mehr ihr besonderes Verhältniß zu uns, das ja keinen wesentlichen Einfluß weiter ausübt: noch auch Besorgniß irgend einer Art; die Zeiten, wo wir etwas fürchten konnten, sind vorüber; wir fühlen uns allzu gut gesichert. Es kann nichts seyn, als ihre weltgeschichtliche Entwickelung und Wirksam- keit. Nicht so unwandelbar wie man annimmt war doch die päpstliche Gewalt. Sehen wir von den Grundsätzen ab, welche ihr Daseyn be- dingen, die sie nicht aufgeben kann, ohne sich selbst dem Untergange zu widmen, so ist sie übri- gens von den Schicksalen, welche die europäische Menschheit betroffen haben, immer nicht weniger bis in ihr inneres Wesen berührt worden, als jede andere. Wie die Weltgeschicke gewechselt, eine oder die andere Nation vorgeherrscht, sich das allgemeine Leben bewegt hat, sind auch in der päpstlichen Ge- walt, ihren Maximen, Bestrebungen, Ansprüchen, wesentliche Metamorphosen eingetreten, und hat vor allem ihr Einfluß die größten Veränderungen erfah- ren. Sieht man das Verzeichniß so vieler gleich- lautender Namen durch: alle die Jahrhunderte herab, von jenem Pius I. in dem zweiten, bis auf unsre Zeitgenossen in dem neunzehnten, Pius VII. und VIII., so macht das wohl den Ein- druck einer ununterbrochenen Stetigkeit: doch muß
man
Vorrede.
mehr ihr beſonderes Verhältniß zu uns, das ja keinen weſentlichen Einfluß weiter ausübt: noch auch Beſorgniß irgend einer Art; die Zeiten, wo wir etwas fürchten konnten, ſind vorüber; wir fühlen uns allzu gut geſichert. Es kann nichts ſeyn, als ihre weltgeſchichtliche Entwickelung und Wirkſam- keit. Nicht ſo unwandelbar wie man annimmt war doch die päpſtliche Gewalt. Sehen wir von den Grundſätzen ab, welche ihr Daſeyn be- dingen, die ſie nicht aufgeben kann, ohne ſich ſelbſt dem Untergange zu widmen, ſo iſt ſie übri- gens von den Schickſalen, welche die europäiſche Menſchheit betroffen haben, immer nicht weniger bis in ihr inneres Weſen berührt worden, als jede andere. Wie die Weltgeſchicke gewechſelt, eine oder die andere Nation vorgeherrſcht, ſich das allgemeine Leben bewegt hat, ſind auch in der päpſtlichen Ge- walt, ihren Maximen, Beſtrebungen, Anſprüchen, weſentliche Metamorphoſen eingetreten, und hat vor allem ihr Einfluß die größten Veränderungen erfah- ren. Sieht man das Verzeichniß ſo vieler gleich- lautender Namen durch: alle die Jahrhunderte herab, von jenem Pius I. in dem zweiten, bis auf unſre Zeitgenoſſen in dem neunzehnten, Pius VII. und VIII., ſo macht das wohl den Ein- druck einer ununterbrochenen Stetigkeit: doch muß
man
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[XVI/0022]
Vorrede.
mehr ihr beſonderes Verhältniß zu uns, das ja
keinen weſentlichen Einfluß weiter ausübt: noch auch
Beſorgniß irgend einer Art; die Zeiten, wo wir
etwas fürchten konnten, ſind vorüber; wir fühlen
uns allzu gut geſichert. Es kann nichts ſeyn, als
ihre weltgeſchichtliche Entwickelung und Wirkſam-
keit. Nicht ſo unwandelbar wie man annimmt
war doch die päpſtliche Gewalt. Sehen wir
von den Grundſätzen ab, welche ihr Daſeyn be-
dingen, die ſie nicht aufgeben kann, ohne ſich
ſelbſt dem Untergange zu widmen, ſo iſt ſie übri-
gens von den Schickſalen, welche die europäiſche
Menſchheit betroffen haben, immer nicht weniger
bis in ihr inneres Weſen berührt worden, als jede
andere. Wie die Weltgeſchicke gewechſelt, eine oder
die andere Nation vorgeherrſcht, ſich das allgemeine
Leben bewegt hat, ſind auch in der päpſtlichen Ge-
walt, ihren Maximen, Beſtrebungen, Anſprüchen,
weſentliche Metamorphoſen eingetreten, und hat vor
allem ihr Einfluß die größten Veränderungen erfah-
ren. Sieht man das Verzeichniß ſo vieler gleich-
lautender Namen durch: alle die Jahrhunderte
herab, von jenem Pius I. in dem zweiten, bis
auf unſre Zeitgenoſſen in dem neunzehnten, Pius
VII. und VIII., ſo macht das wohl den Ein-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. XVI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/22>, abgerufen am 05.07.2024.
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