Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Neben dem Anspruch auf diese zugleich rüstige und hinschmelzende Begeisterung besteht auch der, durch solche Talente zu gefallen, welche durch ihren Einfluß befördert werden, und bey öffentlichen Gelegenheiten zur Unterhaltung des großen Haufens, aber auch zur Verbreitung des Ruhms der Geliebten, und zur Verkündigung einer Leidenschaft des Liebhabers dienen, die übrigens wenig Gelegenheit findet, sich verständlich zu machen. Es ist begreiflich, daß die Geschicklichkeit bey Tournieren, die Poesie in Verbindung mit der Musik, oder die sogenannte muntere Kunst, und überhaupt die Courteoisie, oder die Fertigkeit, sich nach den Begriffen der damahligen Zeit höflich, oder artig im geselligen Umgange zu zeigen, Talente seyn mußten, welche mit zu dem Begriffe des vollkommenen Liebhabers gehörten. Was sollte aber dieser edle Liebhaber wohl bey seiner Geliebten gesucht haben? Läßt es sich von diesen, in ihrer geistigen Bildung so sehr vernachläßigten Menschen erwarten, daß sie ihre Verbindung willkührlich auf den Genuß der Seele beschränkt, und die Freuden des Körpers, wenn sie Gelegenheit dazu fanden, als entehrend für die höhere Würde des Menschen verschmäht haben sollten? Gewiß nicht! Aber läßt es sich nicht denken, daß diese Edeln, wenn sie an verheirathete Frauen von hohem Stande hingen, oder wenn andere unüberwindliche Hindernisse sich ihren Wünschen nach gänzlicher Vereinigung entgegen setzten, in dem Bewußtseyn, wiedergeliebt zu werden, in der Befriedigung ihrer Ruhmsucht und Eitelkeit, endlich in der Unterhaltung und Spannung, welche ihnen Intrigue und Begeisterung gaben, Schadloshaltung gefunden haben mögen? Neben dem Anspruch auf diese zugleich rüstige und hinschmelzende Begeisterung besteht auch der, durch solche Talente zu gefallen, welche durch ihren Einfluß befördert werden, und bey öffentlichen Gelegenheiten zur Unterhaltung des großen Haufens, aber auch zur Verbreitung des Ruhms der Geliebten, und zur Verkündigung einer Leidenschaft des Liebhabers dienen, die übrigens wenig Gelegenheit findet, sich verständlich zu machen. Es ist begreiflich, daß die Geschicklichkeit bey Tournieren, die Poesie in Verbindung mit der Musik, oder die sogenannte muntere Kunst, und überhaupt die Courteoisie, oder die Fertigkeit, sich nach den Begriffen der damahligen Zeit höflich, oder artig im geselligen Umgange zu zeigen, Talente seyn mußten, welche mit zu dem Begriffe des vollkommenen Liebhabers gehörten. Was sollte aber dieser edle Liebhaber wohl bey seiner Geliebten gesucht haben? Läßt es sich von diesen, in ihrer geistigen Bildung so sehr vernachläßigten Menschen erwarten, daß sie ihre Verbindung willkührlich auf den Genuß der Seele beschränkt, und die Freuden des Körpers, wenn sie Gelegenheit dazu fanden, als entehrend für die höhere Würde des Menschen verschmäht haben sollten? Gewiß nicht! Aber läßt es sich nicht denken, daß diese Edeln, wenn sie an verheirathete Frauen von hohem Stande hingen, oder wenn andere unüberwindliche Hindernisse sich ihren Wünschen nach gänzlicher Vereinigung entgegen setzten, in dem Bewußtseyn, wiedergeliebt zu werden, in der Befriedigung ihrer Ruhmsucht und Eitelkeit, endlich in der Unterhaltung und Spannung, welche ihnen Intrigue und Begeisterung gaben, Schadloshaltung gefunden haben mögen? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0069" n="69"/> <p>Neben dem Anspruch auf diese zugleich rüstige und hinschmelzende Begeisterung besteht auch der, durch solche Talente zu gefallen, welche durch ihren Einfluß befördert werden, und bey öffentlichen Gelegenheiten zur Unterhaltung des großen Haufens, aber auch zur Verbreitung des Ruhms der Geliebten, und zur Verkündigung einer Leidenschaft des Liebhabers dienen, die übrigens wenig Gelegenheit findet, sich verständlich zu machen. Es ist begreiflich, daß die Geschicklichkeit bey Tournieren, die Poesie in Verbindung mit der Musik, oder die sogenannte muntere Kunst, und überhaupt die Courteoisie, oder die Fertigkeit, sich nach den Begriffen der damahligen Zeit höflich, oder artig im geselligen Umgange zu zeigen, Talente seyn mußten, welche mit zu dem Begriffe des vollkommenen Liebhabers gehörten.</p> <p>Was sollte aber dieser edle Liebhaber wohl bey seiner Geliebten gesucht haben? Läßt es sich von diesen, in ihrer geistigen Bildung so sehr vernachläßigten Menschen erwarten, daß sie ihre Verbindung willkührlich auf den Genuß der Seele beschränkt, und die Freuden des Körpers, wenn sie Gelegenheit dazu fanden, als entehrend für die höhere Würde des Menschen verschmäht haben sollten? Gewiß nicht! Aber läßt es sich nicht denken, daß diese Edeln, wenn sie an verheirathete Frauen von hohem Stande hingen, oder wenn andere unüberwindliche Hindernisse sich ihren Wünschen nach gänzlicher Vereinigung entgegen setzten, in dem Bewußtseyn, wiedergeliebt zu werden, in der Befriedigung ihrer Ruhmsucht und Eitelkeit, endlich in der Unterhaltung und Spannung, welche ihnen Intrigue und Begeisterung gaben, Schadloshaltung gefunden haben mögen?</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [69/0069]
Neben dem Anspruch auf diese zugleich rüstige und hinschmelzende Begeisterung besteht auch der, durch solche Talente zu gefallen, welche durch ihren Einfluß befördert werden, und bey öffentlichen Gelegenheiten zur Unterhaltung des großen Haufens, aber auch zur Verbreitung des Ruhms der Geliebten, und zur Verkündigung einer Leidenschaft des Liebhabers dienen, die übrigens wenig Gelegenheit findet, sich verständlich zu machen. Es ist begreiflich, daß die Geschicklichkeit bey Tournieren, die Poesie in Verbindung mit der Musik, oder die sogenannte muntere Kunst, und überhaupt die Courteoisie, oder die Fertigkeit, sich nach den Begriffen der damahligen Zeit höflich, oder artig im geselligen Umgange zu zeigen, Talente seyn mußten, welche mit zu dem Begriffe des vollkommenen Liebhabers gehörten.
Was sollte aber dieser edle Liebhaber wohl bey seiner Geliebten gesucht haben? Läßt es sich von diesen, in ihrer geistigen Bildung so sehr vernachläßigten Menschen erwarten, daß sie ihre Verbindung willkührlich auf den Genuß der Seele beschränkt, und die Freuden des Körpers, wenn sie Gelegenheit dazu fanden, als entehrend für die höhere Würde des Menschen verschmäht haben sollten? Gewiß nicht! Aber läßt es sich nicht denken, daß diese Edeln, wenn sie an verheirathete Frauen von hohem Stande hingen, oder wenn andere unüberwindliche Hindernisse sich ihren Wünschen nach gänzlicher Vereinigung entgegen setzten, in dem Bewußtseyn, wiedergeliebt zu werden, in der Befriedigung ihrer Ruhmsucht und Eitelkeit, endlich in der Unterhaltung und Spannung, welche ihnen Intrigue und Begeisterung gaben, Schadloshaltung gefunden haben mögen?
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