Was schon in Prag sich unvermeidlich gezeigt, den Pro- testanten in Hinsicht der geistlichen Güter einige Zugeständ- nisse zu machen, war es später noch mehr; dessenungeachtet wird der Legat "zu besonderm Eifer" ermahnt "um nichts zuzugeben was in Hinsicht der geistlichen Güter den Pro- testanten zum Vortheil gereichen könnte." Sogar die Frie- densschlüsse mit protestantischen Mächten will der Papst nicht billigen. Der Abgesandte soll es nicht unterstützen, wenn man die Holländer in den Frieden einschließen wolle, jeder Abtretung an die Schweden -- es war damals nur von einem Hafen die Rede -- soll er sich entgegensetzen; "die göttliche Barmherzigkeit werde schon Mittel finden diese Nation aus Deutschland zu entfernen."
Der römische Stuhl durfte vernünftiger Weise keine Hoffnung mehr hegen die Protestanten zu überwältigen; es ist doch von großer Bedeutung, daß er, wiewohl ohne seinen Willen, aber durch die hartnäckige Behauptung un- ausführbarer Ansprüche es sich selbst unmöglich machte, auf das Verhältniß seiner Gläubigen zu denselben einen wesentlichen Einfluß auszuüben.
Wohl schickte der römische Stuhl auch ferner seine Gesandten zu dem Friedenscongresse. Auf Ginetti folgten Machiavelli, Rosetti, Chigi. Ginetti, sagt man, war sehr sparsam, und schadete damit seiner Wirksamkeit, -- Ma- chiavelli sollte eigentlich hier nur Rang erwerben, Befähi- gung zu einer höhern Stelle, -- Rosetti war den Franzo- sen unbequem: -- so erklärt man die Geringfügigkeit ih- res Einflusses: 1) die Wahrheit ist, daß die Sache selbst,
1)Pallavicini: Vita di papa Alessandro VII. MS.
Gleichgewichtes der beiden Bekenntniſſe.
Was ſchon in Prag ſich unvermeidlich gezeigt, den Pro- teſtanten in Hinſicht der geiſtlichen Guͤter einige Zugeſtaͤnd- niſſe zu machen, war es ſpaͤter noch mehr; deſſenungeachtet wird der Legat „zu beſonderm Eifer“ ermahnt „um nichts zuzugeben was in Hinſicht der geiſtlichen Guͤter den Pro- teſtanten zum Vortheil gereichen koͤnnte.“ Sogar die Frie- densſchluͤſſe mit proteſtantiſchen Maͤchten will der Papſt nicht billigen. Der Abgeſandte ſoll es nicht unterſtuͤtzen, wenn man die Hollaͤnder in den Frieden einſchließen wolle, jeder Abtretung an die Schweden — es war damals nur von einem Hafen die Rede — ſoll er ſich entgegenſetzen; „die goͤttliche Barmherzigkeit werde ſchon Mittel finden dieſe Nation aus Deutſchland zu entfernen.“
Der roͤmiſche Stuhl durfte vernuͤnftiger Weiſe keine Hoffnung mehr hegen die Proteſtanten zu uͤberwaͤltigen; es iſt doch von großer Bedeutung, daß er, wiewohl ohne ſeinen Willen, aber durch die hartnaͤckige Behauptung un- ausfuͤhrbarer Anſpruͤche es ſich ſelbſt unmoͤglich machte, auf das Verhaͤltniß ſeiner Glaͤubigen zu denſelben einen weſentlichen Einfluß auszuuͤben.
Wohl ſchickte der roͤmiſche Stuhl auch ferner ſeine Geſandten zu dem Friedenscongreſſe. Auf Ginetti folgten Machiavelli, Roſetti, Chigi. Ginetti, ſagt man, war ſehr ſparſam, und ſchadete damit ſeiner Wirkſamkeit, — Ma- chiavelli ſollte eigentlich hier nur Rang erwerben, Befaͤhi- gung zu einer hoͤhern Stelle, — Roſetti war den Franzo- ſen unbequem: — ſo erklaͤrt man die Geringfuͤgigkeit ih- res Einfluſſes: 1) die Wahrheit iſt, daß die Sache ſelbſt,
1)Pallavicini: Vita di papa Alessandro VII. MS.
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Gleichgewichtes der beiden Bekenntniſſe.
Was ſchon in Prag ſich unvermeidlich gezeigt, den Pro-
teſtanten in Hinſicht der geiſtlichen Guͤter einige Zugeſtaͤnd-
niſſe zu machen, war es ſpaͤter noch mehr; deſſenungeachtet
wird der Legat „zu beſonderm Eifer“ ermahnt „um nichts
zuzugeben was in Hinſicht der geiſtlichen Guͤter den Pro-
teſtanten zum Vortheil gereichen koͤnnte.“ Sogar die Frie-
densſchluͤſſe mit proteſtantiſchen Maͤchten will der Papſt
nicht billigen. Der Abgeſandte ſoll es nicht unterſtuͤtzen,
wenn man die Hollaͤnder in den Frieden einſchließen wolle,
jeder Abtretung an die Schweden — es war damals nur
von einem Hafen die Rede — ſoll er ſich entgegenſetzen;
„die goͤttliche Barmherzigkeit werde ſchon Mittel finden
dieſe Nation aus Deutſchland zu entfernen.“
Der roͤmiſche Stuhl durfte vernuͤnftiger Weiſe keine
Hoffnung mehr hegen die Proteſtanten zu uͤberwaͤltigen;
es iſt doch von großer Bedeutung, daß er, wiewohl ohne
ſeinen Willen, aber durch die hartnaͤckige Behauptung un-
ausfuͤhrbarer Anſpruͤche es ſich ſelbſt unmoͤglich machte,
auf das Verhaͤltniß ſeiner Glaͤubigen zu denſelben einen
weſentlichen Einfluß auszuuͤben.
Wohl ſchickte der roͤmiſche Stuhl auch ferner ſeine
Geſandten zu dem Friedenscongreſſe. Auf Ginetti folgten
Machiavelli, Roſetti, Chigi. Ginetti, ſagt man, war ſehr
ſparſam, und ſchadete damit ſeiner Wirkſamkeit, — Ma-
chiavelli ſollte eigentlich hier nur Rang erwerben, Befaͤhi-
gung zu einer hoͤhern Stelle, — Roſetti war den Franzo-
ſen unbequem: — ſo erklaͤrt man die Geringfuͤgigkeit ih-
res Einfluſſes: 1) die Wahrheit iſt, daß die Sache ſelbſt,
1) Pallavicini: Vita di papa Alessandro VII. MS.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 569. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/581>, abgerufen am 16.02.2025.
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