Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Zehntes Kapitel. Ideen der italiänischen Dichter, und besonders des Petrarka, über Liebe und Geschlechtsverbindung. Dante, der noch im Anfange des vierzehnten Jahrhunderts lebte, liebte Beatrix, die Tochter des Falco Pottinari, die in der Blüthe ihrer Jahre starb. Die Betrübniß unsers Dichters über ihren Verlust war so groß als seine Liebe. In den Gedichten, die er auf sie machte, herrscht der Ton der Troubadours. Ausschweifende Lobeserhebungen, Klagen über Grausamkeit, Ermahnungen zur Geduld, Hoffnungen auf den Tod, als das Ende aller Leiden, machen ihre Hauptgegenstände aus. Uebrigens aber lehrt er an mehreren Stellen seines Inferno, daß alle übermäßige Liebe zur Kreatur Laster sey, und daß Gott als das einzige und höchste Gut über Alles geliebt zu werden verdiene. Ob er gleich von der Geschlechtsliebe keinen andern Begriff gehabt zu haben scheint, als den, daß sie eine sinnliche Leidenschaft sey; so mißbilligt er sie doch nicht, wenn sie in den Grenzen der Mäßigkeit erhalten wird. Er sieht sogar in ihr den Antrieb zu hohen Tugenden. Ja! er legt in seinem Paradiso der geliebten Beatrice, die er dort wieder antrifft, das Lob bey, daß sie seine Seele über das Irdische erhoben habe. Ganz im Style der Troubadours haben nun auch die übrigen italiänischen Dichter vor dem Petrarka, Guido Guinicelli, Cino da Pistoja, Guido Cavalcanti, und andere mehr gedichtet. Es sind die gewöhnlichen Süjets verliebter Gedichte oft in einem höchst excentrischen und Zehntes Kapitel. Ideen der italiänischen Dichter, und besonders des Petrarka, über Liebe und Geschlechtsverbindung. Dante, der noch im Anfange des vierzehnten Jahrhunderts lebte, liebte Beatrix, die Tochter des Falco Pottinari, die in der Blüthe ihrer Jahre starb. Die Betrübniß unsers Dichters über ihren Verlust war so groß als seine Liebe. In den Gedichten, die er auf sie machte, herrscht der Ton der Troubadours. Ausschweifende Lobeserhebungen, Klagen über Grausamkeit, Ermahnungen zur Geduld, Hoffnungen auf den Tod, als das Ende aller Leiden, machen ihre Hauptgegenstände aus. Uebrigens aber lehrt er an mehreren Stellen seines Inferno, daß alle übermäßige Liebe zur Kreatur Laster sey, und daß Gott als das einzige und höchste Gut über Alles geliebt zu werden verdiene. Ob er gleich von der Geschlechtsliebe keinen andern Begriff gehabt zu haben scheint, als den, daß sie eine sinnliche Leidenschaft sey; so mißbilligt er sie doch nicht, wenn sie in den Grenzen der Mäßigkeit erhalten wird. Er sieht sogar in ihr den Antrieb zu hohen Tugenden. Ja! er legt in seinem Paradiso der geliebten Beatrice, die er dort wieder antrifft, das Lob bey, daß sie seine Seele über das Irdische erhoben habe. Ganz im Style der Troubadours haben nun auch die übrigen italiänischen Dichter vor dem Petrarka, Guido Guinicelli, Cino da Pistoja, Guido Cavalcanti, und andere mehr gedichtet. Es sind die gewöhnlichen Süjets verliebter Gedichte oft in einem höchst excentrischen und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0206" n="206"/> <div n="2"> <head>Zehntes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Ideen der italiänischen Dichter, und besonders des Petrarka, über Liebe und Geschlechtsverbindung.<lb/></p> </argument> <p>Dante, der noch im Anfange des vierzehnten Jahrhunderts lebte, liebte Beatrix, die Tochter des Falco Pottinari, die in der Blüthe ihrer Jahre starb. Die Betrübniß unsers Dichters über ihren Verlust war so groß als seine Liebe. In den Gedichten, die er auf sie machte, herrscht der Ton der Troubadours. Ausschweifende Lobeserhebungen, Klagen über Grausamkeit, Ermahnungen zur Geduld, Hoffnungen auf den Tod, als das Ende aller Leiden, machen ihre Hauptgegenstände aus.</p> <p>Uebrigens aber lehrt er an mehreren Stellen seines Inferno, daß alle übermäßige Liebe zur Kreatur Laster sey, und daß Gott als das einzige und höchste Gut über Alles geliebt zu werden verdiene. Ob er gleich von der Geschlechtsliebe keinen andern Begriff gehabt zu haben scheint, als den, daß sie eine sinnliche Leidenschaft sey; so mißbilligt er sie doch nicht, wenn sie in den Grenzen der Mäßigkeit erhalten wird. Er sieht sogar in ihr den Antrieb zu hohen Tugenden. Ja! er legt in seinem Paradiso der geliebten Beatrice, die er dort wieder antrifft, das Lob bey, daß sie seine Seele über das Irdische erhoben habe.</p> <p>Ganz im Style der Troubadours haben nun auch die übrigen italiänischen Dichter vor dem Petrarka, Guido Guinicelli, Cino da Pistoja, Guido Cavalcanti, und andere mehr gedichtet. Es sind die gewöhnlichen Süjets verliebter Gedichte oft in einem höchst excentrischen und </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [206/0206]
Zehntes Kapitel.
Ideen der italiänischen Dichter, und besonders des Petrarka, über Liebe und Geschlechtsverbindung.
Dante, der noch im Anfange des vierzehnten Jahrhunderts lebte, liebte Beatrix, die Tochter des Falco Pottinari, die in der Blüthe ihrer Jahre starb. Die Betrübniß unsers Dichters über ihren Verlust war so groß als seine Liebe. In den Gedichten, die er auf sie machte, herrscht der Ton der Troubadours. Ausschweifende Lobeserhebungen, Klagen über Grausamkeit, Ermahnungen zur Geduld, Hoffnungen auf den Tod, als das Ende aller Leiden, machen ihre Hauptgegenstände aus.
Uebrigens aber lehrt er an mehreren Stellen seines Inferno, daß alle übermäßige Liebe zur Kreatur Laster sey, und daß Gott als das einzige und höchste Gut über Alles geliebt zu werden verdiene. Ob er gleich von der Geschlechtsliebe keinen andern Begriff gehabt zu haben scheint, als den, daß sie eine sinnliche Leidenschaft sey; so mißbilligt er sie doch nicht, wenn sie in den Grenzen der Mäßigkeit erhalten wird. Er sieht sogar in ihr den Antrieb zu hohen Tugenden. Ja! er legt in seinem Paradiso der geliebten Beatrice, die er dort wieder antrifft, das Lob bey, daß sie seine Seele über das Irdische erhoben habe.
Ganz im Style der Troubadours haben nun auch die übrigen italiänischen Dichter vor dem Petrarka, Guido Guinicelli, Cino da Pistoja, Guido Cavalcanti, und andere mehr gedichtet. Es sind die gewöhnlichen Süjets verliebter Gedichte oft in einem höchst excentrischen und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |