Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
Ermordung Heinrichs III.

Der Papst war selbst erstaunt. "In der Mitte sei-
nes Heeres", ruft er aus, "im Begriff Paris zu erobern,
in seinem eigenen Cabinet ist er von einem armen Mönch
mit einem einzigen Stoße umgebracht worden." 1) Er
schreibt dieß einer unmittelbaren Einwirkung Gottes zu,
der dadurch bezeuge, daß er Frankreich nicht verlassen
wolle.

Wie kann doch ein Wahn die Gemüther so allgemein
fesseln! Es war dieß eine bei unzähligen Katholiken ver-
breitete Ueberzeugung. "Nur der Hand des Allmächtigen
selbst", schreibt Mendoza an Philipp, "hat man dieß
glückliche Ereigniß zu verdanken." 2) Fern in Ingolstadt
lebte der junge Maximilian von Baiern mit seinen Stu-
dien beschäftigt: in einem der ersten Briefe die von ihm
übrig sind, drückt er seiner Mutter die Freude aus, mit
der ihn die Nachricht erfüllt habe, "daß der König von
Frankreich umgebracht worden" 3).

Jedoch hatte dieß Ereigniß auch eine andere Seite.
Heinrich von Navarra, den der Papst excommunicirt, die
Guisen so heftig verfolgt hatten, trat nun in seine legitimen
Rechte ein. Ein Protestant nahm den Titel eines Königs
von Frankreich an.

Die Ligue, Philipp II., der Papst waren entschlossen

1) Disp. Ven. 1 Sett. Il papa nel consistorio discorre, che'l
successo della morte del re di Francia si ha da conoscer dal
voler espresso del Sr Dio, e che percio si doveva confidar
che continuarebbe al haver quel regno nella sua protettione.
2) Bei Capefigue V, 290.
3) Bei Wolf: Maximilian I. Th. I, S. 107.
Ermordung Heinrichs III.

Der Papſt war ſelbſt erſtaunt. „In der Mitte ſei-
nes Heeres“, ruft er aus, „im Begriff Paris zu erobern,
in ſeinem eigenen Cabinet iſt er von einem armen Moͤnch
mit einem einzigen Stoße umgebracht worden.“ 1) Er
ſchreibt dieß einer unmittelbaren Einwirkung Gottes zu,
der dadurch bezeuge, daß er Frankreich nicht verlaſſen
wolle.

Wie kann doch ein Wahn die Gemuͤther ſo allgemein
feſſeln! Es war dieß eine bei unzaͤhligen Katholiken ver-
breitete Ueberzeugung. „Nur der Hand des Allmaͤchtigen
ſelbſt“, ſchreibt Mendoza an Philipp, „hat man dieß
gluͤckliche Ereigniß zu verdanken.“ 2) Fern in Ingolſtadt
lebte der junge Maximilian von Baiern mit ſeinen Stu-
dien beſchaͤftigt: in einem der erſten Briefe die von ihm
uͤbrig ſind, druͤckt er ſeiner Mutter die Freude aus, mit
der ihn die Nachricht erfuͤllt habe, „daß der Koͤnig von
Frankreich umgebracht worden“ 3).

Jedoch hatte dieß Ereigniß auch eine andere Seite.
Heinrich von Navarra, den der Papſt excommunicirt, die
Guiſen ſo heftig verfolgt hatten, trat nun in ſeine legitimen
Rechte ein. Ein Proteſtant nahm den Titel eines Koͤnigs
von Frankreich an.

