vielleicht die Empfehlungen Daniel Brendels bestimmten ihn. Mit Vergnügen kamen die Ordensmänner; Mainz und Trier stifteten hier eine gemeinschaftliche Colonie: der Abt baute ihnen Haus und Schule und wies ihnen eine Pension an: er selbst, denn noch war er sehr unwissend, nahm bei ihnen Unterricht 1).
Zunächst mit seinem Capitel, das in Dingen dieser Art ein Wort mitzusprechen hatte, und diese Berufung keines- weges billigte, gerieth der Abt hiedurch in ein schlechtes Verhältniß: bald aber griff er auch die Stadt an. Er be- kam dazu die erwünschteste Gelegenheit.
Der Pfarrer von Fulda, der bisher die evangelische Lehre gepredigt, trat zu dem Katholicismus zurück, und fing wieder an, die Taufe lateinisch zu vollziehen: das Abendmahl nur unter Einer Gestalt zu reichen. Die Bür- gerschaft, des evangelischen Ritus längst gewohnt, wollte sich dieß nicht so gutwillig gefallen lassen und forderte die Entfernung dieses Pfarrers. Sie fand, wie man den- ken kann, kein Gehör. Nicht allein ward in der Haupt- kirche der katholische Ritus streng ausgeübt: auch aus den Nebenkirchen wurden die evangelischen Prediger nach und nach verwiesen, und Jesuiten eingesetzt. Schon vertauschte der Abt seine protestantischen Räthe und Beamte mit ka- tholischen.
Es war vergebens, daß der Adel hiegegen Vorstel-
1)Reiffenberg: Historia societatis Jesu ad Rhenum infe- riorem I, VI, II, der an dieser Stelle die Notizen des Sacchinus (III, VII, 68.) aus einem für ihn gefertigten Tractat des Jesuiten Feurer vermehrt. Von protestantischer Seite: Beschwerden der Stadt Fulda und desselben Stiftes Ritterschaft, bei Lehmann: de pace religionis II, IX, 257.
Buch V. Gegenreformationen.
vielleicht die Empfehlungen Daniel Brendels beſtimmten ihn. Mit Vergnuͤgen kamen die Ordensmaͤnner; Mainz und Trier ſtifteten hier eine gemeinſchaftliche Colonie: der Abt baute ihnen Haus und Schule und wies ihnen eine Penſion an: er ſelbſt, denn noch war er ſehr unwiſſend, nahm bei ihnen Unterricht 1).
Zunaͤchſt mit ſeinem Capitel, das in Dingen dieſer Art ein Wort mitzuſprechen hatte, und dieſe Berufung keines- weges billigte, gerieth der Abt hiedurch in ein ſchlechtes Verhaͤltniß: bald aber griff er auch die Stadt an. Er be- kam dazu die erwuͤnſchteſte Gelegenheit.
Der Pfarrer von Fulda, der bisher die evangeliſche Lehre gepredigt, trat zu dem Katholicismus zuruͤck, und fing wieder an, die Taufe lateiniſch zu vollziehen: das Abendmahl nur unter Einer Geſtalt zu reichen. Die Buͤr- gerſchaft, des evangeliſchen Ritus laͤngſt gewohnt, wollte ſich dieß nicht ſo gutwillig gefallen laſſen und forderte die Entfernung dieſes Pfarrers. Sie fand, wie man den- ken kann, kein Gehoͤr. Nicht allein ward in der Haupt- kirche der katholiſche Ritus ſtreng ausgeuͤbt: auch aus den Nebenkirchen wurden die evangeliſchen Prediger nach und nach verwieſen, und Jeſuiten eingeſetzt. Schon vertauſchte der Abt ſeine proteſtantiſchen Raͤthe und Beamte mit ka- tholiſchen.
Es war vergebens, daß der Adel hiegegen Vorſtel-
1)Reiffenberg: Historia societatis Jesu ad Rhenum infe- riorem I, VI, II, der an dieſer Stelle die Notizen des Sacchinus (III, VII, 68.) aus einem fuͤr ihn gefertigten Tractat des Jeſuiten Feurer vermehrt. Von proteſtantiſcher Seite: Beſchwerden der Stadt Fulda und deſſelben Stiftes Ritterſchaft, bei Lehmann: de pace religionis II, IX, 257.
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Buch V. Gegenreformationen.
vielleicht die Empfehlungen Daniel Brendels beſtimmten
ihn. Mit Vergnuͤgen kamen die Ordensmaͤnner; Mainz
und Trier ſtifteten hier eine gemeinſchaftliche Colonie: der
Abt baute ihnen Haus und Schule und wies ihnen eine
Penſion an: er ſelbſt, denn noch war er ſehr unwiſſend,
nahm bei ihnen Unterricht 1).
Zunaͤchſt mit ſeinem Capitel, das in Dingen dieſer Art
ein Wort mitzuſprechen hatte, und dieſe Berufung keines-
weges billigte, gerieth der Abt hiedurch in ein ſchlechtes
Verhaͤltniß: bald aber griff er auch die Stadt an. Er be-
kam dazu die erwuͤnſchteſte Gelegenheit.
Der Pfarrer von Fulda, der bisher die evangeliſche
Lehre gepredigt, trat zu dem Katholicismus zuruͤck, und
fing wieder an, die Taufe lateiniſch zu vollziehen: das
Abendmahl nur unter Einer Geſtalt zu reichen. Die Buͤr-
gerſchaft, des evangeliſchen Ritus laͤngſt gewohnt, wollte
ſich dieß nicht ſo gutwillig gefallen laſſen und forderte
die Entfernung dieſes Pfarrers. Sie fand, wie man den-
ken kann, kein Gehoͤr. Nicht allein ward in der Haupt-
kirche der katholiſche Ritus ſtreng ausgeuͤbt: auch aus den
Nebenkirchen wurden die evangeliſchen Prediger nach und
nach verwieſen, und Jeſuiten eingeſetzt. Schon vertauſchte
der Abt ſeine proteſtantiſchen Raͤthe und Beamte mit ka-
tholiſchen.
Es war vergebens, daß der Adel hiegegen Vorſtel-
1) Reiffenberg: Historia societatis Jesu ad Rhenum infe-
riorem I, VI, II, der an dieſer Stelle die Notizen des Sacchinus
(III, VII, 68.) aus einem fuͤr ihn gefertigten Tractat des Jeſuiten
Feurer vermehrt. Von proteſtantiſcher Seite: Beſchwerden der
Stadt Fulda und deſſelben Stiftes Ritterſchaft, bei Lehmann: de
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/64>, abgerufen am 07.07.2024.
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