Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Eitelkeit entworfen haben mag, an dem kommenden Feste einen möglichst starken Eindruck auf den Gegenstand ihrer Bemühungen zu machen! Wie wichtig müssen die Gewährungen und die Versagungen der Wünsche dieser Eitelkeit damahls gewesen seyn! Welche Unruhen nach der Entzweyuug, welche Freuden nach der Wiederversöhnung! Kurz! welch eine unversiegliche Quelle von interessanterem Zeitvertreib in der Besorgung einer galanten Intrigue, nach einer ohnehin von gewissen Regeln vorgeschriebenen Form, deren Kenntniß und Anwendung schon allein ein gewisses Studium und einige Fertigkeit erforderte! Selbst das Publikum war bey dieser Sitte interessiert. Sie vervielfältigte die Feste, jene Gelegenheiten für die Liebenden, sich häufiger zu sehen, und sich ihre Gesinnungen zu erkennen zu geben: sie gab ihnen neues Leben. Erfindung, Pracht, Geschicklichkeit vereinigten sich zur Hervorbringung der Mittel, der angebeteten Dame zu huldigen, und der große Haufe nutzte sie entweder zu ähnlichen Zwecken, oder zum gaffenden Zeitvertreib.

Unstreitig hat sich auch die Natur dieser Verbindungen nach Verschiedenheit des Charakters der Nationen und ihrer Lagen besonders modificiert. Die Italiäner wurden bald ein Raub kleiner Fürsten, welche die Republiken, die sich auf kurze Zeit zwischen ihnen gebildet hatten, unterjochten. Diejenigen Freystaaten, welche sich erhielten, seufzten unter der zunehmenden Macht der Aristokratie. Die päbstliche Hierarchie schlug wieder ihren Thron in Rom auf. Auswärtige Mächte stritten um die Oberherrschaft und um die Eroberung einzelner Provinzen dieses Landes. Wenn

Eitelkeit entworfen haben mag, an dem kommenden Feste einen möglichst starken Eindruck auf den Gegenstand ihrer Bemühungen zu machen! Wie wichtig müssen die Gewährungen und die Versagungen der Wünsche dieser Eitelkeit damahls gewesen seyn! Welche Unruhen nach der Entzweyuug, welche Freuden nach der Wiederversöhnung! Kurz! welch eine unversiegliche Quelle von interessanterem Zeitvertreib in der Besorgung einer galanten Intrigue, nach einer ohnehin von gewissen Regeln vorgeschriebenen Form, deren Kenntniß und Anwendung schon allein ein gewisses Studium und einige Fertigkeit erforderte! Selbst das Publikum war bey dieser Sitte interessiert. Sie vervielfältigte die Feste, jene Gelegenheiten für die Liebenden, sich häufiger zu sehen, und sich ihre Gesinnungen zu erkennen zu geben: sie gab ihnen neues Leben. Erfindung, Pracht, Geschicklichkeit vereinigten sich zur Hervorbringung der Mittel, der angebeteten Dame zu huldigen, und der große Haufe nutzte sie entweder zu ähnlichen Zwecken, oder zum gaffenden Zeitvertreib.

Unstreitig hat sich auch die Natur dieser Verbindungen nach Verschiedenheit des Charakters der Nationen und ihrer Lagen besonders modificiert. Die Italiäner wurden bald ein Raub kleiner Fürsten, welche die Republiken, die sich auf kurze Zeit zwischen ihnen gebildet hatten, unterjochten. Diejenigen Freystaaten, welche sich erhielten, seufzten unter der zunehmenden Macht der Aristokratie. Die päbstliche Hierarchie schlug wieder ihren Thron in Rom auf. Auswärtige Mächte stritten um die Oberherrschaft und um die Eroberung einzelner Provinzen dieses Landes. Wenn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0261" n="261"/>
Eitelkeit entworfen haben mag, an dem kommenden Feste einen möglichst starken Eindruck auf den Gegenstand ihrer Bemühungen zu machen! Wie wichtig müssen die Gewährungen und die Versagungen der Wünsche dieser Eitelkeit damahls gewesen seyn! Welche Unruhen nach der Entzweyuug, welche Freuden nach der Wiederversöhnung! Kurz! welch eine unversiegliche Quelle von interessanterem Zeitvertreib in der Besorgung einer galanten Intrigue, nach einer ohnehin von gewissen Regeln vorgeschriebenen Form, deren Kenntniß und Anwendung schon allein ein gewisses Studium und einige Fertigkeit erforderte! Selbst das Publikum war bey dieser Sitte interessiert. Sie vervielfältigte die Feste, jene Gelegenheiten für die Liebenden, sich häufiger zu sehen, und sich ihre Gesinnungen zu erkennen zu geben: sie gab ihnen neues Leben. Erfindung, Pracht, Geschicklichkeit vereinigten sich zur Hervorbringung der Mittel, der angebeteten Dame zu huldigen, und der große Haufe nutzte sie entweder zu ähnlichen Zwecken, oder zum gaffenden Zeitvertreib.</p>
          <p>Unstreitig hat sich auch die Natur dieser Verbindungen nach Verschiedenheit des Charakters der Nationen und ihrer Lagen besonders modificiert. Die Italiäner wurden bald ein Raub kleiner Fürsten, welche die Republiken, die sich auf kurze Zeit zwischen ihnen gebildet hatten, unterjochten. Diejenigen Freystaaten, welche sich erhielten, seufzten unter der zunehmenden Macht der Aristokratie. Die päbstliche Hierarchie schlug wieder ihren Thron in Rom auf. Auswärtige Mächte stritten um die Oberherrschaft und um die Eroberung einzelner Provinzen dieses Landes. Wenn
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0261] Eitelkeit entworfen haben mag, an dem kommenden Feste einen möglichst starken Eindruck auf den Gegenstand ihrer Bemühungen zu machen! Wie wichtig müssen die Gewährungen und die Versagungen der Wünsche dieser Eitelkeit damahls gewesen seyn! Welche Unruhen nach der Entzweyuug, welche Freuden nach der Wiederversöhnung! Kurz! welch eine unversiegliche Quelle von interessanterem Zeitvertreib in der Besorgung einer galanten Intrigue, nach einer ohnehin von gewissen Regeln vorgeschriebenen Form, deren Kenntniß und Anwendung schon allein ein gewisses Studium und einige Fertigkeit erforderte! Selbst das Publikum war bey dieser Sitte interessiert. Sie vervielfältigte die Feste, jene Gelegenheiten für die Liebenden, sich häufiger zu sehen, und sich ihre Gesinnungen zu erkennen zu geben: sie gab ihnen neues Leben. Erfindung, Pracht, Geschicklichkeit vereinigten sich zur Hervorbringung der Mittel, der angebeteten Dame zu huldigen, und der große Haufe nutzte sie entweder zu ähnlichen Zwecken, oder zum gaffenden Zeitvertreib. Unstreitig hat sich auch die Natur dieser Verbindungen nach Verschiedenheit des Charakters der Nationen und ihrer Lagen besonders modificiert. Die Italiäner wurden bald ein Raub kleiner Fürsten, welche die Republiken, die sich auf kurze Zeit zwischen ihnen gebildet hatten, unterjochten. Diejenigen Freystaaten, welche sich erhielten, seufzten unter der zunehmenden Macht der Aristokratie. Die päbstliche Hierarchie schlug wieder ihren Thron in Rom auf. Auswärtige Mächte stritten um die Oberherrschaft und um die Eroberung einzelner Provinzen dieses Landes. Wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/261
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/261>, abgerufen am 25.11.2024.