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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Kap. III. Politisch-kirchliche Verwickelungen.
stes. Grade darin, daß er ihnen nicht jeden Tag und alle
Stunden widmete, mochte es für ihn liegen, daß er sie
mit großer freier Uebersicht behandelte, daß er in allen Ver-
wirrungen des Augenblicks die leitenden, den Weg vor-
zeichnenden Gedanken im Auge behielt. Die vornehmste
Richtung gab er doch immer selber an. In seinem letz-
ten Moment trafen alle Bestrebungen seiner Politik in freu-
digem Gelingen zusammen. Wir können es sogar für ein
Glück halten, daß er dann starb. Es folgten andre Zei-
ten, und es ist schwer zu glauben, daß er der Ungunst
derselben einen glücklichen Widerstand entgegengesetzt haben
würde. Seine Nachfolger haben ihre ganze Schwere em-
pfunden.



Das Conclave zog sich sehr in die Länge. "Herren,"
sagte einst der Cardinal Medici, den die Rückkehr der
Feinde seines Hauses nach Urbino und Perugia in Schrek-
ken setzte, so daß er selbst für Florenz fürchtete, "Herren,"
sagte er, "ich sehe daß von uns, die wir hier versammelt
sind, Keiner Papst werden kann. Ich habe Euch drei oder
vier vorgeschlagen, doch habt Ihr sie zurückgewiesen: dieje-
nigen, die Ihr in Vorschlag bringt, kann ich dagegen auch
nicht annehmen. Wir müssen uns nach Einem umsehen,
der nicht zugegen ist." Beistimmend fragte man ihn, wen
er im Sinne habe. Nehmt, rief er aus, den Cardinal
von Tortosa, einen ehrenwerthen bejahrten Mann, den man
allgemein für heilig achtet 1). Es war Adrian von Ut-

1) Lettera di Roma a di 19 Zener. bei Sanuto. Medici

Kap. III. Politiſch-kirchliche Verwickelungen.
ſtes. Grade darin, daß er ihnen nicht jeden Tag und alle
Stunden widmete, mochte es fuͤr ihn liegen, daß er ſie
mit großer freier Ueberſicht behandelte, daß er in allen Ver-
wirrungen des Augenblicks die leitenden, den Weg vor-
zeichnenden Gedanken im Auge behielt. Die vornehmſte
Richtung gab er doch immer ſelber an. In ſeinem letz-
ten Moment trafen alle Beſtrebungen ſeiner Politik in freu-
digem Gelingen zuſammen. Wir koͤnnen es ſogar fuͤr ein
Gluͤck halten, daß er dann ſtarb. Es folgten andre Zei-
ten, und es iſt ſchwer zu glauben, daß er der Ungunſt
derſelben einen gluͤcklichen Widerſtand entgegengeſetzt haben
wuͤrde. Seine Nachfolger haben ihre ganze Schwere em-
pfunden.



Das Conclave zog ſich ſehr in die Laͤnge. „Herren,“
ſagte einſt der Cardinal Medici, den die Ruͤckkehr der
Feinde ſeines Hauſes nach Urbino und Perugia in Schrek-
ken ſetzte, ſo daß er ſelbſt fuͤr Florenz fuͤrchtete, „Herren,“
ſagte er, „ich ſehe daß von uns, die wir hier verſammelt
ſind, Keiner Papſt werden kann. Ich habe Euch drei oder
vier vorgeſchlagen, doch habt Ihr ſie zuruͤckgewieſen: dieje-
nigen, die Ihr in Vorſchlag bringt, kann ich dagegen auch
nicht annehmen. Wir muͤſſen uns nach Einem umſehen,
der nicht zugegen iſt.“ Beiſtimmend fragte man ihn, wen
er im Sinne habe. Nehmt, rief er aus, den Cardinal
von Tortoſa, einen ehrenwerthen bejahrten Mann, den man
allgemein fuͤr heilig achtet 1). Es war Adrian von Ut-

1) Lettera di Roma a di 19 Zener. bei Sanuto. Medici
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[90/0116] Kap. III. Politiſch-kirchliche Verwickelungen. ſtes. Grade darin, daß er ihnen nicht jeden Tag und alle Stunden widmete, mochte es fuͤr ihn liegen, daß er ſie mit großer freier Ueberſicht behandelte, daß er in allen Ver- wirrungen des Augenblicks die leitenden, den Weg vor- zeichnenden Gedanken im Auge behielt. Die vornehmſte Richtung gab er doch immer ſelber an. In ſeinem letz- ten Moment trafen alle Beſtrebungen ſeiner Politik in freu- digem Gelingen zuſammen. Wir koͤnnen es ſogar fuͤr ein Gluͤck halten, daß er dann ſtarb. Es folgten andre Zei- ten, und es iſt ſchwer zu glauben, daß er der Ungunſt derſelben einen gluͤcklichen Widerſtand entgegengeſetzt haben wuͤrde. Seine Nachfolger haben ihre ganze Schwere em- pfunden. Das Conclave zog ſich ſehr in die Laͤnge. „Herren,“ ſagte einſt der Cardinal Medici, den die Ruͤckkehr der Feinde ſeines Hauſes nach Urbino und Perugia in Schrek- ken ſetzte, ſo daß er ſelbſt fuͤr Florenz fuͤrchtete, „Herren,“ ſagte er, „ich ſehe daß von uns, die wir hier verſammelt ſind, Keiner Papſt werden kann. Ich habe Euch drei oder vier vorgeſchlagen, doch habt Ihr ſie zuruͤckgewieſen: dieje- nigen, die Ihr in Vorſchlag bringt, kann ich dagegen auch nicht annehmen. Wir muͤſſen uns nach Einem umſehen, der nicht zugegen iſt.“ Beiſtimmend fragte man ihn, wen er im Sinne habe. Nehmt, rief er aus, den Cardinal von Tortoſa, einen ehrenwerthen bejahrten Mann, den man allgemein fuͤr heilig achtet 1). Es war Adrian von Ut- 1) Lettera di Roma a di 19 Zener. bei Sanuto. Medici

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/116>, abgerufen am 05.12.2024.