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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Veränderung der geistigen Richtung.

Kein Wunder, wenn das tridentinische Concilium an
der Aufführung so beschaffener Musikstücke in der Kirche
Anstoß nahm. In Folge der Verhandlungen desselben setzte
Pius IV. eine Commission nieder, um gradezu über die Frage
zu berathschlagen, ob die Musik in der Kirche zu dulden
sey oder nicht. Die Entscheidung war doch sehr zweifel-
haft. Die Kirche forderte Verständlichkeit der Worte,
Uebereinstimmung des musikalischen Ausdrucks mit densel-
ben: die Musiker behaupteten, bei den Gesetzen ihrer Kunst
sey das nicht zu erreichen. Carl Borromeo war in der
Commission und bei der strengen Gesinnung dieses Kirchen-
hauptes konnte leicht ein scharfer Spruch erfolgen.

Glücklicherweise erschien wieder einmal der rechte Mann
zur rechten Zeit.

Unter den damaligen Tonsetzern von Rom war Pier
Luigi Palestrina.

Der strenge Paul IV. hatte ihn aus der päpstlichen
Capelle gestoßen, weil er verheurathet war: zurückgezogen
und vergessen, in einer armseligen Hütte zwischen den Wein-
gärten des Monte Celio hatte er seitdem gelebt. Er war
ein Geist, den mißliche Verhältnisse nicht zu beugen ver-
mochten. Eben in dieser Einsamkeit widmete er sich seiner
Kunst mit einer Hingebung, welche der schöpferischen Kraft,
die in ihm war, freie und originale Hervorbringungen gestat-
tete. Hier schrieb er die Improperien, die noch alle Jahr
in der sixtinischen Capelle die Feier des stillen Freitags
verherrlichen. Den tiefen Sinn eines Schrifttextes, seine

delle opere di Giovanni Pier Luigi de Palestrina, Roma 1828,
theilt die Notizen mit, deren ich mich bedient habe.
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Veraͤnderung der geiſtigen Richtung.

Kein Wunder, wenn das tridentiniſche Concilium an
der Auffuͤhrung ſo beſchaffener Muſikſtuͤcke in der Kirche
Anſtoß nahm. In Folge der Verhandlungen deſſelben ſetzte
Pius IV. eine Commiſſion nieder, um gradezu uͤber die Frage
zu berathſchlagen, ob die Muſik in der Kirche zu dulden
ſey oder nicht. Die Entſcheidung war doch ſehr zweifel-
haft. Die Kirche forderte Verſtaͤndlichkeit der Worte,
Uebereinſtimmung des muſikaliſchen Ausdrucks mit denſel-
ben: die Muſiker behaupteten, bei den Geſetzen ihrer Kunſt
ſey das nicht zu erreichen. Carl Borromeo war in der
Commiſſion und bei der ſtrengen Geſinnung dieſes Kirchen-
hauptes konnte leicht ein ſcharfer Spruch erfolgen.

Gluͤcklicherweiſe erſchien wieder einmal der rechte Mann
zur rechten Zeit.

Unter den damaligen Tonſetzern von Rom war Pier
Luigi Paleſtrina.

Der ſtrenge Paul IV. hatte ihn aus der paͤpſtlichen
Capelle geſtoßen, weil er verheurathet war: zuruͤckgezogen
und vergeſſen, in einer armſeligen Huͤtte zwiſchen den Wein-
gaͤrten des Monte Celio hatte er ſeitdem gelebt. Er war
ein Geiſt, den mißliche Verhaͤltniſſe nicht zu beugen ver-
mochten. Eben in dieſer Einſamkeit widmete er ſich ſeiner
Kunſt mit einer Hingebung, welche der ſchoͤpferiſchen Kraft,
die in ihm war, freie und originale Hervorbringungen geſtat-
tete. Hier ſchrieb er die Improperien, die noch alle Jahr
in der ſixtiniſchen Capelle die Feier des ſtillen Freitags
verherrlichen. Den tiefen Sinn eines Schrifttextes, ſeine

delle opere di Giovanni Pier Luigi de Palestrina, Roma 1828,
theilt die Notizen mit, deren ich mich bedient habe.
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[497/0523] Veraͤnderung der geiſtigen Richtung. Kein Wunder, wenn das tridentiniſche Concilium an der Auffuͤhrung ſo beſchaffener Muſikſtuͤcke in der Kirche Anſtoß nahm. In Folge der Verhandlungen deſſelben ſetzte Pius IV. eine Commiſſion nieder, um gradezu uͤber die Frage zu berathſchlagen, ob die Muſik in der Kirche zu dulden ſey oder nicht. Die Entſcheidung war doch ſehr zweifel- haft. Die Kirche forderte Verſtaͤndlichkeit der Worte, Uebereinſtimmung des muſikaliſchen Ausdrucks mit denſel- ben: die Muſiker behaupteten, bei den Geſetzen ihrer Kunſt ſey das nicht zu erreichen. Carl Borromeo war in der Commiſſion und bei der ſtrengen Geſinnung dieſes Kirchen- hauptes konnte leicht ein ſcharfer Spruch erfolgen. Gluͤcklicherweiſe erſchien wieder einmal der rechte Mann zur rechten Zeit. Unter den damaligen Tonſetzern von Rom war Pier Luigi Paleſtrina. Der ſtrenge Paul IV. hatte ihn aus der paͤpſtlichen Capelle geſtoßen, weil er verheurathet war: zuruͤckgezogen und vergeſſen, in einer armſeligen Huͤtte zwiſchen den Wein- gaͤrten des Monte Celio hatte er ſeitdem gelebt. Er war ein Geiſt, den mißliche Verhaͤltniſſe nicht zu beugen ver- mochten. Eben in dieſer Einſamkeit widmete er ſich ſeiner Kunſt mit einer Hingebung, welche der ſchoͤpferiſchen Kraft, die in ihm war, freie und originale Hervorbringungen geſtat- tete. Hier ſchrieb er die Improperien, die noch alle Jahr in der ſixtiniſchen Capelle die Feier des ſtillen Freitags verherrlichen. Den tiefen Sinn eines Schrifttextes, ſeine 1) 1) delle opere di Giovanni Pier Luigi de Palestrina, Roma 1828, theilt die Notizen mit, deren ich mich bedient habe. 32

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/523>, abgerufen am 23.11.2024.