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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh.
birge, in die entlegensten Thäler verfügte er sich. In der
Regel war ihm schon ein Visitator vorausgegangen und er
hatte dessen Bericht bei sich; er untersuchte nun alles mit
eigenen Augen: er verhängte die Strafen, setzte die Ver-
besserungen fest 1). Zu ähnlichem Verfahren leitete er seine
Geistlichkeit an: sechs Provinzialconcilien sind unter seinem
Vorsitz gehalten worden. Aber überdieß war er in eige-
nen kirchlichen Functionen unermüdlich. Er predigte und
las Messe: ganze Tage lang theilte er das Abendmahl aus:
ordinirte Priester: kleidete Klosterfrauen ein, weihete Al-
täre. Einen Altar zu weihen, forderte eine Ceremonie von
acht Stunden: man rechnet 300 die er nach und nach ge-
weihet hat. Viele seiner Einrichtungen sind freilich wohl
sehr äußerlich: sie gehen besonders auf Herstellung der Ge-
bäude, Uebereinstimmung des Ritus, Aufstellung und Ver-
ehrung der Hostie. Die Hauptsache ist die strenge Disci-
plin, in der er die Geistlichkeit zusammennimmt, in der
dieser hinwiederum die Gemeinden unterworfen werden. Sehr
wohl kannte er die Mittel, seinen Anordnungen Eingang zu
verschaffen. In den schweizerischen Gebieten besuchte er die
Stätten der ältesten Verehrung, theilte Geschenke in dem
Volke aus, zog die Vornehmen zur Tafel. Dagegen wußte
er auch den Widerspenstigen wirksam zu begegnen. Das
Landvolk in Valcamonica wartete auf ihn, um von ihm
gesegnet zu werden. Da es aber seit einiger Zeit die Zehn-
ten nicht zahlte, fuhr er vorüber, ohne die Hand zu be-

1) Glussianus de vita et rebus gestis S. Caroli Borromaei
Mediol. p.
112. ist über den "ritus visitationis" und alle diese
Dinge sehr ausführlich.

Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
birge, in die entlegenſten Thaͤler verfuͤgte er ſich. In der
Regel war ihm ſchon ein Viſitator vorausgegangen und er
hatte deſſen Bericht bei ſich; er unterſuchte nun alles mit
eigenen Augen: er verhaͤngte die Strafen, ſetzte die Ver-
beſſerungen feſt 1). Zu aͤhnlichem Verfahren leitete er ſeine
Geiſtlichkeit an: ſechs Provinzialconcilien ſind unter ſeinem
Vorſitz gehalten worden. Aber uͤberdieß war er in eige-
nen kirchlichen Functionen unermuͤdlich. Er predigte und
las Meſſe: ganze Tage lang theilte er das Abendmahl aus:
ordinirte Prieſter: kleidete Kloſterfrauen ein, weihete Al-
taͤre. Einen Altar zu weihen, forderte eine Ceremonie von
acht Stunden: man rechnet 300 die er nach und nach ge-
weihet hat. Viele ſeiner Einrichtungen ſind freilich wohl
ſehr aͤußerlich: ſie gehen beſonders auf Herſtellung der Ge-
baͤude, Uebereinſtimmung des Ritus, Aufſtellung und Ver-
ehrung der Hoſtie. Die Hauptſache iſt die ſtrenge Disci-
plin, in der er die Geiſtlichkeit zuſammennimmt, in der
dieſer hinwiederum die Gemeinden unterworfen werden. Sehr
wohl kannte er die Mittel, ſeinen Anordnungen Eingang zu
verſchaffen. In den ſchweizeriſchen Gebieten beſuchte er die
Staͤtten der aͤlteſten Verehrung, theilte Geſchenke in dem
Volke aus, zog die Vornehmen zur Tafel. Dagegen wußte
er auch den Widerſpenſtigen wirkſam zu begegnen. Das
Landvolk in Valcamonica wartete auf ihn, um von ihm
geſegnet zu werden. Da es aber ſeit einiger Zeit die Zehn-
ten nicht zahlte, fuhr er voruͤber, ohne die Hand zu be-

1) Glussianus de vita et rebus gestis S. Caroli Borromaei
Mediol. p.
112. iſt uͤber den „ritus visitationis“ und alle dieſe
Dinge ſehr ausfuͤhrlich.
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[364/0390] Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. birge, in die entlegenſten Thaͤler verfuͤgte er ſich. In der Regel war ihm ſchon ein Viſitator vorausgegangen und er hatte deſſen Bericht bei ſich; er unterſuchte nun alles mit eigenen Augen: er verhaͤngte die Strafen, ſetzte die Ver- beſſerungen feſt 1). Zu aͤhnlichem Verfahren leitete er ſeine Geiſtlichkeit an: ſechs Provinzialconcilien ſind unter ſeinem Vorſitz gehalten worden. Aber uͤberdieß war er in eige- nen kirchlichen Functionen unermuͤdlich. Er predigte und las Meſſe: ganze Tage lang theilte er das Abendmahl aus: ordinirte Prieſter: kleidete Kloſterfrauen ein, weihete Al- taͤre. Einen Altar zu weihen, forderte eine Ceremonie von acht Stunden: man rechnet 300 die er nach und nach ge- weihet hat. Viele ſeiner Einrichtungen ſind freilich wohl ſehr aͤußerlich: ſie gehen beſonders auf Herſtellung der Ge- baͤude, Uebereinſtimmung des Ritus, Aufſtellung und Ver- ehrung der Hoſtie. Die Hauptſache iſt die ſtrenge Disci- plin, in der er die Geiſtlichkeit zuſammennimmt, in der dieſer hinwiederum die Gemeinden unterworfen werden. Sehr wohl kannte er die Mittel, ſeinen Anordnungen Eingang zu verſchaffen. In den ſchweizeriſchen Gebieten beſuchte er die Staͤtten der aͤlteſten Verehrung, theilte Geſchenke in dem Volke aus, zog die Vornehmen zur Tafel. Dagegen wußte er auch den Widerſpenſtigen wirkſam zu begegnen. Das Landvolk in Valcamonica wartete auf ihn, um von ihm geſegnet zu werden. Da es aber ſeit einiger Zeit die Zehn- ten nicht zahlte, fuhr er voruͤber, ohne die Hand zu be- 1) Glussianus de vita et rebus gestis S. Caroli Borromaei Mediol. p. 112. iſt uͤber den „ritus visitationis“ und alle dieſe Dinge ſehr ausfuͤhrlich.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/390>, abgerufen am 24.11.2024.