Die Ligue, Philipp II., der Papſt waren entſchloſſen

1) Disp. Ven. 1 Sett. Il papa nel consistorio discorre, che’l
successo della morte del re di Francia si ha da conoscer dal
voler espresso del Sr Dio, e che perciò si doveva confidar
che continuarebbe al haver quel regno nella sua protettione.
2) Bei Capefigue V, 290.
3) Bei Wolf: Maximilian I. Th. I, S. 107.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0183" n="171"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Ermordung Heinrichs</hi> <hi rendition="#aq">III.</hi> </fw><lb/>
          <p>Der Pap&#x017F;t war &#x017F;elb&#x017F;t er&#x017F;taunt. &#x201E;In der Mitte &#x017F;ei-<lb/>
nes Heeres&#x201C;, ruft er aus, &#x201E;im Begriff Paris zu erobern,<lb/>
in &#x017F;einem eigenen Cabinet i&#x017F;t er von einem armen Mo&#x0364;nch<lb/>
mit einem einzigen Stoße umgebracht worden.&#x201C; <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Disp. Ven. 1 Sett. Il papa nel consistorio discorre, che&#x2019;l<lb/>
successo della morte del re di Francia si ha da conoscer dal<lb/>
voler espresso del S<hi rendition="#sup">r</hi> Dio, e che perciò si doveva confidar<lb/>
che continuarebbe al haver quel regno nella sua protettione.</hi></note> Er<lb/>
&#x017F;chreibt dieß einer unmittelbaren Einwirkung Gottes zu,<lb/>
der dadurch bezeuge, daß er Frankreich nicht verla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wolle.</p><lb/>
          <p>Wie kann doch ein Wahn die Gemu&#x0364;ther &#x017F;o allgemein<lb/>
fe&#x017F;&#x017F;eln! Es war dieß eine bei unza&#x0364;hligen Katholiken ver-<lb/>
breitete Ueberzeugung. &#x201E;Nur der Hand des Allma&#x0364;chtigen<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t&#x201C;, &#x017F;chreibt Mendoza an Philipp, &#x201E;hat man dieß<lb/>
glu&#x0364;ckliche Ereigniß zu verdanken.&#x201C; <note place="foot" n="2)">Bei <hi rendition="#aq">Capefigue V,</hi> 290.</note> Fern in Ingol&#x017F;tadt<lb/>
lebte der junge Maximilian von Baiern mit &#x017F;einen Stu-<lb/>
dien be&#x017F;cha&#x0364;ftigt: in einem der er&#x017F;ten Briefe die von ihm<lb/>
u&#x0364;brig &#x017F;ind, dru&#x0364;ckt er &#x017F;einer Mutter die Freude aus, mit<lb/>
der ihn die Nachricht erfu&#x0364;llt habe, &#x201E;daß der Ko&#x0364;nig von<lb/>
Frankreich umgebracht worden&#x201C; <note place="foot" n="3)">Bei Wolf: Maximilian <hi rendition="#aq">I.</hi> Th. <hi rendition="#aq">I,</hi> S. 107.</note>.</p><lb/>
          <p>Jedoch hatte dieß Ereigniß auch eine andere Seite.<lb/>
Heinrich von Navarra, den der Pap&#x017F;t excommunicirt, die<lb/>
Gui&#x017F;en &#x017F;o heftig verfolgt hatten, trat nun in &#x017F;eine legitimen<lb/>
Rechte ein. Ein Prote&#x017F;tant nahm den Titel eines Ko&#x0364;nigs<lb/>
von Frankreich an.</p><lb/>
          <p>Die Ligue, Philipp <hi rendition="#aq">II.</hi>, der Pap&#x017F;t waren ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0183] Ermordung Heinrichs III. Der Papſt war ſelbſt erſtaunt. „In der Mitte ſei- nes Heeres“, ruft er aus, „im Begriff Paris zu erobern, in ſeinem eigenen Cabinet iſt er von einem armen Moͤnch mit einem einzigen Stoße umgebracht worden.“ 1) Er ſchreibt dieß einer unmittelbaren Einwirkung Gottes zu, der dadurch bezeuge, daß er Frankreich nicht verlaſſen wolle. Wie kann doch ein Wahn die Gemuͤther ſo allgemein feſſeln! Es war dieß eine bei unzaͤhligen Katholiken ver- breitete Ueberzeugung. „Nur der Hand des Allmaͤchtigen ſelbſt“, ſchreibt Mendoza an Philipp, „hat man dieß gluͤckliche Ereigniß zu verdanken.“ 2) Fern in Ingolſtadt lebte der junge Maximilian von Baiern mit ſeinen Stu- dien beſchaͤftigt: in einem der erſten Briefe die von ihm uͤbrig ſind, druͤckt er ſeiner Mutter die Freude aus, mit der ihn die Nachricht erfuͤllt habe, „daß der Koͤnig von Frankreich umgebracht worden“ 3). Jedoch hatte dieß Ereigniß auch eine andere Seite. Heinrich von Navarra, den der Papſt excommunicirt, die Guiſen ſo heftig verfolgt hatten, trat nun in ſeine legitimen Rechte ein. Ein Proteſtant nahm den Titel eines Koͤnigs von Frankreich an. Die Ligue, Philipp II., der Papſt waren entſchloſſen 1) Disp. Ven. 1 Sett. Il papa nel consistorio discorre, che’l successo della morte del re di Francia si ha da conoscer dal voler espresso del Sr Dio, e che perciò si doveva confidar che continuarebbe al haver quel regno nella sua protettione. 2) Bei Capefigue V, 290. 3) Bei Wolf: Maximilian I. Th. I, S. 107.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/183
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/183>, abgerufen am 02.05.2024.