Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Dieß erhellet ganz deutlich aus seinen Unterredungen mit dem heiligen Augustin, worin dieser Kirchenvater offenbar die Rolle des bessern Selbstes unsers Petrarka übernimmt. Es erhellet aus seinen Briefen an den Pater Dionysius, und es liegt in den Begriffen seiner Zeit über Tugend und Religiosität. Schon hier eine auffallende Verschiedenheit vom Plato, nach dessen sittlichen Begriffen die Liebe wirklich ein Weg zur Tugend, und ein Mittel zur Veredlung des Geistes und des Herzens war. Wir können also bloß die Denkungsart des Petrarka als Dichter mit dem Systeme des Plato vergleichen. Hier fällt es wieder auf, daß die Ideen, welche dieser dem Sokrates in seinem Gastmahle in den Mund legt, mit den Schwärmereyen des Petrarka gar keine Aehnlichkeit haben. Jener Zug zur Urschönheit für ewige Harmonie und Vollkommenheit genommen, aus dem Plato dort den Zug zur Schönheit überhaupt, und weiter hinunter zur Unsterblichkeit, ja! sogar zur physischen Zeugung erklärt, war gewiß für den Petrarka zu abstrakt, als daß er ihm auf die Spur hätte kommen sollen. Auch findet man davon bey genauer Prüfung keine Spur in seinen Schriften. Näher stimmt er mit den Ideen des Plato in seinem Phädrus zusammen, worin dieser die erhaltenen Begierden als ein Mittel zur Begeisterung für das Edle und Schöne, nach den Begriffen seiner Zeit, betrachtet. Allein die Begeisterung, welche Plato von der Unterjochung der Begierden erwartet, war rüstig, unternehmend, wacker. Hingegen ist diejenige, auf welche Petrarka rechnet, hinschmelzend und träumend. Auch waren sie in ihren Begriffen von der Art der Vereinigung, Dieß erhellet ganz deutlich aus seinen Unterredungen mit dem heiligen Augustin, worin dieser Kirchenvater offenbar die Rolle des bessern Selbstes unsers Petrarka übernimmt. Es erhellet aus seinen Briefen an den Pater Dionysius, und es liegt in den Begriffen seiner Zeit über Tugend und Religiosität. Schon hier eine auffallende Verschiedenheit vom Plato, nach dessen sittlichen Begriffen die Liebe wirklich ein Weg zur Tugend, und ein Mittel zur Veredlung des Geistes und des Herzens war. Wir können also bloß die Denkungsart des Petrarka als Dichter mit dem Systeme des Plato vergleichen. Hier fällt es wieder auf, daß die Ideen, welche dieser dem Sokrates in seinem Gastmahle in den Mund legt, mit den Schwärmereyen des Petrarka gar keine Aehnlichkeit haben. Jener Zug zur Urschönheit für ewige Harmonie und Vollkommenheit genommen, aus dem Plato dort den Zug zur Schönheit überhaupt, und weiter hinunter zur Unsterblichkeit, ja! sogar zur physischen Zeugung erklärt, war gewiß für den Petrarka zu abstrakt, als daß er ihm auf die Spur hätte kommen sollen. Auch findet man davon bey genauer Prüfung keine Spur in seinen Schriften. Näher stimmt er mit den Ideen des Plato in seinem Phädrus zusammen, worin dieser die erhaltenen Begierden als ein Mittel zur Begeisterung für das Edle und Schöne, nach den Begriffen seiner Zeit, betrachtet. Allein die Begeisterung, welche Plato von der Unterjochung der Begierden erwartet, war rüstig, unternehmend, wacker. Hingegen ist diejenige, auf welche Petrarka rechnet, hinschmelzend und träumend. Auch waren sie in ihren Begriffen von der Art der Vereinigung, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0227" n="227"/> <p>Dieß erhellet ganz deutlich aus seinen Unterredungen mit dem heiligen Augustin, worin dieser Kirchenvater offenbar die Rolle des bessern Selbstes unsers Petrarka übernimmt. Es erhellet aus seinen Briefen an den Pater Dionysius, und es liegt in den Begriffen seiner Zeit über Tugend und Religiosität.</p> <p>Schon hier eine auffallende Verschiedenheit vom Plato, nach dessen sittlichen Begriffen die Liebe wirklich ein Weg zur Tugend, und ein Mittel zur Veredlung des Geistes und des Herzens war.</p> <p>Wir können also bloß die Denkungsart des Petrarka als Dichter mit dem Systeme des Plato vergleichen. Hier fällt es wieder auf, daß die Ideen, welche dieser dem Sokrates in seinem Gastmahle in den Mund legt, mit den Schwärmereyen des Petrarka gar keine Aehnlichkeit haben. Jener Zug zur Urschönheit für ewige Harmonie und Vollkommenheit genommen, aus dem Plato dort den Zug zur Schönheit überhaupt, und weiter hinunter zur Unsterblichkeit, ja! sogar zur physischen Zeugung erklärt, war gewiß für den Petrarka zu abstrakt, als daß er ihm auf die Spur hätte kommen sollen. Auch findet man davon bey genauer Prüfung keine Spur in seinen Schriften. Näher stimmt er mit den Ideen des Plato in seinem Phädrus zusammen, worin dieser die erhaltenen Begierden als ein Mittel zur Begeisterung für das Edle und Schöne, nach den Begriffen seiner Zeit, betrachtet.</p> <p>Allein die Begeisterung, welche Plato von der Unterjochung der Begierden erwartet, war rüstig, unternehmend, wacker. Hingegen ist diejenige, auf welche Petrarka rechnet, hinschmelzend und träumend. Auch waren sie in ihren Begriffen von der Art der Vereinigung, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [227/0227]
Dieß erhellet ganz deutlich aus seinen Unterredungen mit dem heiligen Augustin, worin dieser Kirchenvater offenbar die Rolle des bessern Selbstes unsers Petrarka übernimmt. Es erhellet aus seinen Briefen an den Pater Dionysius, und es liegt in den Begriffen seiner Zeit über Tugend und Religiosität.
Schon hier eine auffallende Verschiedenheit vom Plato, nach dessen sittlichen Begriffen die Liebe wirklich ein Weg zur Tugend, und ein Mittel zur Veredlung des Geistes und des Herzens war.
Wir können also bloß die Denkungsart des Petrarka als Dichter mit dem Systeme des Plato vergleichen. Hier fällt es wieder auf, daß die Ideen, welche dieser dem Sokrates in seinem Gastmahle in den Mund legt, mit den Schwärmereyen des Petrarka gar keine Aehnlichkeit haben. Jener Zug zur Urschönheit für ewige Harmonie und Vollkommenheit genommen, aus dem Plato dort den Zug zur Schönheit überhaupt, und weiter hinunter zur Unsterblichkeit, ja! sogar zur physischen Zeugung erklärt, war gewiß für den Petrarka zu abstrakt, als daß er ihm auf die Spur hätte kommen sollen. Auch findet man davon bey genauer Prüfung keine Spur in seinen Schriften. Näher stimmt er mit den Ideen des Plato in seinem Phädrus zusammen, worin dieser die erhaltenen Begierden als ein Mittel zur Begeisterung für das Edle und Schöne, nach den Begriffen seiner Zeit, betrachtet.
Allein die Begeisterung, welche Plato von der Unterjochung der Begierden erwartet, war rüstig, unternehmend, wacker. Hingegen ist diejenige, auf welche Petrarka rechnet, hinschmelzend und träumend. Auch waren sie in ihren Begriffen von der Art der Vereinigung,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |