Die Frauencongregationen wetteiferten mit ihnen. Die Feuillantines nahmen so übertriebene Büßungen vor, daß einst in Einer Woche vierzehn dadurch umgekommen seyn sollen: der Papst selbst mußte sie zur Milderung ihrer Strenge ermahnen 1). Im Portroyal ward Gemeinschaft der Güter, Stillschweigen, Nachtwachen wieder eingeführt: Tag und Nacht ohne Aufhören ward hier das Myste- rium der Eucharistie angebetet 2). Ungemildert beobachte- ten die Nonnen von der Schädelstätte die Regel des heil. Benedict: durch unausgesetztes Gebet am Fuße des Kreuzes suchten sie eine Art Buße für die Beleidigungen zu üben, die dem Baume des Lebens von den Protestanten zugefügt würden 3).
In einem etwas andern Sinne hatte damals die h. Teresa den Orden der Carmeliterinnen in Spanien refor- mirt. Auch sie verordnete die strengste Clausur: selbst die Besuche der Verwandten an dem Sprachgitter suchte sie zu beschränken, nicht ohne Aufsicht blieb der Beichtvater. Jedoch sah sie in der Strenge nicht schon den Zweck. Sie suchte eine Stimmung der Seele hervorzurufen, welche sie dem Göttlichen nähere. Da fand sie nun, daß keine Ent- fernung von der Welt, kein Entsagen, keine Casteiung das Gemüth in den Schranken halte deren es bedürfe, wenn nicht etwas anders hinzukomme: Arbeit, geradezu
1)Helyot: Histoire des ordres monastiques V p. 412.
2)Felibien histoire de Paris II, 1339: ein Werk das für die Geschichte dieser Restauration überhaupt von Werth ist, und oft auf eigenthümlichen Relationen beruht.
3)La vie du veritable pere Josef 1705 p. 53. 73.
der katholiſchen Reſtauration. Frankreich.
Die Frauencongregationen wetteiferten mit ihnen. Die Feuillantines nahmen ſo uͤbertriebene Buͤßungen vor, daß einſt in Einer Woche vierzehn dadurch umgekommen ſeyn ſollen: der Papſt ſelbſt mußte ſie zur Milderung ihrer Strenge ermahnen 1). Im Portroyal ward Gemeinſchaft der Guͤter, Stillſchweigen, Nachtwachen wieder eingefuͤhrt: Tag und Nacht ohne Aufhoͤren ward hier das Myſte- rium der Euchariſtie angebetet 2). Ungemildert beobachte- ten die Nonnen von der Schaͤdelſtaͤtte die Regel des heil. Benedict: durch unausgeſetztes Gebet am Fuße des Kreuzes ſuchten ſie eine Art Buße fuͤr die Beleidigungen zu uͤben, die dem Baume des Lebens von den Proteſtanten zugefuͤgt wuͤrden 3).
In einem etwas andern Sinne hatte damals die h. Tereſa den Orden der Carmeliterinnen in Spanien refor- mirt. Auch ſie verordnete die ſtrengſte Clauſur: ſelbſt die Beſuche der Verwandten an dem Sprachgitter ſuchte ſie zu beſchraͤnken, nicht ohne Aufſicht blieb der Beichtvater. Jedoch ſah ſie in der Strenge nicht ſchon den Zweck. Sie ſuchte eine Stimmung der Seele hervorzurufen, welche ſie dem Goͤttlichen naͤhere. Da fand ſie nun, daß keine Ent- fernung von der Welt, kein Entſagen, keine Caſteiung das Gemuͤth in den Schranken halte deren es beduͤrfe, wenn nicht etwas anders hinzukomme: Arbeit, geradezu
1)Helyot: Histoire des ordres monastiques V p. 412.
2)Felibien histoire de Paris II, 1339: ein Werk das fuͤr die Geſchichte dieſer Reſtauration uͤberhaupt von Werth iſt, und oft auf eigenthuͤmlichen Relationen beruht.
