Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

der katholischen Restauration. Polen.
zuführen. Sie drangen auf die Einrichtung der bischöfli-
chen Seminarien.

Unter ihnen arbeiteten nun besonders die Jesuiten.
In allen Provinzen finden wir sie thätig: unter dem ge-
lehrigen Volke der Liefen: in Littauen, wo sie noch Spu-
ren des alten Schlangendienstes zu bekämpfen haben: un-
ter den Griechen, wo oft Jesuiten die einzigen katholischen
Priester sind; zuweilen muß die Taufe achtzehnjährigen
Jünglingen ertheilt werden, sie stoßen auf hochbetagte Män-
ner, welche niemals das Abendmahl empfangen: vorzüglich
aber in dem eigentlichen Polen, "wo", wie ein Mitglied
rühmt, "Hunderte von gelehrten, rechtgläubigen, gottge-
weihten Männern aus dem Orden beschäftigt sind, durch
Schulen und Sodalitäten, Wort und Schrift, Irrthümer
auszurotten, die katholische Frömmigkeit zu pflanzen" 1).

Auch hier erweckten sie in ihren Anhängern den ge-
wohnten Enthusiasmus: auf das unglücklichste aber verei-
nigte er sich mit der Insolenz eines übermüthigen jungen
Adels. Der König vermied eigentliche Gewaltthaten: die
Jesuitenschüler hielten sich für befugt dazu.

Nicht selten feierten sie den Himmelfahrtstag damit,
daß sie einen Sturm auf die Evangelischen machten, in
ihre Häuser eindrangen, sie plünderten, verwüsteten; wehe
dem der sich ergreifen, der sich nur auf der Straße be-
treffen ließ.

Schon 1606 ward die Kirche, 1607 der Kirchhof der
Evangelischen in Krakau gestürmt: die Leichen wurden aus

1) Argentus de rebus societatis Jesu in regno Poloniae
1615: es könnte jedoch noch viel belehrender seyn.

der katholiſchen Reſtauration. Polen.
zufuͤhren. Sie drangen auf die Einrichtung der biſchoͤfli-
chen Seminarien.

Unter ihnen arbeiteten nun beſonders die Jeſuiten.
In allen Provinzen finden wir ſie thaͤtig: unter dem ge-
lehrigen Volke der Liefen: in Littauen, wo ſie noch Spu-
ren des alten Schlangendienſtes zu bekaͤmpfen haben: un-
ter den Griechen, wo oft Jeſuiten die einzigen katholiſchen
Prieſter ſind; zuweilen muß die Taufe achtzehnjaͤhrigen
Juͤnglingen ertheilt werden, ſie ſtoßen auf hochbetagte Maͤn-
ner, welche niemals das Abendmahl empfangen: vorzuͤglich
aber in dem eigentlichen Polen, „wo“, wie ein Mitglied
ruͤhmt, „Hunderte von gelehrten, rechtglaͤubigen, gottge-
weihten Maͤnnern aus dem Orden beſchaͤftigt ſind, durch
Schulen und Sodalitaͤten, Wort und Schrift, Irrthuͤmer
auszurotten, die katholiſche Froͤmmigkeit zu pflanzen“ 1).

Auch hier erweckten ſie in ihren Anhaͤngern den ge-
wohnten Enthuſiasmus: auf das ungluͤcklichſte aber verei-
nigte er ſich mit der Inſolenz eines uͤbermuͤthigen jungen
Adels. Der Koͤnig vermied eigentliche Gewaltthaten: die
Jeſuitenſchuͤler hielten ſich fuͤr befugt dazu.

Nicht ſelten feierten ſie den Himmelfahrtstag damit,
daß ſie einen Sturm auf die Evangeliſchen machten, in
ihre Haͤuſer eindrangen, ſie pluͤnderten, verwuͤſteten; wehe
dem der ſich ergreifen, der ſich nur auf der Straße be-
treffen ließ.

Schon 1606 ward die Kirche, 1607 der Kirchhof der
Evangeliſchen in Krakau geſtuͤrmt: die Leichen wurden aus

