Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

seiner Kräfte knüpfen. So konnte der Grundsatz entstehen, daß der Held durch außerordentliche Beweise von Tapferkeit, im Dienste seiner Dame abgelegt, am sichersten den Weg zu ihrem Herzen finde: so konnte sich mit der Liebe jener rüstige, wackere Enthusiasmus vereinigen, der den Gefahren des Lebens trotzt, und durch Beharrlichkeit und Muth sein eigenes Schicksal lenkt: so konnte mit einem Worte Ruhmsucht und jede feinere Art der Selbstheit auf Geschlechtssympathie geimpft, und aufs genaueste mit ihr verbunden werden.

Oft aber setzen sich dem tapfern Liebhaber Schwierigkeiten entgegen, die sein leidenschaftliches Streben nicht überwindet. Das Zeitalter legt einen besondern Werth auf den ledigen Stand, auf das abgelegte und beobachtete Gelübde ewiger Keuschheit: die Ungleichheit der Geburt, verbotene Grade, der verheirathete Stand derjenigen Damen, denen er sich noch am mehrsten nähern kann, setzten ihm andere Hindernisse entgegen. Die Natur ist mehr als jemahls im Streite mit der Pflicht: die Leidenschaften erhalten eine ungewöhnliche Spannung. Wallfahrten und Kreuzzüge, Bekanntschaft mit fremden, zum Geschmack an übernatürlichen Kräften und Begebenheiten so geneigten Völkern, erhöhen die Imagination. Der Mensch fühlt, daß selbst in dem Zustande des Strebens, und in der Begeisterung, die dieser Zustand ihm einflößt, ein hoher Genuß und etwas Edles liegt. Er trotzt nicht bloß den Gefahren des Lebens, nein! er entäußert sich alles Anspruches auf ein einseitiges Glück für den Wunsch, mit seiner Geliebten glücklich zu seyn. Sein Herz wird dadurch für sympathetische Empfindungen erweicht, und für Menschenliebe und Sittlichkeit überhaupt empfänglicher. Das Bestreben,

seiner Kräfte knüpfen. So konnte der Grundsatz entstehen, daß der Held durch außerordentliche Beweise von Tapferkeit, im Dienste seiner Dame abgelegt, am sichersten den Weg zu ihrem Herzen finde: so konnte sich mit der Liebe jener rüstige, wackere Enthusiasmus vereinigen, der den Gefahren des Lebens trotzt, und durch Beharrlichkeit und Muth sein eigenes Schicksal lenkt: so konnte mit einem Worte Ruhmsucht und jede feinere Art der Selbstheit auf Geschlechtssympathie geimpft, und aufs genaueste mit ihr verbunden werden.

