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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch VII. Kap. 2. Allgemeine Ausbreitung
gestatteten, daß der grüne Donnerstag 1622 noch einmal
mit dem Genuß beider Gestalten gefeiert wurde; und schon
erhob sich eine Stimme in dem Volke, daß man sich die-
sen altherkömmlichen vaterländischen Gebrauch nicht entrei-
ßen lassen dürfe. Aber durch keine Vorstellung war der
Nuntius dafür zu stimmen, unerschütterlich hielt er die
Gesichtspunkte der Curie fest: er wußte wohl, daß der Kai-
ser sie zuletzt billigen werde; und in der That gelang es
ihm, eine Erklärung desselben auszubringen, daß sich seine
weltliche Regierung in die religiösen Geschäfte nicht zu mi-
schen habe. Hierauf ward die Messe allenthalben nur noch
nach römischem Ritus gehalten: lateinisch, mit Ausspren-
gung von Weihwasser und Anrufung der Heiligen: an den
Genuß beider Gestalten war nicht mehr zu denken, der
keckste Vertheidiger dieses Gebrauchs wurde gefangen ge-
setzt: endlich ward auch das Symbol des Utraquismus
der große Kelch mit dem Schwert an der Theinkirche, des-
sen Anblick die alten Erinnerungen wach erhalten hätte, her-
untergenommen. Den sechsten Juli, wo man sonst das
Andenken an Johann Huß gefeiert, wurden die Kirchen
sorgfältig verschlossen gehalten.

Dieser strengsten Einwirkung römischer Dogmen und
Gebräuche kam nun die Regierung mit politischen Mitteln
zu Hülfe. Die Confiscationen brachten einen beträchtlichen
Theil des Landeigenthums in katholische Hände; die Er-
werbung liegender Gründe ward den Protestanten so gut

sollte man von Lichtenstein das Gegentheil glauben. Doch wäre das
ganz falsch, wie sich aus Caraffa ergibt. Der Nuntius fand dage-
gen bei Plateis Unterstützung.

Buch VII. Kap. 2. Allgemeine Ausbreitung
geſtatteten, daß der gruͤne Donnerſtag 1622 noch einmal
mit dem Genuß beider Geſtalten gefeiert wurde; und ſchon
erhob ſich eine Stimme in dem Volke, daß man ſich die-
ſen altherkoͤmmlichen vaterlaͤndiſchen Gebrauch nicht entrei-
ßen laſſen duͤrfe. Aber durch keine Vorſtellung war der
Nuntius dafuͤr zu ſtimmen, unerſchuͤtterlich hielt er die
Geſichtspunkte der Curie feſt: er wußte wohl, daß der Kai-
ſer ſie zuletzt billigen werde; und in der That gelang es
ihm, eine Erklaͤrung deſſelben auszubringen, daß ſich ſeine
weltliche Regierung in die religioͤſen Geſchaͤfte nicht zu mi-
ſchen habe. Hierauf ward die Meſſe allenthalben nur noch
nach roͤmiſchem Ritus gehalten: lateiniſch, mit Ausſpren-
gung von Weihwaſſer und Anrufung der Heiligen: an den
Genuß beider Geſtalten war nicht mehr zu denken, der
keckſte Vertheidiger dieſes Gebrauchs wurde gefangen ge-
ſetzt: endlich ward auch das Symbol des Utraquismus
der große Kelch mit dem Schwert an der Theinkirche, deſ-
ſen Anblick die alten Erinnerungen wach erhalten haͤtte, her-
untergenommen. Den ſechsten Juli, wo man ſonſt das
Andenken an Johann Huß gefeiert, wurden die Kirchen
ſorgfaͤltig verſchloſſen gehalten.

Dieſer ſtrengſten Einwirkung roͤmiſcher Dogmen und
Gebraͤuche kam nun die Regierung mit politiſchen Mitteln
zu Huͤlfe. Die Confiscationen brachten einen betraͤchtlichen
Theil des Landeigenthums in katholiſche Haͤnde; die Er-
werbung liegender Gruͤnde ward den Proteſtanten ſo gut

ſollte man von Lichtenſtein das Gegentheil glauben. Doch waͤre das
ganz falſch, wie ſich aus Caraffa ergibt. Der Nuntius fand dage-
gen bei Plateis Unterſtuͤtzung.
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[462/0474] Buch VII. Kap. 2. Allgemeine Ausbreitung geſtatteten, daß der gruͤne Donnerſtag 1622 noch einmal mit dem Genuß beider Geſtalten gefeiert wurde; und ſchon erhob ſich eine Stimme in dem Volke, daß man ſich die- ſen altherkoͤmmlichen vaterlaͤndiſchen Gebrauch nicht entrei- ßen laſſen duͤrfe. Aber durch keine Vorſtellung war der Nuntius dafuͤr zu ſtimmen, unerſchuͤtterlich hielt er die Geſichtspunkte der Curie feſt: er wußte wohl, daß der Kai- ſer ſie zuletzt billigen werde; und in der That gelang es ihm, eine Erklaͤrung deſſelben auszubringen, daß ſich ſeine weltliche Regierung in die religioͤſen Geſchaͤfte nicht zu mi- ſchen habe. Hierauf ward die Meſſe allenthalben nur noch nach roͤmiſchem Ritus gehalten: lateiniſch, mit Ausſpren- gung von Weihwaſſer und Anrufung der Heiligen: an den Genuß beider Geſtalten war nicht mehr zu denken, der keckſte Vertheidiger dieſes Gebrauchs wurde gefangen ge- ſetzt: endlich ward auch das Symbol des Utraquismus der große Kelch mit dem Schwert an der Theinkirche, deſ- ſen Anblick die alten Erinnerungen wach erhalten haͤtte, her- untergenommen. Den ſechsten Juli, wo man ſonſt das Andenken an Johann Huß gefeiert, wurden die Kirchen ſorgfaͤltig verſchloſſen gehalten. Dieſer ſtrengſten Einwirkung roͤmiſcher Dogmen und Gebraͤuche kam nun die Regierung mit politiſchen Mitteln zu Huͤlfe. Die Confiscationen brachten einen betraͤchtlichen Theil des Landeigenthums in katholiſche Haͤnde; die Er- werbung liegender Gruͤnde ward den Proteſtanten ſo gut 2) 2) ſollte man von Lichtenſtein das Gegentheil glauben. Doch waͤre das ganz falſch, wie ſich aus Caraffa ergibt. Der Nuntius fand dage- gen bei Plateis Unterſtuͤtzung.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/474>, abgerufen am 24.11.2024.