3)La vie du véritable père Josef 1705 p. 53. 73.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0443"n="431"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">der katholiſchen Reſtauration. Frankreich</hi>.</fw><lb/><p>Die Frauencongregationen wetteiferten mit ihnen. Die<lb/>
Feuillantines nahmen ſo uͤbertriebene Buͤßungen vor, daß<lb/>
einſt in Einer Woche vierzehn dadurch umgekommen ſeyn<lb/>ſollen: der Papſt ſelbſt mußte ſie zur Milderung ihrer<lb/>
Strenge ermahnen <noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#aq">Helyot: Histoire des ordres monastiques V p.</hi> 412.</note>. Im Portroyal ward Gemeinſchaft<lb/>
der Guͤter, Stillſchweigen, Nachtwachen wieder eingefuͤhrt:<lb/>
Tag und Nacht ohne Aufhoͤren ward hier das Myſte-<lb/>
rium der Euchariſtie angebetet <noteplace="foot"n="2)"><hirendition="#aq">Felibien histoire de Paris II,</hi> 1339: ein Werk das fuͤr<lb/>
die Geſchichte dieſer Reſtauration uͤberhaupt von Werth iſt, und oft<lb/>
auf eigenthuͤmlichen Relationen beruht.</note>. Ungemildert beobachte-<lb/>
ten die Nonnen von der Schaͤdelſtaͤtte die Regel des heil.<lb/>
Benedict: durch unausgeſetztes Gebet am Fuße des Kreuzes<lb/>ſuchten ſie eine Art Buße fuͤr die Beleidigungen zu uͤben,<lb/>
die dem Baume des Lebens von den Proteſtanten zugefuͤgt<lb/>
wuͤrden <noteplace="foot"n="3)"><hirendition="#aq">La vie du véritable père Josef 1705 p.</hi> 53. 73.</note>.</p><lb/><p>In einem etwas andern Sinne hatte damals die h.<lb/>
Tereſa den Orden der Carmeliterinnen in Spanien refor-<lb/>
mirt. Auch ſie verordnete die ſtrengſte Clauſur: ſelbſt die<lb/>
Beſuche der Verwandten an dem Sprachgitter ſuchte ſie<lb/>
zu beſchraͤnken, nicht ohne Aufſicht blieb der Beichtvater.<lb/>
Jedoch ſah ſie in der Strenge nicht ſchon den Zweck. Sie<lb/>ſuchte eine Stimmung der Seele hervorzurufen, welche ſie<lb/>
dem Goͤttlichen naͤhere. Da fand ſie nun, daß keine Ent-<lb/>
fernung von der Welt, kein Entſagen, keine Caſteiung<lb/>
das Gemuͤth in den Schranken halte deren es beduͤrfe,<lb/>
wenn nicht etwas anders hinzukomme: Arbeit, geradezu<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[431/0443]
der katholiſchen Reſtauration. Frankreich.
Die Frauencongregationen wetteiferten mit ihnen. Die
Feuillantines nahmen ſo uͤbertriebene Buͤßungen vor, daß
einſt in Einer Woche vierzehn dadurch umgekommen ſeyn
ſollen: der Papſt ſelbſt mußte ſie zur Milderung ihrer
Strenge ermahnen 1). Im Portroyal ward Gemeinſchaft
der Guͤter, Stillſchweigen, Nachtwachen wieder eingefuͤhrt:
Tag und Nacht ohne Aufhoͤren ward hier das Myſte-
rium der Euchariſtie angebetet 2). Ungemildert beobachte-
ten die Nonnen von der Schaͤdelſtaͤtte die Regel des heil.
Benedict: durch unausgeſetztes Gebet am Fuße des Kreuzes
ſuchten ſie eine Art Buße fuͤr die Beleidigungen zu uͤben,
die dem Baume des Lebens von den Proteſtanten zugefuͤgt
wuͤrden 3).
In einem etwas andern Sinne hatte damals die h.
Tereſa den Orden der Carmeliterinnen in Spanien refor-
mirt. Auch ſie verordnete die ſtrengſte Clauſur: ſelbſt die
Beſuche der Verwandten an dem Sprachgitter ſuchte ſie
zu beſchraͤnken, nicht ohne Aufſicht blieb der Beichtvater.
Jedoch ſah ſie in der Strenge nicht ſchon den Zweck. Sie
ſuchte eine Stimmung der Seele hervorzurufen, welche ſie
dem Goͤttlichen naͤhere. Da fand ſie nun, daß keine Ent-
fernung von der Welt, kein Entſagen, keine Caſteiung
das Gemuͤth in den Schranken halte deren es beduͤrfe,
wenn nicht etwas anders hinzukomme: Arbeit, geradezu
1) Helyot: Histoire des ordres monastiques V p. 412.
2) Felibien histoire de Paris II, 1339: ein Werk das fuͤr
die Geſchichte dieſer Reſtauration uͤberhaupt von Werth iſt, und oft
auf eigenthuͤmlichen Relationen beruht.
3) La vie du véritable père Josef 1705 p. 53. 73.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/443>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.