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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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des Katholicismus. Verhältniß zu England.
mer voll, die heilige Woche ward daselbst mit großer Ce-
lebrität gefeiert: auch nahmen sich die Gesandten ihrer
Glaubensgenossen häufig an, sie wurden, wie ein Vene-
zianer sagt, gleichsam als die Legaten des apostolischen
Stuhles betrachtet.

Ich fürchte nicht zu irren, wenn ich annehme, daß es
vor allem dieß Verhältniß war, was König Jacob auf
den Gedanken brachte seinen Erben mit einer spanischen
Prinzessin zu vermählen. Er hoffte, daß er sich hiedurch
der Katholiken versichern, daß er die Gunst, welche diese
dem spanischen Hause widmeten, für das seine gewin-
nen werde. Die auswärtigen Verhältnisse fügten einen
neuen Beweggrund hinzu. Es ließ sich erwarten, daß das
Haus Oestreich, so nahe mit ihm verwandt, sich seinem
Schwiegersohne von der Pfalz günstiger zeigen würde.

Es fragte sich nur, ob die Sache ausgeführt werden
könne. In der Verschiedenheit der Religion lag ein Hin-
derniß, das für jene Zeit wahrhaft schwer zu beseitigen war.

Immer wird die Welt, die Ordnung der Dinge von
einem phantastischen Element umgeben seyn, das sich in
Poesie und romantischen Erzählungen ausspricht, und dann
in der Jugend leicht auf das Leben zurückwirkt. Indem
die Unterhandlungen, die man angeknüpft, sich von Tage zu
Tage, von Monat zu Monat verzogen, faßte der Prinz
von Wales mit seinem vertrauten Freund und Altersgenos-
sen Buckingham den romanhaften Gedanken, sich selbst
aufzumachen und sich seine Braut zu holen 1). Nicht ganz

1) Papers relative to the spanish match, in Hardwicke Pa-
pers I, p. 399.
Sie enthalten eine Correspondenz zwischen Jacob I.
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des Katholicismus. Verhaͤltniß zu England.
mer voll, die heilige Woche ward daſelbſt mit großer Ce-
lebritaͤt gefeiert: auch nahmen ſich die Geſandten ihrer
Glaubensgenoſſen haͤufig an, ſie wurden, wie ein Vene-
zianer ſagt, gleichſam als die Legaten des apoſtoliſchen
Stuhles betrachtet.

Ich fuͤrchte nicht zu irren, wenn ich annehme, daß es
vor allem dieß Verhaͤltniß war, was Koͤnig Jacob auf
den Gedanken brachte ſeinen Erben mit einer ſpaniſchen
Prinzeſſin zu vermaͤhlen. Er hoffte, daß er ſich hiedurch
der Katholiken verſichern, daß er die Gunſt, welche dieſe
dem ſpaniſchen Hauſe widmeten, fuͤr das ſeine gewin-
nen werde. Die auswaͤrtigen Verhaͤltniſſe fuͤgten einen
neuen Beweggrund hinzu. Es ließ ſich erwarten, daß das
Haus Oeſtreich, ſo nahe mit ihm verwandt, ſich ſeinem
Schwiegerſohne von der Pfalz guͤnſtiger zeigen wuͤrde.

Es fragte ſich nur, ob die Sache ausgefuͤhrt werden
koͤnne. In der Verſchiedenheit der Religion lag ein Hin-
derniß, das fuͤr jene Zeit wahrhaft ſchwer zu beſeitigen war.

Immer wird die Welt, die Ordnung der Dinge von
einem phantaſtiſchen Element umgeben ſeyn, das ſich in
Poeſie und romantiſchen Erzaͤhlungen ausſpricht, und dann
in der Jugend leicht auf das Leben zuruͤckwirkt. Indem
die Unterhandlungen, die man angeknuͤpft, ſich von Tage zu
Tage, von Monat zu Monat verzogen, faßte der Prinz
von Wales mit ſeinem vertrauten Freund und Altersgenoſ-
ſen Buckingham den romanhaften Gedanken, ſich ſelbſt
aufzumachen und ſich ſeine Braut zu holen 1). Nicht ganz

1) Papers relative to the spanish match, in Hardwicke Pa-
pers I, p. 399.
Sie enthalten eine Correſpondenz zwiſchen Jacob I.
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[483/0495] des Katholicismus. Verhaͤltniß zu England. mer voll, die heilige Woche ward daſelbſt mit großer Ce- lebritaͤt gefeiert: auch nahmen ſich die Geſandten ihrer Glaubensgenoſſen haͤufig an, ſie wurden, wie ein Vene- zianer ſagt, gleichſam als die Legaten des apoſtoliſchen Stuhles betrachtet. Ich fuͤrchte nicht zu irren, wenn ich annehme, daß es vor allem dieß Verhaͤltniß war, was Koͤnig Jacob auf den Gedanken brachte ſeinen Erben mit einer ſpaniſchen Prinzeſſin zu vermaͤhlen. Er hoffte, daß er ſich hiedurch der Katholiken verſichern, daß er die Gunſt, welche dieſe dem ſpaniſchen Hauſe widmeten, fuͤr das ſeine gewin- nen werde. Die auswaͤrtigen Verhaͤltniſſe fuͤgten einen neuen Beweggrund hinzu. Es ließ ſich erwarten, daß das Haus Oeſtreich, ſo nahe mit ihm verwandt, ſich ſeinem Schwiegerſohne von der Pfalz guͤnſtiger zeigen wuͤrde. Es fragte ſich nur, ob die Sache ausgefuͤhrt werden koͤnne. In der Verſchiedenheit der Religion lag ein Hin- derniß, das fuͤr jene Zeit wahrhaft ſchwer zu beſeitigen war. Immer wird die Welt, die Ordnung der Dinge von einem phantaſtiſchen Element umgeben ſeyn, das ſich in Poeſie und romantiſchen Erzaͤhlungen ausſpricht, und dann in der Jugend leicht auf das Leben zuruͤckwirkt. Indem die Unterhandlungen, die man angeknuͤpft, ſich von Tage zu Tage, von Monat zu Monat verzogen, faßte der Prinz von Wales mit ſeinem vertrauten Freund und Altersgenoſ- ſen Buckingham den romanhaften Gedanken, ſich ſelbſt aufzumachen und ſich ſeine Braut zu holen 1). Nicht ganz 1) Papers relative to the spanish match, in Hardwicke Pa- pers I, p. 399. Sie enthalten eine Correſpondenz zwiſchen Jacob I. 31*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/495>, abgerufen am 28.11.2024.