daß viele Abgewichene durch sie zum Glauben zurückge-
führt worden, und Orient und Occident durch ihre Be-
mühung das Angesicht des Herrn erkenne" 1), da jene

1) In einer Handschrift der Berliner Bibliothek Mss. Gall.
nr.
75 findet sich unter andern auch folgendes Stück: Deliberations
et consultations au parlement de Paris touchant l'establissement
des Jesuites en France,
in welchem besonders die Botschaften des
Hofes an das Parlament zu Gunsten der Jesuiten enthalten sind:

Buch V. Gegenreformationen.
gen die Angriffe Condé’s in Vertheidigungsſtand ſetzte, be-
kamen alle Anſtalten eine antiproteſtantiſche Farbe. Die
waffenfaͤhige Mannſchaft der Stadt ward militaͤriſch or-
ganiſirt: die Capitaͤne denen man ſie unterwarf mußten
vor allen Dingen katholiſch ſeyn. Die Mitglieder der Uni-
verſitaͤt, des Parlamentes, die ſo zahlreiche Claſſe der Ad-
vocaten eingeſchloſſen, mußten eine Glaubensformel von
rein katholiſchem Inhalte unterzeichnen.

Unter dem Einfluß dieſer Stimmung ſetzten ſich die
Jeſuiten in Frankreich feſt. Sie fingen hier ziemlich klein
an: ſie mußten ſich mit Collegien in Billon, Tournon, die
ihnen ein paar geiſtliche Herrn, ihre Verehrer, eroͤffneten,
begnuͤgen, Orten, vom Mittelpunkte des Landes entfernt,
wo ſich niemals etwas Bedeutendes ausrichten ließ. In
den großen Staͤdten, vor allem in Paris, fanden ſie an-
fangs den hartnaͤckigſten Widerſtand. Sorbonne, Parla-
ment, Erzbiſchof, die ſich ſaͤmmtlich durch ihre Privilegien
beeintraͤchtigt glaubten, waren wider ſie. Da ſie aber die
Gunſt der eifrigen Katholiken und beſonders des Hofes er-
warben, der dann nicht muͤde ward ſie zu empfehlen,
„wegen ihres muſterhaften Lebens, ihrer reinen Lehre, ſo
daß viele Abgewichene durch ſie zum Glauben zuruͤckge-
fuͤhrt worden, und Orient und Occident durch ihre Be-
muͤhung das Angeſicht des Herrn erkenne“ 1), da jene

1) In einer Handſchrift der Berliner Bibliothek Mss. Gall.
nr.
75 findet ſich unter andern auch folgendes Stuͤck: Deliberations
et consultations au parlement de Paris touchant l’establissement
des Jesuites en France,
in welchem beſonders die Botſchaften des
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[62/0074] Buch V. Gegenreformationen. gen die Angriffe Condé’s in Vertheidigungsſtand ſetzte, be- kamen alle Anſtalten eine antiproteſtantiſche Farbe. Die waffenfaͤhige Mannſchaft der Stadt ward militaͤriſch or- ganiſirt: die Capitaͤne denen man ſie unterwarf mußten vor allen Dingen katholiſch ſeyn. Die Mitglieder der Uni- verſitaͤt, des Parlamentes, die ſo zahlreiche Claſſe der Ad- vocaten eingeſchloſſen, mußten eine Glaubensformel von rein katholiſchem Inhalte unterzeichnen. Unter dem Einfluß dieſer Stimmung ſetzten ſich die Jeſuiten in Frankreich feſt. Sie fingen hier ziemlich klein an: ſie mußten ſich mit Collegien in Billon, Tournon, die ihnen ein paar geiſtliche Herrn, ihre Verehrer, eroͤffneten, begnuͤgen, Orten, vom Mittelpunkte des Landes entfernt, wo ſich niemals etwas Bedeutendes ausrichten ließ. In den großen Staͤdten, vor allem in Paris, fanden ſie an- fangs den hartnaͤckigſten Widerſtand. Sorbonne, Parla- ment, Erzbiſchof, die ſich ſaͤmmtlich durch ihre Privilegien beeintraͤchtigt glaubten, waren wider ſie. Da ſie aber die Gunſt der eifrigen Katholiken und beſonders des Hofes er- warben, der dann nicht muͤde ward ſie zu empfehlen, „wegen ihres muſterhaften Lebens, ihrer reinen Lehre, ſo daß viele Abgewichene durch ſie zum Glauben zuruͤckge- fuͤhrt worden, und Orient und Occident durch ihre Be- muͤhung das Angeſicht des Herrn erkenne“ 1), da jene 1) In einer Handſchrift der Berliner Bibliothek Mss. Gall. nr. 75 findet ſich unter andern auch folgendes Stuͤck: Deliberations et consultations au parlement de Paris touchant l’establissement des Jesuites en France, in welchem beſonders die Botſchaften des Hofes an das Parlament zu Gunſten der Jeſuiten enthalten ſind:

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/74>, abgerufen am 30.04.2024.