Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Man hat eine Philosophie der Liebe von Leone. 14) Nach ihm ist Liebe das Verlangen, sich bey der Vereinigung in den geliebten Gegenstand zu verwandeln. Mit dem gestillten Verlangen der niedern Sinne hört die Liebe zu den Gegenständen auf, welche diese reitzen. Nicht aber so bey den Sinnen des Auges, des Ohrs und dem innern Sinne. Der Liebhaber des Weibes kann inzwischen den Genuß der niedern Sinne mit dem der obern verbinden. Weil die Geister vereinigt sind in geistiger Liebe; so suchen auch die Körper sich zu verbinden, um die Vereinigung so vollkommen als möglich zu machen. Ja! durch diese letzte Verbindung nimmt die geistige Liebe zu, wie die Weisheit durch die Ausübung guter Werke. "Die vollkommene Liebe des Mannes zum Weibe ist die Verwandlung des Liebenden in die Geliebte, verbunden mit dem Wunsche, daß sich die Geliebte wieder in den Liebenden verwandle. Lieben beyde Theile sich wechselseitig, so kann man vollkommene Liebe die Verwandlung zweyer Personen in einander nennen." "Diese Liebe ist von zweyerley Art. Die eine nimmt ihren Ursprung in der Sinnlichkeit, und hört mit dem Genusse auf, weil das Verlangen gesättigt wird. Die andere führt das Verlangen nach dem körperlichen Genusse nur in ihrem Gefolge. Diese 14) Ich habe eine französische und spanische Uebersetzung vor mir. Die französische heißt: Philosophie d'amour de Mr. Leon Hebreu; par le Seigneur du Parc Champenois, Paris 1577. Die spanische: Los Dialogos d'Amor de Mestre Leon Abarbanel medico e filosofo. En Venetia 1568.
Man hat eine Philosophie der Liebe von Leone. 14) Nach ihm ist Liebe das Verlangen, sich bey der Vereinigung in den geliebten Gegenstand zu verwandeln. Mit dem gestillten Verlangen der niedern Sinne hört die Liebe zu den Gegenständen auf, welche diese reitzen. Nicht aber so bey den Sinnen des Auges, des Ohrs und dem innern Sinne. Der Liebhaber des Weibes kann inzwischen den Genuß der niedern Sinne mit dem der obern verbinden. Weil die Geister vereinigt sind in geistiger Liebe; so suchen auch die Körper sich zu verbinden, um die Vereinigung so vollkommen als möglich zu machen. Ja! durch diese letzte Verbindung nimmt die geistige Liebe zu, wie die Weisheit durch die Ausübung guter Werke. „Die vollkommene Liebe des Mannes zum Weibe ist die Verwandlung des Liebenden in die Geliebte, verbunden mit dem Wunsche, daß sich die Geliebte wieder in den Liebenden verwandle. Lieben beyde Theile sich wechselseitig, so kann man vollkommene Liebe die Verwandlung zweyer Personen in einander nennen.“ „Diese Liebe ist von zweyerley Art. Die eine nimmt ihren Ursprung in der Sinnlichkeit, und hört mit dem Genusse auf, weil das Verlangen gesättigt wird. Die andere führt das Verlangen nach dem körperlichen Genusse nur in ihrem Gefolge. Diese 14) Ich habe eine französische und spanische Uebersetzung vor mir. Die französische heißt: Philosophie d’amour de Mr. Leon Hebreu; par le Seigneur du Parc Champenois, Paris 1577. Die spanische: Los Dialogos d’Amor de Mestre Leon Abarbanel medico e filosofo. En Venetia 1568.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0179" n="179"/> <p>Man hat eine Philosophie der Liebe von Leone. <note place="foot" n="14)">Ich habe eine französische und spanische Uebersetzung vor mir. Die französische heißt: <hi rendition="#aq">Philosophie d’amour de Mr. Leon Hebreu; par le Seigneur du Parc Champenois, Paris 1577.</hi> Die spanische: <hi rendition="#aq">Los Dialogos d’Amor de Mestre Leon Abarbanel medico e filosofo. En Venetia 1568.</hi></note> Nach ihm ist Liebe das Verlangen, sich bey der Vereinigung in den geliebten Gegenstand zu verwandeln. Mit dem gestillten Verlangen der niedern Sinne hört die Liebe zu den Gegenständen auf, welche diese reitzen. Nicht aber so bey den Sinnen des Auges, des Ohrs und dem innern Sinne. Der Liebhaber des Weibes kann inzwischen den Genuß der niedern Sinne mit dem der obern verbinden. Weil die Geister vereinigt sind in geistiger Liebe; so suchen auch die Körper sich zu verbinden, um die Vereinigung so vollkommen als möglich zu machen. Ja! durch diese letzte Verbindung nimmt die geistige Liebe zu, wie die Weisheit durch die Ausübung guter Werke.</p> <p>„Die vollkommene Liebe des Mannes zum Weibe ist die Verwandlung des Liebenden in die Geliebte, verbunden mit dem Wunsche, daß sich die Geliebte wieder in den Liebenden verwandle. Lieben beyde Theile sich wechselseitig, so kann man vollkommene Liebe die Verwandlung zweyer Personen in einander nennen.“</p> <p>„Diese Liebe ist von zweyerley Art. Die eine nimmt ihren Ursprung in der Sinnlichkeit, und hört mit dem Genusse auf, weil das Verlangen gesättigt wird. Die andere führt das Verlangen nach dem körperlichen Genusse nur in ihrem Gefolge. Diese </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [179/0179]
Man hat eine Philosophie der Liebe von Leone. 14) Nach ihm ist Liebe das Verlangen, sich bey der Vereinigung in den geliebten Gegenstand zu verwandeln. Mit dem gestillten Verlangen der niedern Sinne hört die Liebe zu den Gegenständen auf, welche diese reitzen. Nicht aber so bey den Sinnen des Auges, des Ohrs und dem innern Sinne. Der Liebhaber des Weibes kann inzwischen den Genuß der niedern Sinne mit dem der obern verbinden. Weil die Geister vereinigt sind in geistiger Liebe; so suchen auch die Körper sich zu verbinden, um die Vereinigung so vollkommen als möglich zu machen. Ja! durch diese letzte Verbindung nimmt die geistige Liebe zu, wie die Weisheit durch die Ausübung guter Werke.
„Die vollkommene Liebe des Mannes zum Weibe ist die Verwandlung des Liebenden in die Geliebte, verbunden mit dem Wunsche, daß sich die Geliebte wieder in den Liebenden verwandle. Lieben beyde Theile sich wechselseitig, so kann man vollkommene Liebe die Verwandlung zweyer Personen in einander nennen.“
„Diese Liebe ist von zweyerley Art. Die eine nimmt ihren Ursprung in der Sinnlichkeit, und hört mit dem Genusse auf, weil das Verlangen gesättigt wird. Die andere führt das Verlangen nach dem körperlichen Genusse nur in ihrem Gefolge. Diese
14) Ich habe eine französische und spanische Uebersetzung vor mir. Die französische heißt: Philosophie d’amour de Mr. Leon Hebreu; par le Seigneur du Parc Champenois, Paris 1577. Die spanische: Los Dialogos d’Amor de Mestre Leon Abarbanel medico e filosofo. En Venetia 1568.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |