Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Kap. II. Die Kirche im Anf. d. 16. Jahrh. lichen zu trennen. Jetzt aber habe ich gelernt, daß dieTugend ohne Macht lächerlich ist, daß der römische Papst ohne das Erbgut der Kirche nur einen Knecht der Könige und Fürsten vorstellt. Dieser Redner, welcher doch in der Versammlung so viel Einfluß hatte, um die Wahl des Papstes Felix zu entscheiden, findet es so übel nicht, daß ein Papst Söhne habe, die ihm gegen die Tyrannen bei- stehen können 1). Von einer andern Seite faßte man diese Sache etwas 1) Ein Auszug aus dieser Rede bei Schröckh Bd. 32. p. 90. 2) Schreiben Lorenzo's -- ohne Datum, doch wahrscheinlich
vom Jahre 1489, weil darin vom fünften Jahre Innocenz VIII. die Rede ist, bei Fabroni Vita Laurentii II, 390. Kap. II. Die Kirche im Anf. d. 16. Jahrh. lichen zu trennen. Jetzt aber habe ich gelernt, daß dieTugend ohne Macht laͤcherlich iſt, daß der roͤmiſche Papſt ohne das Erbgut der Kirche nur einen Knecht der Koͤnige und Fuͤrſten vorſtellt. Dieſer Redner, welcher doch in der Verſammlung ſo viel Einfluß hatte, um die Wahl des Papſtes Felix zu entſcheiden, findet es ſo uͤbel nicht, daß ein Papſt Soͤhne habe, die ihm gegen die Tyrannen bei- ſtehen koͤnnen 1). Von einer andern Seite faßte man dieſe Sache etwas 1) Ein Auszug aus dieſer Rede bei Schroͤckh Bd. 32. p. 90. 2) Schreiben Lorenzo’s — ohne Datum, doch wahrſcheinlich
vom Jahre 1489, weil darin vom fuͤnften Jahre Innocenz VIII. die Rede iſt, bei Fabroni Vita Laurentii II, 390. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0070" n="44"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Kap</hi>. <hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Die Kirche im Anf. d. 16. Jahrh</hi>.</fw><lb/> lichen zu trennen. Jetzt aber habe ich gelernt, daß die<lb/> Tugend ohne Macht laͤcherlich iſt, daß der roͤmiſche Papſt<lb/> ohne das Erbgut der Kirche nur einen Knecht der Koͤnige<lb/> und Fuͤrſten vorſtellt. Dieſer Redner, welcher doch in der<lb/> Verſammlung ſo viel Einfluß hatte, um die Wahl des<lb/> Papſtes Felix zu entſcheiden, findet es ſo uͤbel nicht, daß<lb/> ein Papſt Soͤhne habe, die ihm gegen die Tyrannen bei-<lb/> ſtehen koͤnnen <note place="foot" n="1)">Ein Auszug aus dieſer Rede bei Schroͤckh Bd. 32. <hi rendition="#aq">p.</hi> 90.</note>.</p><lb/> <p>Von einer andern Seite faßte man dieſe Sache etwas<lb/> ſpaͤter in Italien. Man fand es in der Ordnung, daß ein<lb/> Papſt ſeine Familie befoͤrdere und emporbringe; man wuͤrde<lb/> es demjenigen verdacht haben, der es nicht gethan haͤtte.<lb/> „Andre, ſchreibt Lorenzo Medici an Innocenz <hi rendition="#aq">VIII.</hi>, ha-<lb/> ben nicht ſo lange gewartet, Paͤpſte ſeyn zu wollen, und<lb/> ſich wenig um die Ehrbarkeit und Zuruͤckhaltung gekuͤm-<lb/> mert, die E. Heiligkeit ſo geraume Zeit behauptet hat.<lb/> Jetzt iſt E. Heiligkeit nicht allein vor Gott und Menſchen<lb/> entſchuldigt, ſondern man koͤnnte dieß ehrſame Betragen<lb/> vielleicht gar tadeln und einem andren Grunde zuſchreiben.<lb/> Eifer und Pflicht noͤthigen mein Gewiſſen, E. Heiligkeit<lb/> zu erinnern, daß kein Menſch unſterblich iſt, daß ein Papſt<lb/> ſo viel bedeutet, als er bedeuten will; ſeine Wuͤrde kann<lb/> er nicht erblich machen; nur die Ehre und die Wohltha-<lb/> ten, die er den Seinen erweiſt, kann er ſein Eigenthum<lb/> nennen“ <note place="foot" n="2)">Schreiben Lorenzo’s — ohne Datum, doch wahrſcheinlich<lb/> vom Jahre 1489, weil darin vom fuͤnften Jahre Innocenz <hi rendition="#aq">VIII.</hi><lb/> die Rede iſt, bei <hi rendition="#aq">Fabroni Vita Laurentii II,</hi> 390.</note>. Solche Rathſchlaͤge gab der, welcher als der<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0070]
Kap. II. Die Kirche im Anf. d. 16. Jahrh.
lichen zu trennen. Jetzt aber habe ich gelernt, daß die
Tugend ohne Macht laͤcherlich iſt, daß der roͤmiſche Papſt
ohne das Erbgut der Kirche nur einen Knecht der Koͤnige
und Fuͤrſten vorſtellt. Dieſer Redner, welcher doch in der
Verſammlung ſo viel Einfluß hatte, um die Wahl des
Papſtes Felix zu entſcheiden, findet es ſo uͤbel nicht, daß
ein Papſt Soͤhne habe, die ihm gegen die Tyrannen bei-
ſtehen koͤnnen 1).
Von einer andern Seite faßte man dieſe Sache etwas
ſpaͤter in Italien. Man fand es in der Ordnung, daß ein
Papſt ſeine Familie befoͤrdere und emporbringe; man wuͤrde
es demjenigen verdacht haben, der es nicht gethan haͤtte.
„Andre, ſchreibt Lorenzo Medici an Innocenz VIII., ha-
ben nicht ſo lange gewartet, Paͤpſte ſeyn zu wollen, und
ſich wenig um die Ehrbarkeit und Zuruͤckhaltung gekuͤm-
mert, die E. Heiligkeit ſo geraume Zeit behauptet hat.
Jetzt iſt E. Heiligkeit nicht allein vor Gott und Menſchen
entſchuldigt, ſondern man koͤnnte dieß ehrſame Betragen
vielleicht gar tadeln und einem andren Grunde zuſchreiben.
Eifer und Pflicht noͤthigen mein Gewiſſen, E. Heiligkeit
zu erinnern, daß kein Menſch unſterblich iſt, daß ein Papſt
ſo viel bedeutet, als er bedeuten will; ſeine Wuͤrde kann
er nicht erblich machen; nur die Ehre und die Wohltha-
ten, die er den Seinen erweiſt, kann er ſein Eigenthum
nennen“ 2). Solche Rathſchlaͤge gab der, welcher als der
1) Ein Auszug aus dieſer Rede bei Schroͤckh Bd. 32. p. 90.
2) Schreiben Lorenzo’s — ohne Datum, doch wahrſcheinlich
vom Jahre 1489, weil darin vom fuͤnften Jahre Innocenz VIII.
die Rede iſt, bei Fabroni Vita Laurentii II, 390.
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