Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
Fortgang in Deutschland. Weitere Entwürfe.

Noch giebt er sogar die Hoffnung nicht auf, ohne Ge-
walt, wenn man nur seine Befugnisse mit Nachdruck aus-
übe, wieder in den Besitz der verloren gegangenen Bisthü-
mer zu gelangen. Noch war nicht alle Verbindung derselben
mit Rom aufgegeben: noch wies man das alte Recht der
Curie die in den reservirten Monaten erledigten Pfründen
zu besetzen nicht geradehin zurück: selbst die protestantischen
Bischöfe glaubten doch im Grunde noch der päpstlichen
Bestätigung zu bedürfen, und jener Heinrich von Sachsen-
Lauenburg hielt immer einen Agenten zu Rom, um sie sich
zu verschaffen. Wenn der päpstliche Stuhl sich dieß bis
jetzt noch nicht hatte zu Nutze machen können, so kam das
daher, weil die Kaiser dem Mangel der päpstlichen Bestä-
tigung durch Indulte abhalfen, und die Besetzungen, die
man für jene Pfründen von Rom aus vornahm, entweder
zu spät eintrafen, oder sonst einen Fehler in der Form
hatten, so daß das Capitel doch gesetzlich immer freie Hand
behielt. Minucci dringt nun darauf, daß der Kaiser nie-
mals mehr einen Indult gewähre; was bei der damaligen
Stimmung des Hofes sich wohl erreichen ließ. Die Be-
setzung der Pfründen hatte schon der Herzog Wilhelm von
Baiern vorgeschlagen dem Nuntius oder einem zuverläßi-
gen deutschen Bischof anzuvertrauen. Minucci meint, man
müsse zu Rom eine eigene Dataria für Deutschland grün-
den: da müsse man ein Verzeichniß von qualificirten adli-
chen Katholiken haben, das sich ja durch den Nuntius oder
die Väter Jesuiten leicht in Stand halten lasse, und nach
dessen Maaßgabe unverzüglich die Ernennungen vollziehen.
Kein Capitel werde es wagen, die gesetzmäßig ernannten

Fortgang in Deutſchland. Weitere Entwuͤrfe.

