Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Kap. II. Die Kirche im Anf. des 16. Jahrh. chen Küchenmeister zu erweichen: der Confect, den man fürden Cardinal zubereitet, ward dem Papste vorgesetzt; die- ser starb an dem Gifte, mit dem er einen andren umbrin- gen wollen 1). Nach seinem Tode entwickelte sich aus sei- nen Unternehmungen ein ganz anderer Erfolg, als den er im Auge gehabt. Die päpstlichen Geschlechter hofften jedesmal sich Herr- In dieser letzten Erwartung aber täuschten sie sich. Es 1) Successo de la morte di Papa Alessandro. Ms. Ebend. 2) Priuli Cronaca di Venezia Ms. "Del resto poco sti-
mavano, conoscendo, che questo acquisto che all' hora faceva il duca Valentinois sarebbe foco di paglia, che poco dura." Kap. II. Die Kirche im Anf. des 16. Jahrh. chen Kuͤchenmeiſter zu erweichen: der Confect, den man fuͤrden Cardinal zubereitet, ward dem Papſte vorgeſetzt; die- ſer ſtarb an dem Gifte, mit dem er einen andren umbrin- gen wollen 1). Nach ſeinem Tode entwickelte ſich aus ſei- nen Unternehmungen ein ganz anderer Erfolg, als den er im Auge gehabt. Die paͤpſtlichen Geſchlechter hofften jedesmal ſich Herr- In dieſer letzten Erwartung aber taͤuſchten ſie ſich. Es 1) Successo de la morte di Papa Alessandro. Ms. Ebend. 2) Priuli Cronaca di Venezia Ms. „Del resto poco sti-
mavano, conoscendo, che questo acquisto che all’ hora faceva il duca Valentinois sarebbe foco di paglia, che poco dura.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0078" n="52"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Kap</hi>. <hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Die Kirche im Anf. des 16. Jahrh</hi>.</fw><lb/> chen Kuͤchenmeiſter zu erweichen: der Confect, den man fuͤr<lb/> den Cardinal zubereitet, ward dem Papſte vorgeſetzt; die-<lb/> ſer ſtarb an dem Gifte, mit dem er einen andren umbrin-<lb/> gen wollen <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Successo de la morte di Papa Alessandro. Ms.</hi> Ebend.</note>. Nach ſeinem Tode entwickelte ſich aus ſei-<lb/> nen Unternehmungen ein ganz anderer Erfolg, als den er<lb/> im Auge gehabt.</p><lb/> <p>Die paͤpſtlichen Geſchlechter hofften jedesmal ſich Herr-<lb/> ſchaften fuͤr immer zu erwerben; aber mit dem Leben des<lb/> Papſtes ging in der Regel auch die Macht der Nepoten<lb/> zu Ende, und ſie verſchwanden wie ſie emporgekommen.<lb/> Wenn die Venezianer den Unternehmungen Ceſar Borgia’s<lb/> ruhig zuſahen, ſo hatte das zwar andere Gruͤnde, jedoch<lb/> auch vornehmlich dieſen. Sie urtheilten, „es ſey doch<lb/> alles nur ein Strohfeuer: nach Alexanders Tode werde<lb/> ſich der alte Zuſtand von ſelbſt wiederherſtellen“ <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Priuli Cronaca di Venezia Ms. „Del resto poco sti-<lb/> mavano, conoscendo, che questo acquisto che all’ hora faceva<lb/> il duca Valentinois sarebbe foco di paglia, che poco dura.“</hi></note>.</p><lb/> <p>In dieſer letzten Erwartung aber taͤuſchten ſie ſich. Es<lb/> folgte ein Papſt, der ſich zwar darin gefiel, das Gegen-<lb/> theil der Borgia zu thun, aber darum doch ihre Unter-<lb/> nehmungen fortſetzte: er that es nur in einem entgegenge-<lb/> ſetzten Sinne. Papſt Julius <hi rendition="#aq">II.</hi> hatte den unſchaͤtzbaren<lb/> Vortheil, Gelegenheit zu finden, den Anſpruͤchen ſeines Ge-<lb/> ſchlechts auf friedlichem Wege genug zu thun; er verſchaffte<lb/> demſelben die Erbſchaft von Urbino. Hierauf konnte er<lb/> ſich ungeſtoͤrt ſeiner eignen Leidenſchaft uͤberlaſſen: der Nei-<lb/> gung, Krieg zu fuͤhren, zu erobern, — aber zu Gunſten<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [52/0078]
Kap. II. Die Kirche im Anf. des 16. Jahrh.
chen Kuͤchenmeiſter zu erweichen: der Confect, den man fuͤr
den Cardinal zubereitet, ward dem Papſte vorgeſetzt; die-
ſer ſtarb an dem Gifte, mit dem er einen andren umbrin-
gen wollen 1). Nach ſeinem Tode entwickelte ſich aus ſei-
nen Unternehmungen ein ganz anderer Erfolg, als den er
im Auge gehabt.
Die paͤpſtlichen Geſchlechter hofften jedesmal ſich Herr-
ſchaften fuͤr immer zu erwerben; aber mit dem Leben des
Papſtes ging in der Regel auch die Macht der Nepoten
zu Ende, und ſie verſchwanden wie ſie emporgekommen.
Wenn die Venezianer den Unternehmungen Ceſar Borgia’s
ruhig zuſahen, ſo hatte das zwar andere Gruͤnde, jedoch
auch vornehmlich dieſen. Sie urtheilten, „es ſey doch
alles nur ein Strohfeuer: nach Alexanders Tode werde
ſich der alte Zuſtand von ſelbſt wiederherſtellen“ 2).
In dieſer letzten Erwartung aber taͤuſchten ſie ſich. Es
folgte ein Papſt, der ſich zwar darin gefiel, das Gegen-
theil der Borgia zu thun, aber darum doch ihre Unter-
nehmungen fortſetzte: er that es nur in einem entgegenge-
ſetzten Sinne. Papſt Julius II. hatte den unſchaͤtzbaren
Vortheil, Gelegenheit zu finden, den Anſpruͤchen ſeines Ge-
ſchlechts auf friedlichem Wege genug zu thun; er verſchaffte
demſelben die Erbſchaft von Urbino. Hierauf konnte er
ſich ungeſtoͤrt ſeiner eignen Leidenſchaft uͤberlaſſen: der Nei-
gung, Krieg zu fuͤhren, zu erobern, — aber zu Gunſten
1) Successo de la morte di Papa Alessandro. Ms. Ebend.
2) Priuli Cronaca di Venezia Ms. „Del resto poco sti-
mavano, conoscendo, che questo acquisto che all’ hora faceva
il duca Valentinois sarebbe foco di paglia, che poco dura.“
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