Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Pius V. weihung des Sonntags und Gotteslästerungen fest. Beiden Vornehmeren sind es Geldstrafen. "Ein gemeiner Mann aber, welcher nicht bezahlen kann, soll bei dem er- sten Male einen Tag über vor den Kirchthüren stehen, die Hände auf den Rücken gebunden: beim zweiten soll er durch die Stadt gegeißelt werden: beim dritten Male wird man ihm die Zunge durchbohren und ihn auf die Ga- leeren schicken." So ist der Styl seiner Verordnungen überhaupt: wie Die jetzt so dringende Rücksicht auf die weltlichen Es versteht sich, daß auf so gewaltige Eingriffe auch 1) In den Informationi Politiche XII. findet sich z. E. eine
epistola a N. S. Pio V. nella quale si esorta S. S. tolerare gli Ebrei et le corteggiane, von einem gewissen Bertano, die dar- auf hinausläuft. Die Caporionen baten den Papst wenigstens um die letzte Toleranz. Der Papst antwortete, er wolle lieber Rom ver- lassen, als durch die Finger sehen. Pius V. weihung des Sonntags und Gotteslaͤſterungen feſt. Beiden Vornehmeren ſind es Geldſtrafen. „Ein gemeiner Mann aber, welcher nicht bezahlen kann, ſoll bei dem er- ſten Male einen Tag uͤber vor den Kirchthuͤren ſtehen, die Haͤnde auf den Ruͤcken gebunden: beim zweiten ſoll er durch die Stadt gegeißelt werden: beim dritten Male wird man ihm die Zunge durchbohren und ihn auf die Ga- leeren ſchicken.“ So iſt der Styl ſeiner Verordnungen uͤberhaupt: wie Die jetzt ſo dringende Ruͤckſicht auf die weltlichen Es verſteht ſich, daß auf ſo gewaltige Eingriffe auch 1) In den Informationi Politiche XII. findet ſich z. E. eine
epistola a N. S. Pio V. nella quale si esorta S. S. tolerare gli Ebrei et le corteggiane, von einem gewiſſen Bertano, die dar- auf hinauslaͤuft. Die Caporionen baten den Papſt wenigſtens um die letzte Toleranz. Der Papſt antwortete, er wolle lieber Rom ver- laſſen, als durch die Finger ſehen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0383" n="357"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Pius</hi><hi rendition="#aq">V.</hi></fw><lb/> weihung des Sonntags und Gotteslaͤſterungen feſt. Bei<lb/> den Vornehmeren ſind es Geldſtrafen. „Ein gemeiner<lb/> Mann aber, welcher nicht bezahlen kann, ſoll bei dem er-<lb/> ſten Male einen Tag uͤber vor den Kirchthuͤren ſtehen, die<lb/> Haͤnde auf den Ruͤcken gebunden: beim zweiten ſoll er<lb/> durch die Stadt gegeißelt werden: beim dritten Male<lb/> wird man ihm die Zunge durchbohren und ihn auf die Ga-<lb/> leeren ſchicken.“</p><lb/> <p>So iſt der Styl ſeiner Verordnungen uͤberhaupt: wie<lb/> oft hat man ihm ſagen muͤſſen, er habe es nicht mit En-<lb/> geln, ſondern mit Menſchen zu thun <note place="foot" n="1)">In den <hi rendition="#aq">Informationi Politiche XII.</hi> findet ſich z. E. eine<lb/><hi rendition="#aq">epistola a N. S. Pio V. nella quale si esorta S. S. tolerare<lb/> gli Ebrei et le corteggiane,</hi> von einem gewiſſen <hi rendition="#aq">Bertano,</hi> die dar-<lb/> auf hinauslaͤuft. Die Caporionen baten den Papſt wenigſtens um<lb/> die letzte Toleranz. Der Papſt antwortete, er wolle lieber Rom ver-<lb/> laſſen, als durch die Finger ſehen.</note>.</p><lb/> <p>Die jetzt ſo dringende Ruͤckſicht auf die weltlichen<lb/> Gewalten hielt ihn hierin nicht auf: die Bulle in Coena<lb/> Domini, uͤber welche ſich die Fuͤrſten von jeher beklagt,<lb/> ließ er nicht allein aufs neue verkuͤndigen: er ſchaͤrfte ſie<lb/> auch mit einigen beſondern Zuſaͤtzen; ganz im Allgemeinen<lb/> ſchien er darin den Regierungen das Recht abzuſprechen,<lb/> neue Abgaben aufzulegen.</p><lb/> <p>Es verſteht ſich, daß auf ſo gewaltige Eingriffe auch<lb/> Ruͤckwirkungen erfolgten. Nicht allein, daß die Forderun-<lb/> gen niemals befriedigt werden koͤnnen, die ein Menſch von<lb/> dieſer Strenge an die Welt machen zu duͤrfen glaubt: es<lb/> zeigte ſich auch ein abſichtlicher Widerſtand; unzaͤhlige Miß-<lb/> helligkeiten entſtanden. So devot Philipp <hi rendition="#aq">II.</hi> auch war,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [357/0383]
Pius V.
weihung des Sonntags und Gotteslaͤſterungen feſt. Bei
den Vornehmeren ſind es Geldſtrafen. „Ein gemeiner
Mann aber, welcher nicht bezahlen kann, ſoll bei dem er-
ſten Male einen Tag uͤber vor den Kirchthuͤren ſtehen, die
Haͤnde auf den Ruͤcken gebunden: beim zweiten ſoll er
durch die Stadt gegeißelt werden: beim dritten Male
wird man ihm die Zunge durchbohren und ihn auf die Ga-
leeren ſchicken.“
So iſt der Styl ſeiner Verordnungen uͤberhaupt: wie
oft hat man ihm ſagen muͤſſen, er habe es nicht mit En-
geln, ſondern mit Menſchen zu thun 1).
Die jetzt ſo dringende Ruͤckſicht auf die weltlichen
Gewalten hielt ihn hierin nicht auf: die Bulle in Coena
Domini, uͤber welche ſich die Fuͤrſten von jeher beklagt,
ließ er nicht allein aufs neue verkuͤndigen: er ſchaͤrfte ſie
auch mit einigen beſondern Zuſaͤtzen; ganz im Allgemeinen
ſchien er darin den Regierungen das Recht abzuſprechen,
neue Abgaben aufzulegen.
Es verſteht ſich, daß auf ſo gewaltige Eingriffe auch
Ruͤckwirkungen erfolgten. Nicht allein, daß die Forderun-
gen niemals befriedigt werden koͤnnen, die ein Menſch von
dieſer Strenge an die Welt machen zu duͤrfen glaubt: es
zeigte ſich auch ein abſichtlicher Widerſtand; unzaͤhlige Miß-
helligkeiten entſtanden. So devot Philipp II. auch war,
1) In den Informationi Politiche XII. findet ſich z. E. eine
epistola a N. S. Pio V. nella quale si esorta S. S. tolerare
gli Ebrei et le corteggiane, von einem gewiſſen Bertano, die dar-
auf hinauslaͤuft. Die Caporionen baten den Papſt wenigſtens um
die letzte Toleranz. Der Papſt antwortete, er wolle lieber Rom ver-
laſſen, als durch die Finger ſehen.
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