Noch giebt er ſogar die Hoffnung nicht auf, ohne Ge-
walt, wenn man nur ſeine Befugniſſe mit Nachdruck aus-
uͤbe, wieder in den Beſitz der verloren gegangenen Bisthuͤ-
mer zu gelangen. Noch war nicht alle Verbindung derſelben
mit Rom aufgegeben: noch wies man das alte Recht der
Curie die in den reſervirten Monaten erledigten Pfruͤnden
zu beſetzen nicht geradehin zuruͤck: ſelbſt die proteſtantiſchen
Biſchoͤfe glaubten doch im Grunde noch der paͤpſtlichen
Beſtaͤtigung zu beduͤrfen, und jener Heinrich von Sachſen-
Lauenburg hielt immer einen Agenten zu Rom, um ſie ſich
zu verſchaffen. Wenn der paͤpſtliche Stuhl ſich dieß bis
jetzt noch nicht hatte zu Nutze machen koͤnnen, ſo kam das
daher, weil die Kaiſer dem Mangel der paͤpſtlichen Beſtaͤ-
tigung durch Indulte abhalfen, und die Beſetzungen, die
man fuͤr jene Pfruͤnden von Rom aus vornahm, entweder
zu ſpaͤt eintrafen, oder ſonſt einen Fehler in der Form
hatten, ſo daß das Capitel doch geſetzlich immer freie Hand
behielt. Minucci dringt nun darauf, daß der Kaiſer nie-
mals mehr einen Indult gewaͤhre; was bei der damaligen
Stimmung des Hofes ſich wohl erreichen ließ. Die Be-
ſetzung der Pfruͤnden hatte ſchon der Herzog Wilhelm von
Baiern vorgeſchlagen dem Nuntius oder einem zuverlaͤßi-
gen deutſchen Biſchof anzuvertrauen. Minucci meint, man
muͤſſe zu Rom eine eigene Dataria fuͤr Deutſchland gruͤn-
den: da muͤſſe man ein Verzeichniß von qualificirten adli-
chen Katholiken haben, das ſich ja durch den Nuntius oder
die Vaͤter Jeſuiten leicht in Stand halten laſſe, und nach
deſſen Maaßgabe unverzuͤglich die Ernennungen vollziehen.
Kein Capitel werde es wagen, die geſetzmaͤßig ernannten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0153" n="141"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortgang in Deut&#x017F;chland. Weitere Entwu&#x0364;rfe</hi>.</fw><lb/>
          <p>Noch giebt er &#x017F;ogar die Hoffnung nicht auf, ohne Ge-<lb/>
walt, wenn man nur &#x017F;eine Befugni&#x017F;&#x017F;e mit Nachdruck aus-<lb/>
u&#x0364;be, wieder in den Be&#x017F;itz der verloren gegangenen Bisthu&#x0364;-<lb/>
mer zu gelangen. Noch war nicht alle Verbindung der&#x017F;elben<lb/>
mit Rom aufgegeben: noch wies man das alte Recht der<lb/>
Curie die in den re&#x017F;ervirten Monaten erledigten Pfru&#x0364;nden<lb/>
zu be&#x017F;etzen nicht geradehin zuru&#x0364;ck: &#x017F;elb&#x017F;t die prote&#x017F;tanti&#x017F;chen<lb/>
Bi&#x017F;cho&#x0364;fe glaubten doch im Grunde noch der pa&#x0364;p&#x017F;tlichen<lb/>
Be&#x017F;ta&#x0364;tigung zu bedu&#x0364;rfen, und jener Heinrich von Sach&#x017F;en-<lb/>
Lauenburg hielt immer einen Agenten zu Rom, um &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
zu ver&#x017F;chaffen. Wenn der pa&#x0364;p&#x017F;tliche Stuhl &#x017F;ich dieß bis<lb/>
jetzt noch nicht hatte zu Nutze machen ko&#x0364;nnen, &#x017F;o kam das<lb/>
daher, weil die Kai&#x017F;er dem Mangel der pa&#x0364;p&#x017F;tlichen Be&#x017F;ta&#x0364;-<lb/>
tigung durch Indulte abhalfen, und die Be&#x017F;etzungen, die<lb/>
man fu&#x0364;r jene Pfru&#x0364;nden von Rom aus vornahm, entweder<lb/>
zu &#x017F;pa&#x0364;t eintrafen, oder &#x017F;on&#x017F;t einen Fehler in der Form<lb/>
hatten, &#x017F;o daß das Capitel doch ge&#x017F;etzlich immer freie Hand<lb/>
behielt. Minucci dringt nun darauf, daß der Kai&#x017F;er nie-<lb/>
mals mehr einen Indult gewa&#x0364;hre; was bei der damaligen<lb/>
Stimmung des Hofes &#x017F;ich wohl erreichen ließ. Die Be-<lb/>
&#x017F;etzung der Pfru&#x0364;nden hatte &#x017F;chon der Herzog Wilhelm von<lb/>
Baiern vorge&#x017F;chlagen dem Nuntius oder einem zuverla&#x0364;ßi-<lb/>
gen deut&#x017F;chen Bi&#x017F;chof anzuvertrauen. Minucci meint, man<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zu Rom eine eigene Dataria fu&#x0364;r Deut&#x017F;chland gru&#x0364;n-<lb/>
den: da mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e man ein Verzeichniß von qualificirten adli-<lb/>
chen Katholiken haben, das &#x017F;ich ja durch den Nuntius oder<lb/>
die Va&#x0364;ter Je&#x017F;uiten leicht in Stand halten la&#x017F;&#x017F;e, und nach<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Maaßgabe unverzu&#x0364;glich die Ernennungen vollziehen.<lb/>
Kein Capitel werde es wagen, die ge&#x017F;etzma&#x0364;ßig ernannten<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0153] Fortgang in Deutſchland. Weitere Entwuͤrfe. Noch giebt er ſogar die Hoffnung nicht auf, ohne Ge- walt, wenn man nur ſeine Befugniſſe mit Nachdruck aus- uͤbe, wieder in den Beſitz der verloren gegangenen Bisthuͤ- mer zu gelangen. Noch war nicht alle Verbindung derſelben mit Rom aufgegeben: noch wies man das alte Recht der Curie die in den reſervirten Monaten erledigten Pfruͤnden zu beſetzen nicht geradehin zuruͤck: ſelbſt die proteſtantiſchen Biſchoͤfe glaubten doch im Grunde noch der paͤpſtlichen Beſtaͤtigung zu beduͤrfen, und jener Heinrich von Sachſen- Lauenburg hielt immer einen Agenten zu Rom, um ſie ſich zu verſchaffen. Wenn der paͤpſtliche Stuhl ſich dieß bis jetzt noch nicht hatte zu Nutze machen koͤnnen, ſo kam das daher, weil die Kaiſer dem Mangel der paͤpſtlichen Beſtaͤ- tigung durch Indulte abhalfen, und die Beſetzungen, die man fuͤr jene Pfruͤnden von Rom aus vornahm, entweder zu ſpaͤt eintrafen, oder ſonſt einen Fehler in der Form hatten, ſo daß das Capitel doch geſetzlich immer freie Hand behielt. Minucci dringt nun darauf, daß der Kaiſer nie- mals mehr einen Indult gewaͤhre; was bei der damaligen Stimmung des Hofes ſich wohl erreichen ließ. Die Be- ſetzung der Pfruͤnden hatte ſchon der Herzog Wilhelm von Baiern vorgeſchlagen dem Nuntius oder einem zuverlaͤßi- gen deutſchen Biſchof anzuvertrauen. Minucci meint, man muͤſſe zu Rom eine eigene Dataria fuͤr Deutſchland gruͤn- den: da muͤſſe man ein Verzeichniß von qualificirten adli- chen Katholiken haben, das ſich ja durch den Nuntius oder die Vaͤter Jeſuiten leicht in Stand halten laſſe, und nach deſſen Maaßgabe unverzuͤglich die Ernennungen vollziehen. Kein Capitel werde es wagen, die geſetzmaͤßig ernannten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/153
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/153>, abgerufen am 24.11.2024.