Es ist wahr, dieser König machte Miene katholisch zu wer- den. Aber ein solches Versprechen war leichter gegeben als ausgeführt: noch immer war er Protestant: Clemens VIII. hätte gefürchtet betrogen zu werden.
Wir sahen, wie Sixtus V. unentschieden zwischen die- sen Möglichkeiten schwankte, und wie große Mißverhält- nisse sich daran knüpften. Noch war die zelotische Partei so stark wie jemals in Rom. Der neue Papst durfte sich ih- rer Abneigung, ihrem Widerstand nicht aussetzen.
So umgaben ihn Schwierigkeiten auf allen Seiten. In ihrer Mitte hütete er sich wohl sich in Worten bloß zu geben, die schlummernden Feindseligkeiten zu erwecken. Nur an seinen Thaten, seinem Verfahren können wir nach und nach seine Gesinnung abnehmrn.
Als er zur Gewalt kam, hatte der päpstliche Stuhl einen Legaten in Frankreich der für spanisch gesinnt galt, ein Heer welches angewiesen war Heinrich IV. zu bekäm- pfen: der Ligue wurden Subsidien gezahlt. Der neue Papst konnte daran nichts ändern. Hätte er seine Subsidien ein- stellen, sein Heer zurückziehen, seinen Legaten abberufen wol- len, so würde er den Ruf seiner Rechtgläubigkeit gefähr- det, er würde sich herbern Bitterkeiten ausgesetzt haben, als Papst Sixtus erfahren hatte. Allein er war auch weit entfernt diese Anstrengungen zu vermehren, ihnen einen neuen Schwung zu geben. Eher hat er nach und nach, bei günstiger Gelegenheit, einiges daran ermäßigt, einge- schränkt.
Gar bald aber sah er sich zu einem Schritte von un- zweideutigerem Sinne aufgefordert.
Abſolution HeinrichsIV.
Es iſt wahr, dieſer Koͤnig machte Miene katholiſch zu wer- den. Aber ein ſolches Verſprechen war leichter gegeben als ausgefuͤhrt: noch immer war er Proteſtant: Clemens VIII. haͤtte gefuͤrchtet betrogen zu werden.
Wir ſahen, wie Sixtus V. unentſchieden zwiſchen die- ſen Moͤglichkeiten ſchwankte, und wie große Mißverhaͤlt- niſſe ſich daran knuͤpften. Noch war die zelotiſche Partei ſo ſtark wie jemals in Rom. Der neue Papſt durfte ſich ih- rer Abneigung, ihrem Widerſtand nicht ausſetzen.
So umgaben ihn Schwierigkeiten auf allen Seiten. In ihrer Mitte huͤtete er ſich wohl ſich in Worten bloß zu geben, die ſchlummernden Feindſeligkeiten zu erwecken. Nur an ſeinen Thaten, ſeinem Verfahren koͤnnen wir nach und nach ſeine Geſinnung abnehmrn.
Als er zur Gewalt kam, hatte der paͤpſtliche Stuhl einen Legaten in Frankreich der fuͤr ſpaniſch geſinnt galt, ein Heer welches angewieſen war Heinrich IV. zu bekaͤm- pfen: der Ligue wurden Subſidien gezahlt. Der neue Papſt konnte daran nichts aͤndern. Haͤtte er ſeine Subſidien ein- ſtellen, ſein Heer zuruͤckziehen, ſeinen Legaten abberufen wol- len, ſo wuͤrde er den Ruf ſeiner Rechtglaͤubigkeit gefaͤhr- det, er wuͤrde ſich herbern Bitterkeiten ausgeſetzt haben, als Papſt Sixtus erfahren hatte. Allein er war auch weit entfernt dieſe Anſtrengungen zu vermehren, ihnen einen neuen Schwung zu geben. Eher hat er nach und nach, bei guͤnſtiger Gelegenheit, einiges daran ermaͤßigt, einge- ſchraͤnkt.
