König möge ein Heer ins Feld rücken lassen, selbst ehe Ro- chelle noch genommen sey: eine Unternehmung in der man- tuanischen Sache sey eben so gottgefällig, wie die Belage- rung jenes Hauptbollwerkes der Hugenotten: erscheine der König nur erst in Lyon und erkläre sich für die Freiheit von Italien, so werde auch er der Papst nicht säumen, ein Heer ins Feld stellen und sich mit dem Könige vereinigen" 1).
Von dieser Seite hatte demnach Richelieu dießmal nichts zu fürchten, wenn er die vor drei Jahren fehlge- schlagene Opposition gegen Spanien wieder aufnahm. Aber er wollte ganz sicher gehn: er hatte nicht die Eile des Pap- stes: in jener Belagerung, die seinen Ehrgeiz fesselte, ließ er sich nicht stören.
Desto entschlossener zeigte er sich, so wie nun Rochelle gefallen war. "Monsignore," redete er den päpstlichen Nun- tius an, den er sogleich rufen ließ, "nun wollen wir auch keinen Augenblick weiter verlieren, aus allen Kräften wird sich der König der italienischen Sache annehmen" 2).
Dergestalt erhob sich jene Feindseligkeit gegen Spanien und Oestreich, die sich schon so oft geregt, kräftiger als jemals. Die Eifersucht von Italien rief noch einmal den Ehrgeiz der Franzosen hervor. Die Lage der Dinge schien so dringend, daß Ludwig XIII. das Frühjahr nicht abwar- ten wollte. Noch in der Mitte des Januar 1629 brach er von Paris auf und nahm den Weg gegen die Alpen.
Ver-
1) Auszüge aus den Depeschen Bethunes vom 23. Sept. und 8. Oct. 1628 bei Siri: Memorie VI, p. 478.
2)Dispaccio Bagni 2 Nov. 1628.
BuchVII.Kap. 4.
Koͤnig moͤge ein Heer ins Feld ruͤcken laſſen, ſelbſt ehe Ro- chelle noch genommen ſey: eine Unternehmung in der man- tuaniſchen Sache ſey eben ſo gottgefaͤllig, wie die Belage- rung jenes Hauptbollwerkes der Hugenotten: erſcheine der Koͤnig nur erſt in Lyon und erklaͤre ſich fuͤr die Freiheit von Italien, ſo werde auch er der Papſt nicht ſaͤumen, ein Heer ins Feld ſtellen und ſich mit dem Koͤnige vereinigen“ 1).
Von dieſer Seite hatte demnach Richelieu dießmal nichts zu fuͤrchten, wenn er die vor drei Jahren fehlge- ſchlagene Oppoſition gegen Spanien wieder aufnahm. Aber er wollte ganz ſicher gehn: er hatte nicht die Eile des Pap- ſtes: in jener Belagerung, die ſeinen Ehrgeiz feſſelte, ließ er ſich nicht ſtoͤren.
Deſto entſchloſſener zeigte er ſich, ſo wie nun Rochelle gefallen war. „Monſignore,“ redete er den paͤpſtlichen Nun- tius an, den er ſogleich rufen ließ, „nun wollen wir auch keinen Augenblick weiter verlieren, aus allen Kraͤften wird ſich der Koͤnig der italieniſchen Sache annehmen“ 2).
Dergeſtalt erhob ſich jene Feindſeligkeit gegen Spanien und Oeſtreich, die ſich ſchon ſo oft geregt, kraͤftiger als jemals. Die Eiferſucht von Italien rief noch einmal den Ehrgeiz der Franzoſen hervor. Die Lage der Dinge ſchien ſo dringend, daß Ludwig XIII. das Fruͤhjahr nicht abwar- ten wollte. Noch in der Mitte des Januar 1629 brach er von Paris auf und nahm den Weg gegen die Alpen.
Ver-
1) Auszuͤge aus den Depeſchen Bethunes vom 23. Sept. und 8. Oct. 1628 bei Siri: Memorie VI, p. 478.
2)Dispaccio Bagni 2 Nov. 1628.
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Buch VII. Kap. 4.
Koͤnig moͤge ein Heer ins Feld ruͤcken laſſen, ſelbſt ehe Ro-
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tuaniſchen Sache ſey eben ſo gottgefaͤllig, wie die Belage-
rung jenes Hauptbollwerkes der Hugenotten: erſcheine der
Koͤnig nur erſt in Lyon und erklaͤre ſich fuͤr die Freiheit
von Italien, ſo werde auch er der Papſt nicht ſaͤumen, ein
Heer ins Feld ſtellen und ſich mit dem Koͤnige vereinigen“ 1).
Von dieſer Seite hatte demnach Richelieu dießmal
nichts zu fuͤrchten, wenn er die vor drei Jahren fehlge-
ſchlagene Oppoſition gegen Spanien wieder aufnahm. Aber
er wollte ganz ſicher gehn: er hatte nicht die Eile des Pap-
ſtes: in jener Belagerung, die ſeinen Ehrgeiz feſſelte, ließ
er ſich nicht ſtoͤren.
Deſto entſchloſſener zeigte er ſich, ſo wie nun Rochelle
gefallen war. „Monſignore,“ redete er den paͤpſtlichen Nun-
tius an, den er ſogleich rufen ließ, „nun wollen wir auch
keinen Augenblick weiter verlieren, aus allen Kraͤften wird
ſich der Koͤnig der italieniſchen Sache annehmen“ 2).
Dergeſtalt erhob ſich jene Feindſeligkeit gegen Spanien
und Oeſtreich, die ſich ſchon ſo oft geregt, kraͤftiger als
jemals. Die Eiferſucht von Italien rief noch einmal den
Ehrgeiz der Franzoſen hervor. Die Lage der Dinge ſchien
ſo dringend, daß Ludwig XIII. das Fruͤhjahr nicht abwar-
ten wollte. Noch in der Mitte des Januar 1629 brach
er von Paris auf und nahm den Weg gegen die Alpen.
Ver-
1) Auszuͤge aus den Depeſchen Bethunes vom 23. Sept. und
8. Oct. 1628 bei Siri: Memorie VI, p. 478.
2) Dispaccio Bagni 2 Nov. 1628.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/556>, abgerufen am 24.11.2024.
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