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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Die Curie

Bei der Wirksamkeit und dem raschen Wechsel der
persönlichen Verhältnisse sind besonders die Gesandten zu
außerordentlicher Aufmerksamkeit verpflichtet. Wie ein gu-
ter Pilot merkt der Botschafter auf, woher der Wind bläst:
er spart kein Geld um Kundschafter zu halten: alle sein
Aufwand wird ihm durch eine einzige gute Nachricht ein-
gebracht, die ihm den gelegenen Moment anzeigt, dessen er
für seine Unterhandlung bedarf. Hat er dem Papst eine
Bitte vorzutragen, so ist sein Bemühen, die anderweiten
Interessen desselben unvermerkt mit einzuflechten. Vor allem
sucht er sich des Nepoten zu bemächtigen und ihn zu über-
zeugen, daß er von keinem andern so sehr wie von sei-
nem Hofe Reichthümer und fortdauernde Größe zu erwar-
ten habe. Auch der Gewogenheit der Cardinäle sucht er
sich zu versichern. Er wird Keinem das Papstthum ver-
sprechen, doch wird er ihnen allen mit Hoffnungen schmei-
cheln. Keinem wird er ganz ergeben seyn, doch auch dem
Feindselig-gesonnenen zuweilen eine Begünstigung zuwen-
den. Er ist wie ein Jäger, der dem Sperber das Fleisch
zeigt, aber ihm davon nur wenig nur nach und nach
giebt.

So leben und verkehren sie unter einander: Cardinäle,
Botschafter, Prälaten, Fürsten, öffentliche und geheime
Machthaber: voll Ceremonie, für welche Rom der classi-
sche Boden wurde, Ergebenheit, Unterordnung: aber Egoi-
sten durch und durch: nur immer begierig, etwas zu errei-
chen, durchzusetzen, dem Andern abzugewinnen.

Sonderbar, wie der Wettstreit um das, was Alle
wünschen, Macht, Ehre, Reichthum, Genuß, der sonst

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Die Curie

Bei der Wirkſamkeit und dem raſchen Wechſel der
perſoͤnlichen Verhaͤltniſſe ſind beſonders die Geſandten zu
außerordentlicher Aufmerkſamkeit verpflichtet. Wie ein gu-
ter Pilot merkt der Botſchafter auf, woher der Wind blaͤſt:
er ſpart kein Geld um Kundſchafter zu halten: alle ſein
Aufwand wird ihm durch eine einzige gute Nachricht ein-
gebracht, die ihm den gelegenen Moment anzeigt, deſſen er
fuͤr ſeine Unterhandlung bedarf. Hat er dem Papſt eine
Bitte vorzutragen, ſo iſt ſein Bemuͤhen, die anderweiten
Intereſſen deſſelben unvermerkt mit einzuflechten. Vor allem
ſucht er ſich des Nepoten zu bemaͤchtigen und ihn zu uͤber-
zeugen, daß er von keinem andern ſo ſehr wie von ſei-
nem Hofe Reichthuͤmer und fortdauernde Groͤße zu erwar-
ten habe. Auch der Gewogenheit der Cardinaͤle ſucht er
ſich zu verſichern. Er wird Keinem das Papſtthum ver-
ſprechen, doch wird er ihnen allen mit Hoffnungen ſchmei-
cheln. Keinem wird er ganz ergeben ſeyn, doch auch dem
Feindſelig-geſonnenen zuweilen eine Beguͤnſtigung zuwen-
den. Er iſt wie ein Jaͤger, der dem Sperber das Fleiſch
zeigt, aber ihm davon nur wenig nur nach und nach
giebt.

So leben und verkehren ſie unter einander: Cardinaͤle,
Botſchafter, Praͤlaten, Fuͤrſten, oͤffentliche und geheime
Machthaber: voll Ceremonie, fuͤr welche Rom der claſſi-
ſche Boden wurde, Ergebenheit, Unterordnung: aber Egoi-
ſten durch und durch: nur immer begierig, etwas zu errei-
chen, durchzuſetzen, dem Andern abzugewinnen.

Sonderbar, wie der Wettſtreit um das, was Alle
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[513/0539] Die Curie Bei der Wirkſamkeit und dem raſchen Wechſel der perſoͤnlichen Verhaͤltniſſe ſind beſonders die Geſandten zu außerordentlicher Aufmerkſamkeit verpflichtet. Wie ein gu- ter Pilot merkt der Botſchafter auf, woher der Wind blaͤſt: er ſpart kein Geld um Kundſchafter zu halten: alle ſein Aufwand wird ihm durch eine einzige gute Nachricht ein- gebracht, die ihm den gelegenen Moment anzeigt, deſſen er fuͤr ſeine Unterhandlung bedarf. Hat er dem Papſt eine Bitte vorzutragen, ſo iſt ſein Bemuͤhen, die anderweiten Intereſſen deſſelben unvermerkt mit einzuflechten. Vor allem ſucht er ſich des Nepoten zu bemaͤchtigen und ihn zu uͤber- zeugen, daß er von keinem andern ſo ſehr wie von ſei- nem Hofe Reichthuͤmer und fortdauernde Groͤße zu erwar- ten habe. Auch der Gewogenheit der Cardinaͤle ſucht er ſich zu verſichern. Er wird Keinem das Papſtthum ver- ſprechen, doch wird er ihnen allen mit Hoffnungen ſchmei- cheln. Keinem wird er ganz ergeben ſeyn, doch auch dem Feindſelig-geſonnenen zuweilen eine Beguͤnſtigung zuwen- den. Er iſt wie ein Jaͤger, der dem Sperber das Fleiſch zeigt, aber ihm davon nur wenig nur nach und nach giebt. So leben und verkehren ſie unter einander: Cardinaͤle, Botſchafter, Praͤlaten, Fuͤrſten, oͤffentliche und geheime Machthaber: voll Ceremonie, fuͤr welche Rom der claſſi- ſche Boden wurde, Ergebenheit, Unterordnung: aber Egoi- ſten durch und durch: nur immer begierig, etwas zu errei- chen, durchzuſetzen, dem Andern abzugewinnen. Sonderbar, wie der Wettſtreit um das, was Alle wuͤnſchen, Macht, Ehre, Reichthum, Genuß, der ſonſt 33

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/539>, abgerufen am 23.11.2024.