Gar bald aber ſah er ſich zu einem Schritte von un- zweideutigerem Sinne aufgefordert.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0249"n="237"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Abſolution Heinrichs</hi><hirendition="#aq">IV.</hi></fw><lb/>
Es iſt wahr, dieſer Koͤnig machte Miene katholiſch zu wer-<lb/>
den. Aber ein ſolches Verſprechen war leichter gegeben<lb/>
als ausgefuͤhrt: noch immer war er Proteſtant: Clemens<lb/><hirendition="#aq">VIII.</hi> haͤtte gefuͤrchtet betrogen zu werden.</p><lb/><p>Wir ſahen, wie Sixtus <hirendition="#aq">V.</hi> unentſchieden zwiſchen die-<lb/>ſen Moͤglichkeiten ſchwankte, und wie große Mißverhaͤlt-<lb/>
niſſe ſich daran knuͤpften. Noch war die zelotiſche Partei<lb/>ſo ſtark wie jemals in Rom. Der neue Papſt durfte ſich ih-<lb/>
rer Abneigung, ihrem Widerſtand nicht ausſetzen.</p><lb/><p>So umgaben ihn Schwierigkeiten auf allen Seiten.<lb/>
In ihrer Mitte huͤtete er ſich wohl ſich in Worten bloß<lb/>
zu geben, die ſchlummernden Feindſeligkeiten zu erwecken.<lb/>
Nur an ſeinen Thaten, ſeinem Verfahren koͤnnen wir nach<lb/>
und nach ſeine Geſinnung abnehmrn.</p><lb/><p>Als er zur Gewalt kam, hatte der paͤpſtliche Stuhl<lb/>
einen Legaten in Frankreich der fuͤr ſpaniſch geſinnt galt,<lb/>
ein Heer welches angewieſen war Heinrich <hirendition="#aq">IV.</hi> zu bekaͤm-<lb/>
pfen: der Ligue wurden Subſidien gezahlt. Der neue Papſt<lb/>
konnte daran nichts aͤndern. Haͤtte er ſeine Subſidien ein-<lb/>ſtellen, ſein Heer zuruͤckziehen, ſeinen Legaten abberufen wol-<lb/>
len, ſo wuͤrde er den Ruf ſeiner Rechtglaͤubigkeit gefaͤhr-<lb/>
det, er wuͤrde ſich herbern Bitterkeiten ausgeſetzt haben, als<lb/>
Papſt Sixtus erfahren hatte. Allein er war auch weit<lb/>
entfernt dieſe Anſtrengungen zu vermehren, ihnen einen<lb/>
neuen Schwung zu geben. Eher hat er nach und nach,<lb/>
bei guͤnſtiger Gelegenheit, einiges daran ermaͤßigt, einge-<lb/>ſchraͤnkt.</p><lb/><p>Gar bald aber ſah er ſich zu einem Schritte von un-<lb/>
zweideutigerem Sinne aufgefordert.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[237/0249]
Abſolution Heinrichs IV.
Es iſt wahr, dieſer Koͤnig machte Miene katholiſch zu wer-
den. Aber ein ſolches Verſprechen war leichter gegeben
als ausgefuͤhrt: noch immer war er Proteſtant: Clemens
VIII. haͤtte gefuͤrchtet betrogen zu werden.
Wir ſahen, wie Sixtus V. unentſchieden zwiſchen die-
ſen Moͤglichkeiten ſchwankte, und wie große Mißverhaͤlt-
niſſe ſich daran knuͤpften. Noch war die zelotiſche Partei
ſo ſtark wie jemals in Rom. Der neue Papſt durfte ſich ih-
rer Abneigung, ihrem Widerſtand nicht ausſetzen.
So umgaben ihn Schwierigkeiten auf allen Seiten.
In ihrer Mitte huͤtete er ſich wohl ſich in Worten bloß
zu geben, die ſchlummernden Feindſeligkeiten zu erwecken.
Nur an ſeinen Thaten, ſeinem Verfahren koͤnnen wir nach
und nach ſeine Geſinnung abnehmrn.
Als er zur Gewalt kam, hatte der paͤpſtliche Stuhl
einen Legaten in Frankreich der fuͤr ſpaniſch geſinnt galt,
ein Heer welches angewieſen war Heinrich IV. zu bekaͤm-
pfen: der Ligue wurden Subſidien gezahlt. Der neue Papſt
konnte daran nichts aͤndern. Haͤtte er ſeine Subſidien ein-
ſtellen, ſein Heer zuruͤckziehen, ſeinen Legaten abberufen wol-
len, ſo wuͤrde er den Ruf ſeiner Rechtglaͤubigkeit gefaͤhr-
det, er wuͤrde ſich herbern Bitterkeiten ausgeſetzt haben, als
Papſt Sixtus erfahren hatte. Allein er war auch weit
entfernt dieſe Anſtrengungen zu vermehren, ihnen einen
neuen Schwung zu geben. Eher hat er nach und nach,
bei guͤnſtiger Gelegenheit, einiges daran ermaͤßigt, einge-
ſchraͤnkt.
Gar bald aber ſah er ſich zu einem Schritte von un-
zweideutigerem Sinne aufgefordert.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/249>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.