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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh.
nichts ausrichten lasse, begab sich im April 1563, ohne
die Begleitung eines einzigen andern Prälaten, zu ihm her-
über nach Inspruck. Er fand ihn unmuthig, mißvergnügt,
gekränkt: überzeugt, daß man zu Rom keine ernstlichen
Verbesserungen wolle, entschlossen, dem Concilium zuerst
seine Freiheit zu verschaffen 1).

Es ward eine außerordentliche, in unsern Zeiten würde
man sagen diplomatische Geschicklichkeit des Legaten erfordert,
um nur zuerst den aufgebrachten Fürsten zu begütigen 2).

Ferdinand war verstimmt, weil man seine Reforma-
tionsartikel hintangesetzt und niemals zu wirklichem Vor-
trag gebracht habe. Der Legat wußte ihn zu überzeugen,
daß man es aus nicht ganz verwerflichen Gründen bedenk-
lich gefunden, sie in aller Form zu berathen, aber nichts-
destominder den wichtigsten Theil ihres Inhalts vorgenom-
men und sogar bereits beschlossen hatte. Der Kaiser be-
klagte sich ferner, daß man das Concilium von Rom aus
leite und die Legaten durch Instructionen regiere: Morone
bemerkte dagegen, was nicht zu läugnen war, daß auch
die fürstlichen Gesandten von Hause instruirt und stets mit
neuen Anweisungen versehen würden.


1) Hieher gehört auch Relatione in scr. fatta dal Comen-
done ai Sri. legati del concilio sopra le cose ritratte dall' impre.
19 Febr. 1563. Pare che pensino trovar modo e forma di ha-
ver piu parte et autorita nel presente concilio per stabilire in
esso tutte le loro petitioni giuntamente con li Francesi.
2) Das wichtigste Stück, das mir über die Trienter Verhand-
lungen vorgekommen, ist die Relation von Morone über seine Lega-
tion: nur kurz aber bündig. Weder Sarpi noch auch Pallavicini
haben Notiz von derselben. Relatione sommaria del Cl. Morone
sopra la legatione sua. Bib. Altieri
in Rom. VII, F. 3.

Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
nichts ausrichten laſſe, begab ſich im April 1563, ohne
die Begleitung eines einzigen andern Praͤlaten, zu ihm her-
uͤber nach Inſpruck. Er fand ihn unmuthig, mißvergnuͤgt,
gekraͤnkt: uͤberzeugt, daß man zu Rom keine ernſtlichen
Verbeſſerungen wolle, entſchloſſen, dem Concilium zuerſt
ſeine Freiheit zu verſchaffen 1).

Es ward eine außerordentliche, in unſern Zeiten wuͤrde
man ſagen diplomatiſche Geſchicklichkeit des Legaten erfordert,
um nur zuerſt den aufgebrachten Fuͤrſten zu beguͤtigen 2).

Ferdinand war verſtimmt, weil man ſeine Reforma-
tionsartikel hintangeſetzt und niemals zu wirklichem Vor-
trag gebracht habe. Der Legat wußte ihn zu uͤberzeugen,
daß man es aus nicht ganz verwerflichen Gruͤnden bedenk-
lich gefunden, ſie in aller Form zu berathen, aber nichts-
deſtominder den wichtigſten Theil ihres Inhalts vorgenom-
men und ſogar bereits beſchloſſen hatte. Der Kaiſer be-
klagte ſich ferner, daß man das Concilium von Rom aus
leite und die Legaten durch Inſtructionen regiere: Morone
bemerkte dagegen, was nicht zu laͤugnen war, daß auch
die fuͤrſtlichen Geſandten von Hauſe inſtruirt und ſtets mit
neuen Anweiſungen verſehen wuͤrden.


1) Hieher gehoͤrt auch Relatione in scr. fatta dal Comen-
done ai Sri. legati del concilio sopra le cose ritratte dall’ impre.
19 Febr. 1563. Pare che pensino trovar modo e forma di ha-
ver piu parte et autorità nel presente concilio per stabilire in
esso tutte le loro petitioni giuntamente con li Francesi.
2) Das wichtigſte Stuͤck, das mir uͤber die Trienter Verhand-
lungen vorgekommen, iſt die Relation von Morone uͤber ſeine Lega-
tion: nur kurz aber buͤndig. Weder Sarpi noch auch Pallavicini
haben Notiz von derſelben. Relatione sommaria del Cl. Morone
sopra la legatione sua. Bib. Altieri
in Rom. VII, F. 3.
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[334/0360] Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. nichts ausrichten laſſe, begab ſich im April 1563, ohne die Begleitung eines einzigen andern Praͤlaten, zu ihm her- uͤber nach Inſpruck. Er fand ihn unmuthig, mißvergnuͤgt, gekraͤnkt: uͤberzeugt, daß man zu Rom keine ernſtlichen Verbeſſerungen wolle, entſchloſſen, dem Concilium zuerſt ſeine Freiheit zu verſchaffen 1). Es ward eine außerordentliche, in unſern Zeiten wuͤrde man ſagen diplomatiſche Geſchicklichkeit des Legaten erfordert, um nur zuerſt den aufgebrachten Fuͤrſten zu beguͤtigen 2). Ferdinand war verſtimmt, weil man ſeine Reforma- tionsartikel hintangeſetzt und niemals zu wirklichem Vor- trag gebracht habe. Der Legat wußte ihn zu uͤberzeugen, daß man es aus nicht ganz verwerflichen Gruͤnden bedenk- lich gefunden, ſie in aller Form zu berathen, aber nichts- deſtominder den wichtigſten Theil ihres Inhalts vorgenom- men und ſogar bereits beſchloſſen hatte. Der Kaiſer be- klagte ſich ferner, daß man das Concilium von Rom aus leite und die Legaten durch Inſtructionen regiere: Morone bemerkte dagegen, was nicht zu laͤugnen war, daß auch die fuͤrſtlichen Geſandten von Hauſe inſtruirt und ſtets mit neuen Anweiſungen verſehen wuͤrden. 1) Hieher gehoͤrt auch Relatione in scr. fatta dal Comen- done ai Sri. legati del concilio sopra le cose ritratte dall’ impre. 19 Febr. 1563. Pare che pensino trovar modo e forma di ha- ver piu parte et autorità nel presente concilio per stabilire in esso tutte le loro petitioni giuntamente con li Francesi. 2) Das wichtigſte Stuͤck, das mir uͤber die Trienter Verhand- lungen vorgekommen, iſt die Relation von Morone uͤber ſeine Lega- tion: nur kurz aber buͤndig. Weder Sarpi noch auch Pallavicini haben Notiz von derſelben. Relatione sommaria del Cl. Morone sopra la legatione sua. Bib. Altieri in Rom. VII, F. 3.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/360>, abgerufen am 24.11.2024.