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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch VI. Innere Streitigkeiten.

Ueberhaupt sieht man wohl, nicht so durchaus zum
Vortheil der Venezianer, wie gewöhnlich behauptet wird,
waren die streitigen Punkte erledigt worden.

Die Gesetze über die der Papst sich beklagte, waren
suspendirt: die Geistlichen, deren Auslieferung er forderte,
ihm überantwortet: die Absolution selbst empfangen. Je-
doch war alles nur unter außerordentlichen Einschrän-
kungen geschehen. Die Venezianer verfuhren wie bei einer
Ehrensache, mit ängstlicher Besorgniß für ihre Reputation:
jede Nachgiebigkeit hatten sie verclausulirt, so viel als mög-
lich versteckt. Der Papst dagegen war in dem Nachtheil,
daß er sich zu einer auffallenden und wenig ehrenvollen
Concession entschließen müssen, die in der ganzen Welt Auf-
sehen erregte.

Seitdem kehrten nun die Verhältnisse zwischen Rom
und Venedig wenigstens äußerlich wieder in das alte Ge-
leis zurück. Dem ersten Gesandten der Venezianer rief
Paul entgegen: das Alte sey beseitigt, alles werde neu: er
beklagte sich zuweilen, daß Venedig nicht vergessen wolle,
was er doch vergessen habe; er zeigte sich so mild und
nachgiebig, wie irgend einer seiner Vorfahren 1).

Allein damit wurden doch im Grunde nur neue Feind-
seligkeiten vermieden: die innern Gegensätze blieben: ein ei-
gentliches Vertrauen stellte sich sobald nicht wieder her.


Aus-
1) Relatione di Mocenigo 1612. Der Papst erklärte "che
conveniva per servitio d'Italia che fosse sempre buona intelli-
genza fra quella sede e questa republica".
Buch VI. Innere Streitigkeiten.

Ueberhaupt ſieht man wohl, nicht ſo durchaus zum
Vortheil der Venezianer, wie gewoͤhnlich behauptet wird,
waren die ſtreitigen Punkte erledigt worden.

Die Geſetze uͤber die der Papſt ſich beklagte, waren
ſuspendirt: die Geiſtlichen, deren Auslieferung er forderte,
ihm uͤberantwortet: die Abſolution ſelbſt empfangen. Je-
doch war alles nur unter außerordentlichen Einſchraͤn-
kungen geſchehen. Die Venezianer verfuhren wie bei einer
Ehrenſache, mit aͤngſtlicher Beſorgniß fuͤr ihre Reputation:
jede Nachgiebigkeit hatten ſie verclauſulirt, ſo viel als moͤg-
lich verſteckt. Der Papſt dagegen war in dem Nachtheil,
daß er ſich zu einer auffallenden und wenig ehrenvollen
Conceſſion entſchließen muͤſſen, die in der ganzen Welt Auf-
ſehen erregte.

Seitdem kehrten nun die Verhaͤltniſſe zwiſchen Rom
und Venedig wenigſtens aͤußerlich wieder in das alte Ge-
leis zuruͤck. Dem erſten Geſandten der Venezianer rief
Paul entgegen: das Alte ſey beſeitigt, alles werde neu: er
beklagte ſich zuweilen, daß Venedig nicht vergeſſen wolle,
was er doch vergeſſen habe; er zeigte ſich ſo mild und
nachgiebig, wie irgend einer ſeiner Vorfahren 1).

Allein damit wurden doch im Grunde nur neue Feind-
ſeligkeiten vermieden: die innern Gegenſaͤtze blieben: ein ei-
gentliches Vertrauen ſtellte ſich ſobald nicht wieder her.


Aus-
1) Relatione di Mocenigo 1612. Der Papſt erklaͤrte „che
conveniva per servitio d’Italia che fosse sempre buona intelli-
genza fra quella sede e questa republica“.
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[352/0364] Buch VI. Innere Streitigkeiten. Ueberhaupt ſieht man wohl, nicht ſo durchaus zum Vortheil der Venezianer, wie gewoͤhnlich behauptet wird, waren die ſtreitigen Punkte erledigt worden. Die Geſetze uͤber die der Papſt ſich beklagte, waren ſuspendirt: die Geiſtlichen, deren Auslieferung er forderte, ihm uͤberantwortet: die Abſolution ſelbſt empfangen. Je- doch war alles nur unter außerordentlichen Einſchraͤn- kungen geſchehen. Die Venezianer verfuhren wie bei einer Ehrenſache, mit aͤngſtlicher Beſorgniß fuͤr ihre Reputation: jede Nachgiebigkeit hatten ſie verclauſulirt, ſo viel als moͤg- lich verſteckt. Der Papſt dagegen war in dem Nachtheil, daß er ſich zu einer auffallenden und wenig ehrenvollen Conceſſion entſchließen muͤſſen, die in der ganzen Welt Auf- ſehen erregte. Seitdem kehrten nun die Verhaͤltniſſe zwiſchen Rom und Venedig wenigſtens aͤußerlich wieder in das alte Ge- leis zuruͤck. Dem erſten Geſandten der Venezianer rief Paul entgegen: das Alte ſey beſeitigt, alles werde neu: er beklagte ſich zuweilen, daß Venedig nicht vergeſſen wolle, was er doch vergeſſen habe; er zeigte ſich ſo mild und nachgiebig, wie irgend einer ſeiner Vorfahren 1). Allein damit wurden doch im Grunde nur neue Feind- ſeligkeiten vermieden: die innern Gegenſaͤtze blieben: ein ei- gentliches Vertrauen ſtellte ſich ſobald nicht wieder her. Aus- 1) Relatione di Mocenigo 1612. Der Papſt erklaͤrte „che conveniva per servitio d’Italia che fosse sempre buona intelli- genza fra quella sede e questa republica“.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/364>, abgerufen am 25.11.2024.