1) Argentus de rebus societatis Jesu in regno Poloniae
1615: es koͤnnte jedoch noch viel belehrender ſeyn.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0409" n="397"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">der katholi&#x017F;chen Re&#x017F;tauration. Polen</hi>.</fw><lb/>
zufu&#x0364;hren. Sie drangen auf die Einrichtung der bi&#x017F;cho&#x0364;fli-<lb/>
chen Seminarien.</p><lb/>
              <p>Unter ihnen arbeiteten nun be&#x017F;onders die Je&#x017F;uiten.<lb/>
In allen Provinzen finden wir &#x017F;ie tha&#x0364;tig: unter dem ge-<lb/>
lehrigen Volke der Liefen: in Littauen, wo &#x017F;ie noch Spu-<lb/>
ren des alten Schlangendien&#x017F;tes zu beka&#x0364;mpfen haben: un-<lb/>
ter den Griechen, wo oft Je&#x017F;uiten die einzigen katholi&#x017F;chen<lb/>
Prie&#x017F;ter &#x017F;ind; zuweilen muß die Taufe achtzehnja&#x0364;hrigen<lb/>
Ju&#x0364;nglingen ertheilt werden, &#x017F;ie &#x017F;toßen auf hochbetagte Ma&#x0364;n-<lb/>
ner, welche niemals das Abendmahl empfangen: vorzu&#x0364;glich<lb/>
aber in dem eigentlichen Polen, &#x201E;wo&#x201C;, wie ein Mitglied<lb/>
ru&#x0364;hmt, &#x201E;Hunderte von gelehrten, rechtgla&#x0364;ubigen, gottge-<lb/>
weihten Ma&#x0364;nnern aus dem Orden be&#x017F;cha&#x0364;ftigt &#x017F;ind, durch<lb/>
Schulen und Sodalita&#x0364;ten, Wort und Schrift, Irrthu&#x0364;mer<lb/>
auszurotten, die katholi&#x017F;che Fro&#x0364;mmigkeit zu pflanzen&#x201C; <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Argentus de rebus societatis Jesu in regno Poloniae</hi><lb/>
1615: es ko&#x0364;nnte jedoch noch viel belehrender &#x017F;eyn.</note>.</p><lb/>
              <p>Auch hier erweckten &#x017F;ie in ihren Anha&#x0364;ngern den ge-<lb/>
wohnten Enthu&#x017F;iasmus: auf das unglu&#x0364;cklich&#x017F;te aber verei-<lb/>
nigte er &#x017F;ich mit der In&#x017F;olenz eines u&#x0364;bermu&#x0364;thigen jungen<lb/>
Adels. Der Ko&#x0364;nig vermied eigentliche Gewaltthaten: die<lb/>
Je&#x017F;uiten&#x017F;chu&#x0364;ler hielten &#x017F;ich fu&#x0364;r befugt dazu.</p><lb/>
              <p>Nicht &#x017F;elten feierten &#x017F;ie den Himmelfahrtstag damit,<lb/>
daß &#x017F;ie einen Sturm auf die Evangeli&#x017F;chen machten, in<lb/>
ihre Ha&#x0364;u&#x017F;er eindrangen, &#x017F;ie plu&#x0364;nderten, verwu&#x0364;&#x017F;teten; wehe<lb/>
dem der &#x017F;ich ergreifen, der &#x017F;ich nur auf der Straße be-<lb/>
treffen ließ.</p><lb/>
              <p>Schon 1606 ward die Kirche, 1607 der Kirchhof der<lb/>
Evangeli&#x017F;chen in Krakau ge&#x017F;tu&#x0364;rmt: die Leichen wurden aus<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[397/0409] der katholiſchen Reſtauration. Polen. zufuͤhren. Sie drangen auf die Einrichtung der biſchoͤfli- chen Seminarien. Unter ihnen arbeiteten nun beſonders die Jeſuiten. In allen Provinzen finden wir ſie thaͤtig: unter dem ge- lehrigen Volke der Liefen: in Littauen, wo ſie noch Spu- ren des alten Schlangendienſtes zu bekaͤmpfen haben: un- ter den Griechen, wo oft Jeſuiten die einzigen katholiſchen Prieſter ſind; zuweilen muß die Taufe achtzehnjaͤhrigen Juͤnglingen ertheilt werden, ſie ſtoßen auf hochbetagte Maͤn- ner, welche niemals das Abendmahl empfangen: vorzuͤglich aber in dem eigentlichen Polen, „wo“, wie ein Mitglied ruͤhmt, „Hunderte von gelehrten, rechtglaͤubigen, gottge- weihten Maͤnnern aus dem Orden beſchaͤftigt ſind, durch Schulen und Sodalitaͤten, Wort und Schrift, Irrthuͤmer auszurotten, die katholiſche Froͤmmigkeit zu pflanzen“ 1). Auch hier erweckten ſie in ihren Anhaͤngern den ge- wohnten Enthuſiasmus: auf das ungluͤcklichſte aber verei- nigte er ſich mit der Inſolenz eines uͤbermuͤthigen jungen Adels. Der Koͤnig vermied eigentliche Gewaltthaten: die Jeſuitenſchuͤler hielten ſich fuͤr befugt dazu. Nicht ſelten feierten ſie den Himmelfahrtstag damit, daß ſie einen Sturm auf die Evangeliſchen machten, in ihre Haͤuſer eindrangen, ſie pluͤnderten, verwuͤſteten; wehe dem der ſich ergreifen, der ſich nur auf der Straße be- treffen ließ. Schon 1606 ward die Kirche, 1607 der Kirchhof der Evangeliſchen in Krakau geſtuͤrmt: die Leichen wurden aus 1) Argentus de rebus societatis Jesu in regno Poloniae 1615: es koͤnnte jedoch noch viel belehrender ſeyn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/409
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/409>, abgerufen am 22.11.2024.