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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Versuche einer Aussöhnung m. d. Protestanten.
ten den Muth und erhöhe ihn den Bösen: er werde es
aus Nachgiebigkeit gegen den Kaiser noch so weit kommen
lassen, daß der Sache nicht weiter zu helfen sey. Man hätte
doch auch andere Fürsten zu Rathe ziehen sollen." Er nahm
die Miene an, als sehe er Papst und Kirche in Gefahr.
Er versprach sie mit seinem Leben, mit allen Kräften sei-
nes Reichs zu vertheidigen.

Und schon hatten zu Rom nicht allein die angedeute-
ten geistlichen Bedenklichkeiten Wurzel gefaßt. Ueberdieß be-
merkte man, daß der Kaiser bei der Eröffnung des Reichs-
tags, wo er eines allgemeinen Conciliums Meldung ge-
than, dabei nicht gesagt hatte, der Papst allein habe es
zu berufen. Man glaubte Andeutungen zu finden, daß er
selbst dieß Recht in Anspruch nehme. In den alten Arti-
keln, mit Clemens VII. zu Barcelona abgeschlossen, wollte
man eine dahin zielende Stelle bemerken. Und sagten nicht
die Protestanten fortwährend, ein Concilium zu berufen
stehe dem Kaiser zu? Wie leicht konnte er ihnen da nach-
geben, wo sein Vortheil mit ihrer Lehre so augenscheinlich
zusammenfiel 1). Es hätte dieß die größte Gefahr einer
Spaltung eingeschlossen.

Indessen regte man sich auch in Deutschland. Schon
Giustinian versichert, die Macht, welche der Landgraf da-
durch erworben, daß er sich an die Spitze der protestanti-
schen Partei gestellt, erwecke in Anderen den Gedanken,
sich eine ähnliche an der Spitze der Katholischen zu ver-
schaffen. Ein Theilnehmer dieses Reichstags zeigt uns an,

1) Ardinghello al nome del Cl. Farnese al Cl. Contarini
29 Maggio
1541.

Verſuche einer Ausſoͤhnung m. d. Proteſtanten.
ten den Muth und erhoͤhe ihn den Boͤſen: er werde es
aus Nachgiebigkeit gegen den Kaiſer noch ſo weit kommen
laſſen, daß der Sache nicht weiter zu helfen ſey. Man haͤtte
doch auch andere Fuͤrſten zu Rathe ziehen ſollen.“ Er nahm
die Miene an, als ſehe er Papſt und Kirche in Gefahr.
Er verſprach ſie mit ſeinem Leben, mit allen Kraͤften ſei-
nes Reichs zu vertheidigen.

Und ſchon hatten zu Rom nicht allein die angedeute-
ten geiſtlichen Bedenklichkeiten Wurzel gefaßt. Ueberdieß be-
merkte man, daß der Kaiſer bei der Eroͤffnung des Reichs-
tags, wo er eines allgemeinen Conciliums Meldung ge-
than, dabei nicht geſagt hatte, der Papſt allein habe es
zu berufen. Man glaubte Andeutungen zu finden, daß er
ſelbſt dieß Recht in Anſpruch nehme. In den alten Arti-
keln, mit Clemens VII. zu Barcelona abgeſchloſſen, wollte
man eine dahin zielende Stelle bemerken. Und ſagten nicht
die Proteſtanten fortwaͤhrend, ein Concilium zu berufen
ſtehe dem Kaiſer zu? Wie leicht konnte er ihnen da nach-
geben, wo ſein Vortheil mit ihrer Lehre ſo augenſcheinlich
zuſammenfiel 1). Es haͤtte dieß die groͤßte Gefahr einer
Spaltung eingeſchloſſen.

Indeſſen regte man ſich auch in Deutſchland. Schon
Giuſtinian verſichert, die Macht, welche der Landgraf da-
durch erworben, daß er ſich an die Spitze der proteſtanti-
ſchen Partei geſtellt, erwecke in Anderen den Gedanken,
ſich eine aͤhnliche an der Spitze der Katholiſchen zu ver-
ſchaffen. Ein Theilnehmer dieſes Reichstags zeigt uns an,

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29 Maggio
1541.
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[165/0191] Verſuche einer Ausſoͤhnung m. d. Proteſtanten. ten den Muth und erhoͤhe ihn den Boͤſen: er werde es aus Nachgiebigkeit gegen den Kaiſer noch ſo weit kommen laſſen, daß der Sache nicht weiter zu helfen ſey. Man haͤtte doch auch andere Fuͤrſten zu Rathe ziehen ſollen.“ Er nahm die Miene an, als ſehe er Papſt und Kirche in Gefahr. Er verſprach ſie mit ſeinem Leben, mit allen Kraͤften ſei- nes Reichs zu vertheidigen. Und ſchon hatten zu Rom nicht allein die angedeute- ten geiſtlichen Bedenklichkeiten Wurzel gefaßt. Ueberdieß be- merkte man, daß der Kaiſer bei der Eroͤffnung des Reichs- tags, wo er eines allgemeinen Conciliums Meldung ge- than, dabei nicht geſagt hatte, der Papſt allein habe es zu berufen. Man glaubte Andeutungen zu finden, daß er ſelbſt dieß Recht in Anſpruch nehme. In den alten Arti- keln, mit Clemens VII. zu Barcelona abgeſchloſſen, wollte man eine dahin zielende Stelle bemerken. Und ſagten nicht die Proteſtanten fortwaͤhrend, ein Concilium zu berufen ſtehe dem Kaiſer zu? Wie leicht konnte er ihnen da nach- geben, wo ſein Vortheil mit ihrer Lehre ſo augenſcheinlich zuſammenfiel 1). Es haͤtte dieß die groͤßte Gefahr einer Spaltung eingeſchloſſen. Indeſſen regte man ſich auch in Deutſchland. Schon Giuſtinian verſichert, die Macht, welche der Landgraf da- durch erworben, daß er ſich an die Spitze der proteſtanti- ſchen Partei geſtellt, erwecke in Anderen den Gedanken, ſich eine aͤhnliche an der Spitze der Katholiſchen zu ver- ſchaffen. Ein Theilnehmer dieſes Reichstags zeigt uns an, 1) Ardinghello al nome del Cl. Farnese al Cl. Contarini 29 Maggio 1541.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/191>, abgerufen am 25.11.2024.