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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Pius IV.
die ihm den Namen eines Vaters der Armen verschaffte,
sein Exil zu erleichtern gewußt. Vielleicht, daß grade der
Gegensatz, in dem er sich zu Paul IV. befunden, jetzt das
Meiste zu seiner Wahl beitrug.

Auffallender als sonst war dieser Gegensatz.

Paul IV., ein vornehmer Neapolitaner von der anti-
östreichischen Faction, zelotisch, Mönch und Inquisitor:
Pius IV., ein mailändischer Emporkömmling, durch seinen
Bruder und einige deutsche Verwandte enge an das Haus
Oestreich geknüpft, Jurist, lebenslustig und weltlich gesinnt.
Paul IV. hatte sich unzugänglich gehalten: in seiner ge-
ringsten Handlung wollte er Würde und Majestät zeigen:
Pius war lauter Güte und Herablassung. Täglich sah
man ihn zu Pferde oder zu Fuß auf der Straße, fast ohne
Begleitung: er redete leutselig mit Jedermann. Wir ler-
nen ihn aus den venezianischen Depeschen kennen 1). Die
Gesandten treffen ihn, indem er in einem kühlen Saale
schreibt und arbeitet: er steht auf und geht mit ihnen auf
und ab: oder indem er sich nach dem Belvedere begeben
will: er setzt sich, ohne den Stock aus der Hand zu le-
gen, hört ihr Vorbringen ohne Weiteres an: und macht
dann in ihrer Begleitung seinen Weg. Geht er nun mit
ihnen vertraulich um, so wünscht auch er mit Gewandt-
heit und Rücksicht behandelt zu seyn. Die geschickte Aus-
kunft, die ihm zuweilen die Venezianer vorschlagen, macht
ihm Vergnügen: lächelnd lobt er sie: so gut östreichisch er
gesinnt ist, so verdrießen ihn doch die unbeugsamen und ge-

1) Ragguagli dell' Ambasciatore Veneto da Roma 1561.
Von Me. Anton Amulio (Mula) Inf. Politt. XXXVII.

Pius IV.
die ihm den Namen eines Vaters der Armen verſchaffte,
ſein Exil zu erleichtern gewußt. Vielleicht, daß grade der
Gegenſatz, in dem er ſich zu Paul IV. befunden, jetzt das
Meiſte zu ſeiner Wahl beitrug.

Auffallender als ſonſt war dieſer Gegenſatz.

Paul IV., ein vornehmer Neapolitaner von der anti-
oͤſtreichiſchen Faction, zelotiſch, Moͤnch und Inquiſitor:
Pius IV., ein mailaͤndiſcher Emporkoͤmmling, durch ſeinen
Bruder und einige deutſche Verwandte enge an das Haus
Oeſtreich geknuͤpft, Juriſt, lebensluſtig und weltlich geſinnt.
Paul IV. hatte ſich unzugaͤnglich gehalten: in ſeiner ge-
ringſten Handlung wollte er Wuͤrde und Majeſtaͤt zeigen:
Pius war lauter Guͤte und Herablaſſung. Taͤglich ſah
man ihn zu Pferde oder zu Fuß auf der Straße, faſt ohne
Begleitung: er redete leutſelig mit Jedermann. Wir ler-
nen ihn aus den venezianiſchen Depeſchen kennen 1). Die
Geſandten treffen ihn, indem er in einem kuͤhlen Saale
ſchreibt und arbeitet: er ſteht auf und geht mit ihnen auf
und ab: oder indem er ſich nach dem Belvedere begeben
will: er ſetzt ſich, ohne den Stock aus der Hand zu le-
gen, hoͤrt ihr Vorbringen ohne Weiteres an: und macht
dann in ihrer Begleitung ſeinen Weg. Geht er nun mit
ihnen vertraulich um, ſo wuͤnſcht auch er mit Gewandt-
heit und Ruͤckſicht behandelt zu ſeyn. Die geſchickte Aus-
kunft, die ihm zuweilen die Venezianer vorſchlagen, macht
ihm Vergnuͤgen: laͤchelnd lobt er ſie: ſo gut oͤſtreichiſch er
geſinnt iſt, ſo verdrießen ihn doch die unbeugſamen und ge-

1) Ragguagli dell’ Ambasciatore Veneto da Roma 1561.
Von Me. Anton Amulio (Mula) Inf. Politt. XXXVII.
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[317/0343] Pius IV. die ihm den Namen eines Vaters der Armen verſchaffte, ſein Exil zu erleichtern gewußt. Vielleicht, daß grade der Gegenſatz, in dem er ſich zu Paul IV. befunden, jetzt das Meiſte zu ſeiner Wahl beitrug. Auffallender als ſonſt war dieſer Gegenſatz. Paul IV., ein vornehmer Neapolitaner von der anti- oͤſtreichiſchen Faction, zelotiſch, Moͤnch und Inquiſitor: Pius IV., ein mailaͤndiſcher Emporkoͤmmling, durch ſeinen Bruder und einige deutſche Verwandte enge an das Haus Oeſtreich geknuͤpft, Juriſt, lebensluſtig und weltlich geſinnt. Paul IV. hatte ſich unzugaͤnglich gehalten: in ſeiner ge- ringſten Handlung wollte er Wuͤrde und Majeſtaͤt zeigen: Pius war lauter Guͤte und Herablaſſung. Taͤglich ſah man ihn zu Pferde oder zu Fuß auf der Straße, faſt ohne Begleitung: er redete leutſelig mit Jedermann. Wir ler- nen ihn aus den venezianiſchen Depeſchen kennen 1). Die Geſandten treffen ihn, indem er in einem kuͤhlen Saale ſchreibt und arbeitet: er ſteht auf und geht mit ihnen auf und ab: oder indem er ſich nach dem Belvedere begeben will: er ſetzt ſich, ohne den Stock aus der Hand zu le- gen, hoͤrt ihr Vorbringen ohne Weiteres an: und macht dann in ihrer Begleitung ſeinen Weg. Geht er nun mit ihnen vertraulich um, ſo wuͤnſcht auch er mit Gewandt- heit und Ruͤckſicht behandelt zu ſeyn. Die geſchickte Aus- kunft, die ihm zuweilen die Venezianer vorſchlagen, macht ihm Vergnuͤgen: laͤchelnd lobt er ſie: ſo gut oͤſtreichiſch er geſinnt iſt, ſo verdrießen ihn doch die unbeugſamen und ge- 1) Ragguagli dell’ Ambasciatore Veneto da Roma 1561. Von Me. Anton Amulio (Mula) Inf. Politt. XXXVII.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/343>, abgerufen am 24.11.2024.