Oft aber setzen sich dem tapfern Liebhaber Schwierigkeiten entgegen, die sein leidenschaftliches Streben nicht überwindet. Das Zeitalter legt einen besondern Werth auf den ledigen Stand, auf das abgelegte und beobachtete Gelübde ewiger Keuschheit: die Ungleichheit der Geburt, verbotene Grade, der verheirathete Stand derjenigen Damen, denen er sich noch am mehrsten nähern kann, setzten ihm andere Hindernisse entgegen. Die Natur ist mehr als jemahls im Streite mit der Pflicht: die Leidenschaften erhalten eine ungewöhnliche Spannung. Wallfahrten und Kreuzzüge, Bekanntschaft mit fremden, zum Geschmack an übernatürlichen Kräften und Begebenheiten so geneigten Völkern, erhöhen die Imagination. Der Mensch fühlt, daß selbst in dem Zustande des Strebens, und in der Begeisterung, die dieser Zustand ihm einflößt, ein hoher Genuß und etwas Edles liegt. Er trotzt nicht bloß den Gefahren des Lebens, nein! er entäußert sich alles Anspruches auf ein einseitiges Glück für den Wunsch, mit seiner Geliebten glücklich zu seyn. Sein Herz wird dadurch für sympathetische Empfindungen erweicht, und für Menschenliebe und Sittlichkeit überhaupt empfänglicher. Das Bestreben,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0067" n="67"/>
seiner Kräfte knüpfen. So konnte der Grundsatz entstehen, daß der Held durch außerordentliche Beweise von Tapferkeit, im Dienste seiner Dame abgelegt, am sichersten den Weg zu ihrem Herzen finde: so konnte sich mit der Liebe jener rüstige, wackere Enthusiasmus vereinigen, der den Gefahren des Lebens trotzt, und durch Beharrlichkeit und Muth sein eigenes Schicksal lenkt: so konnte mit einem Worte Ruhmsucht und jede feinere Art der Selbstheit auf Geschlechtssympathie geimpft, und aufs genaueste mit ihr verbunden werden.</p>
          <p>Oft aber setzen sich dem tapfern Liebhaber Schwierigkeiten entgegen, die sein leidenschaftliches Streben nicht überwindet. Das Zeitalter legt einen besondern Werth auf den ledigen Stand, auf das abgelegte und beobachtete Gelübde ewiger Keuschheit: die Ungleichheit der Geburt, verbotene Grade, der verheirathete Stand derjenigen Damen, denen er sich noch am mehrsten nähern kann, setzten ihm andere Hindernisse entgegen. Die Natur ist mehr als jemahls im Streite mit der Pflicht: die Leidenschaften erhalten eine ungewöhnliche Spannung. Wallfahrten und Kreuzzüge, Bekanntschaft mit fremden, zum Geschmack an übernatürlichen Kräften und Begebenheiten so geneigten Völkern, erhöhen die Imagination. Der Mensch fühlt, daß selbst in dem Zustande des Strebens, und in der Begeisterung, die dieser Zustand ihm einflößt, ein hoher Genuß und etwas Edles liegt. Er trotzt nicht bloß den Gefahren des Lebens, nein! er entäußert sich alles Anspruches auf ein einseitiges Glück für den Wunsch, mit seiner Geliebten glücklich zu seyn. Sein Herz wird dadurch für sympathetische Empfindungen erweicht, und für Menschenliebe und Sittlichkeit überhaupt empfänglicher. Das Bestreben,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0067] seiner Kräfte knüpfen. So konnte der Grundsatz entstehen, daß der Held durch außerordentliche Beweise von Tapferkeit, im Dienste seiner Dame abgelegt, am sichersten den Weg zu ihrem Herzen finde: so konnte sich mit der Liebe jener rüstige, wackere Enthusiasmus vereinigen, der den Gefahren des Lebens trotzt, und durch Beharrlichkeit und Muth sein eigenes Schicksal lenkt: so konnte mit einem Worte Ruhmsucht und jede feinere Art der Selbstheit auf Geschlechtssympathie geimpft, und aufs genaueste mit ihr verbunden werden. Oft aber setzen sich dem tapfern Liebhaber Schwierigkeiten entgegen, die sein leidenschaftliches Streben nicht überwindet. Das Zeitalter legt einen besondern Werth auf den ledigen Stand, auf das abgelegte und beobachtete Gelübde ewiger Keuschheit: die Ungleichheit der Geburt, verbotene Grade, der verheirathete Stand derjenigen Damen, denen er sich noch am mehrsten nähern kann, setzten ihm andere Hindernisse entgegen. Die Natur ist mehr als jemahls im Streite mit der Pflicht: die Leidenschaften erhalten eine ungewöhnliche Spannung. Wallfahrten und Kreuzzüge, Bekanntschaft mit fremden, zum Geschmack an übernatürlichen Kräften und Begebenheiten so geneigten Völkern, erhöhen die Imagination. Der Mensch fühlt, daß selbst in dem Zustande des Strebens, und in der Begeisterung, die dieser Zustand ihm einflößt, ein hoher Genuß und etwas Edles liegt. Er trotzt nicht bloß den Gefahren des Lebens, nein! er entäußert sich alles Anspruches auf ein einseitiges Glück für den Wunsch, mit seiner Geliebten glücklich zu seyn. Sein Herz wird dadurch für sympathetische Empfindungen erweicht, und für Menschenliebe und Sittlichkeit überhaupt empfänglicher. Das Bestreben,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/67
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/67>, abgerufen am 22.11.2024.