Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Vorrede. Es wäre vielleicht so ungeschickt nicht, wie es aus-sieht, denn keine Forschung kann etwas Schlimme- res an den Tag bringen, als die unbegründete Ver- muthung annimmt, und als die Welt nun einmal für wahr hält. Jedoch ich kann mich nicht rüh- men, daß es geschehen sey. Von den Schätzen des Vatican habe ich Kenntniß nehmen und eine An- zahl Bände für meinen Zweck benutzen können, doch ward mir die Freiheit, die ich mir gewünscht hätte, keinesweges gewährt. Glücklicherweise aber eröffneten sich mir andere Sammlungen, aus denen sich eine wenn nicht vollständige, doch ausreichende und authentische Belehrung schöpfen ließ. In den Zeiten der blühenden Aristokratie -- das ist haupt- sächlich in dem siebzehnten Jahrhundert -- behiel- ten in ganz Europa die vornehmen Geschlechter, welche die Geschäfte verwalteten, auch einen Theil der öffentlichen Papiere in Händen. Nirgend mag das wohl so weit gegangen seyn, wie in Rom. Die herrschenden Nepoten, die allemal die Fülle der Gewalt besaßen, hinterließen den fürstlichen Häusern, die sie gründeten, in der Regel auch ei- nen guten Theil der Staatsschriften, die sich wäh- rend ihrer Verwaltung bei ihnen angesammelt, als einen immerwährenden Besitz. Es gehörte das mit zur Ausstattung einer Familie. In dem Pallaste, den sie sich erbaute, blieben immer ein paar Säle Vorrede. Es wäre vielleicht ſo ungeſchickt nicht, wie es aus-ſieht, denn keine Forſchung kann etwas Schlimme- res an den Tag bringen, als die unbegründete Ver- muthung annimmt, und als die Welt nun einmal für wahr hält. Jedoch ich kann mich nicht rüh- men, daß es geſchehen ſey. Von den Schätzen des Vatican habe ich Kenntniß nehmen und eine An- zahl Bände für meinen Zweck benutzen können, doch ward mir die Freiheit, die ich mir gewünſcht hätte, keinesweges gewährt. Glücklicherweiſe aber eröffneten ſich mir andere Sammlungen, aus denen ſich eine wenn nicht vollſtändige, doch ausreichende und authentiſche Belehrung ſchöpfen ließ. In den Zeiten der blühenden Ariſtokratie — das iſt haupt- ſächlich in dem ſiebzehnten Jahrhundert — behiel- ten in ganz Europa die vornehmen Geſchlechter, welche die Geſchäfte verwalteten, auch einen Theil der öffentlichen Papiere in Händen. Nirgend mag das wohl ſo weit gegangen ſeyn, wie in Rom. Die herrſchenden Nepoten, die allemal die Fülle der Gewalt beſaßen, hinterließen den fürſtlichen Häuſern, die ſie gründeten, in der Regel auch ei- nen guten Theil der Staatsſchriften, die ſich wäh- rend ihrer Verwaltung bei ihnen angeſammelt, als einen immerwährenden Beſitz. Es gehörte das mit zur Ausſtattung einer Familie. In dem Pallaſte, den ſie ſich erbaute, blieben immer ein paar Säle <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0017" n="XI"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</fw><lb/> Es wäre vielleicht ſo ungeſchickt nicht, wie es aus-<lb/> ſieht, denn keine Forſchung kann etwas Schlimme-<lb/> res an den Tag bringen, als die unbegründete Ver-<lb/> muthung annimmt, und als die Welt nun einmal<lb/> für wahr hält. Jedoch ich kann mich nicht rüh-<lb/> men, daß es geſchehen ſey. Von den Schätzen des<lb/> Vatican habe ich Kenntniß nehmen und eine An-<lb/> zahl Bände für meinen Zweck benutzen können,<lb/> doch ward mir die Freiheit, die ich mir gewünſcht<lb/> hätte, keinesweges gewährt. Glücklicherweiſe aber<lb/> eröffneten ſich mir andere Sammlungen, aus denen<lb/> ſich eine wenn nicht vollſtändige, doch ausreichende<lb/> und authentiſche Belehrung ſchöpfen ließ. In den<lb/> Zeiten der blühenden Ariſtokratie — das iſt haupt-<lb/> ſächlich in dem ſiebzehnten Jahrhundert — behiel-<lb/> ten in ganz Europa die vornehmen Geſchlechter,<lb/> welche die Geſchäfte verwalteten, auch einen Theil<lb/> der öffentlichen Papiere in Händen. Nirgend mag<lb/> das wohl ſo weit gegangen ſeyn, wie in Rom.<lb/> Die herrſchenden Nepoten, die allemal die Fülle<lb/> der Gewalt beſaßen, hinterließen den fürſtlichen<lb/> Häuſern, die ſie gründeten, in der Regel auch ei-<lb/> nen guten Theil der Staatsſchriften, die ſich wäh-<lb/> rend ihrer Verwaltung bei ihnen angeſammelt, als<lb/> einen immerwährenden Beſitz. Es gehörte das mit<lb/> zur Ausſtattung einer Familie. In dem Pallaſte,<lb/> den ſie ſich erbaute, blieben immer ein paar Säle<lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [XI/0017]
Vorrede.
Es wäre vielleicht ſo ungeſchickt nicht, wie es aus-
ſieht, denn keine Forſchung kann etwas Schlimme-
res an den Tag bringen, als die unbegründete Ver-
muthung annimmt, und als die Welt nun einmal
für wahr hält. Jedoch ich kann mich nicht rüh-
men, daß es geſchehen ſey. Von den Schätzen des
Vatican habe ich Kenntniß nehmen und eine An-
zahl Bände für meinen Zweck benutzen können,
doch ward mir die Freiheit, die ich mir gewünſcht
hätte, keinesweges gewährt. Glücklicherweiſe aber
eröffneten ſich mir andere Sammlungen, aus denen
ſich eine wenn nicht vollſtändige, doch ausreichende
und authentiſche Belehrung ſchöpfen ließ. In den
Zeiten der blühenden Ariſtokratie — das iſt haupt-
ſächlich in dem ſiebzehnten Jahrhundert — behiel-
ten in ganz Europa die vornehmen Geſchlechter,
welche die Geſchäfte verwalteten, auch einen Theil
der öffentlichen Papiere in Händen. Nirgend mag
das wohl ſo weit gegangen ſeyn, wie in Rom.
Die herrſchenden Nepoten, die allemal die Fülle
der Gewalt beſaßen, hinterließen den fürſtlichen
Häuſern, die ſie gründeten, in der Regel auch ei-
nen guten Theil der Staatsſchriften, die ſich wäh-
rend ihrer Verwaltung bei ihnen angeſammelt, als
einen immerwährenden Beſitz. Es gehörte das mit
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