Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Kap. III. Politisch-kirchliche Verwickelungen. rich IV. ihnen zur Vollendung der Hierarchie so große Dienstegeleistet hatte -- war wider sie selber aufgestanden. Unser Vaterland hat das unsterbliche Verdienst, das Christenthum in reinerer Gestalt, als es seit den ersten Jahrhunderten bestanden, wiederhergestellt, die wahre Religion wieder ent- deckt zu haben. Mit dieser Waffe war es unüberwindlich gerüstet. Seine Ueberzeugungen brachen sich bei allen Nach- barn Bahn. Scandinavien hatten sie bereits eingenom- men: wider die Absicht des Königs, aber unter dem Schutze der Maaßregeln, die er ergriffen, breiteten sie sich in Eng- land aus; in der Schweiz erkämpften sie sich, unter we- nigen Modificationen, eine unantastbare Existenz: in Frank- reich drangen sie vor: in Italien, selbst in Spanien finden wir noch unter Clemens ihre Spuren. Immer näher wälzen sich diese Fluthen heran. In diesen Meinungen lebt eine Kraft, die Jedermann überzeugt und fortreißt. Der Widerstreit geistlicher und weltlicher Interessen, in den sich das Papstthum gesetzt hat, scheint recht dazu ge- macht, ihnen die vollständige Herrschaft zu verschaffen. Kap. III. Politiſch-kirchliche Verwickelungen. rich IV. ihnen zur Vollendung der Hierarchie ſo große Dienſtegeleiſtet hatte — war wider ſie ſelber aufgeſtanden. Unſer Vaterland hat das unſterbliche Verdienſt, das Chriſtenthum in reinerer Geſtalt, als es ſeit den erſten Jahrhunderten beſtanden, wiederhergeſtellt, die wahre Religion wieder ent- deckt zu haben. Mit dieſer Waffe war es unuͤberwindlich geruͤſtet. Seine Ueberzeugungen brachen ſich bei allen Nach- barn Bahn. Scandinavien hatten ſie bereits eingenom- men: wider die Abſicht des Koͤnigs, aber unter dem Schutze der Maaßregeln, die er ergriffen, breiteten ſie ſich in Eng- land aus; in der Schweiz erkaͤmpften ſie ſich, unter we- nigen Modificationen, eine unantaſtbare Exiſtenz: in Frank- reich drangen ſie vor: in Italien, ſelbſt in Spanien finden wir noch unter Clemens ihre Spuren. Immer naͤher waͤlzen ſich dieſe Fluthen heran. In dieſen Meinungen lebt eine Kraft, die Jedermann uͤberzeugt und fortreißt. Der Widerſtreit geiſtlicher und weltlicher Intereſſen, in den ſich das Papſtthum geſetzt hat, ſcheint recht dazu ge- macht, ihnen die vollſtaͤndige Herrſchaft zu verſchaffen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0154" n="128"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Kap</hi>. <hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Politiſch-kirchliche Verwickelungen</hi>.</fw><lb/> rich <hi rendition="#aq">IV.</hi> ihnen zur Vollendung der Hierarchie ſo große Dienſte<lb/> geleiſtet hatte — war wider ſie ſelber aufgeſtanden. Unſer<lb/> Vaterland hat das unſterbliche Verdienſt, das Chriſtenthum<lb/> in reinerer Geſtalt, als es ſeit den erſten Jahrhunderten<lb/> beſtanden, wiederhergeſtellt, die wahre Religion wieder ent-<lb/> deckt zu haben. Mit dieſer Waffe war es unuͤberwindlich<lb/> geruͤſtet. Seine Ueberzeugungen brachen ſich bei allen Nach-<lb/> barn Bahn. Scandinavien hatten ſie bereits eingenom-<lb/> men: wider die Abſicht des Koͤnigs, aber unter dem Schutze<lb/> der Maaßregeln, die er ergriffen, breiteten ſie ſich in Eng-<lb/> land aus; in der Schweiz erkaͤmpften ſie ſich, unter we-<lb/> nigen Modificationen, eine unantaſtbare Exiſtenz: in Frank-<lb/> reich drangen ſie vor: in Italien, ſelbſt in Spanien finden<lb/> wir noch unter Clemens ihre Spuren. Immer naͤher<lb/> waͤlzen ſich dieſe Fluthen heran. In dieſen Meinungen<lb/> lebt eine Kraft, die Jedermann uͤberzeugt und fortreißt.<lb/> Der Widerſtreit geiſtlicher und weltlicher Intereſſen, in<lb/> den ſich das Papſtthum geſetzt hat, ſcheint recht dazu ge-<lb/> macht, ihnen die vollſtaͤndige Herrſchaft zu verſchaffen.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [128/0154]
Kap. III. Politiſch-kirchliche Verwickelungen.
rich IV. ihnen zur Vollendung der Hierarchie ſo große Dienſte
geleiſtet hatte — war wider ſie ſelber aufgeſtanden. Unſer
Vaterland hat das unſterbliche Verdienſt, das Chriſtenthum
in reinerer Geſtalt, als es ſeit den erſten Jahrhunderten
beſtanden, wiederhergeſtellt, die wahre Religion wieder ent-
deckt zu haben. Mit dieſer Waffe war es unuͤberwindlich
geruͤſtet. Seine Ueberzeugungen brachen ſich bei allen Nach-
barn Bahn. Scandinavien hatten ſie bereits eingenom-
men: wider die Abſicht des Koͤnigs, aber unter dem Schutze
der Maaßregeln, die er ergriffen, breiteten ſie ſich in Eng-
land aus; in der Schweiz erkaͤmpften ſie ſich, unter we-
nigen Modificationen, eine unantaſtbare Exiſtenz: in Frank-
reich drangen ſie vor: in Italien, ſelbſt in Spanien finden
wir noch unter Clemens ihre Spuren. Immer naͤher
waͤlzen ſich dieſe Fluthen heran. In dieſen Meinungen
lebt eine Kraft, die Jedermann uͤberzeugt und fortreißt.
Der Widerſtreit geiſtlicher und weltlicher Intereſſen, in
den ſich das Papſtthum geſetzt hat, ſcheint recht dazu ge-
macht, ihnen die vollſtaͤndige Herrſchaft zu verſchaffen.
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Zitationshilfe: | Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/154>, abgerufen am 26.07.2024. |