Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Länder eingeschränkt war. Noch aber muß man die Galanterie hauptsächlich unter den obersten Ständen aufsuchen, und selbst hier nicht erwarten, daß ihr Ansehen völlig unbestritten gewesen sey. Es gab selbst unter den Hofleuten mehrere Indifferentisten, Ungläubige und Spötter ihrer Würde und ihrer Lehren. Was die Dichter und Historiker der damahligen Zeit - und diese letzten waren vermöge ihrer Liebe zu dem Wunderbaren oft bloße Romanenschreiber, - von der Achtung gegen das schöne Geschlecht erzählen, darf nicht unbedingt als wahr, und allgemein eingeführt angenommen werden. Kurz! bey dem Sittengemählde, das wir von dieser Periode aufzustellen haben, ist vielleicht mehr als irgend sonst die höchste kritische Behutsamkeit, und eine genaue Unterscheidung der Länder, Zeiten, Stände und Quellen unserer Nachrichten nöthig. Zweytes Kapitel. Philosophie des gemeinen Lebens, schöne Litteratur, Geist der Ritterschaft, geselliger Ton überhaupt, in dieser Periode. Der Zeitraum, den ich hier umfasse, hat also diejenigen Sitten, wozu das zwölfte und dreyzehnte Jahrhundert die Anlage geliefert hatten, weiter ausgebildet. Auffallend ist es, daß der wiederauflebende Geschmack in den schönen Künsten, in der Philosophie, und den Verhältnissen des geselligen Lebens, beynahe Länder eingeschränkt war. Noch aber muß man die Galanterie hauptsächlich unter den obersten Ständen aufsuchen, und selbst hier nicht erwarten, daß ihr Ansehen völlig unbestritten gewesen sey. Es gab selbst unter den Hofleuten mehrere Indifferentisten, Ungläubige und Spötter ihrer Würde und ihrer Lehren. Was die Dichter und Historiker der damahligen Zeit – und diese letzten waren vermöge ihrer Liebe zu dem Wunderbaren oft bloße Romanenschreiber, – von der Achtung gegen das schöne Geschlecht erzählen, darf nicht unbedingt als wahr, und allgemein eingeführt angenommen werden. Kurz! bey dem Sittengemählde, das wir von dieser Periode aufzustellen haben, ist vielleicht mehr als irgend sonst die höchste kritische Behutsamkeit, und eine genaue Unterscheidung der Länder, Zeiten, Stände und Quellen unserer Nachrichten nöthig. Zweytes Kapitel. Philosophie des gemeinen Lebens, schöne Litteratur, Geist der Ritterschaft, geselliger Ton überhaupt, in dieser Periode. Der Zeitraum, den ich hier umfasse, hat also diejenigen Sitten, wozu das zwölfte und dreyzehnte Jahrhundert die Anlage geliefert hatten, weiter ausgebildet. Auffallend ist es, daß der wiederauflebende Geschmack in den schönen Künsten, in der Philosophie, und den Verhältnissen des geselligen Lebens, beynahe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0149" n="149"/> Länder eingeschränkt war. Noch aber muß man die Galanterie hauptsächlich unter den obersten Ständen aufsuchen, und selbst hier nicht erwarten, daß ihr Ansehen völlig unbestritten gewesen sey. Es gab selbst unter den Hofleuten mehrere Indifferentisten, Ungläubige und Spötter ihrer Würde und ihrer Lehren. Was die Dichter und Historiker der damahligen Zeit – und diese letzten waren vermöge ihrer Liebe zu dem Wunderbaren oft bloße Romanenschreiber, – von der Achtung gegen das schöne Geschlecht erzählen, darf nicht unbedingt als wahr, und allgemein eingeführt angenommen werden. Kurz! bey dem Sittengemählde, das wir von dieser Periode aufzustellen haben, ist vielleicht mehr als irgend sonst die höchste kritische Behutsamkeit, und eine genaue Unterscheidung der Länder, Zeiten, Stände und Quellen unserer Nachrichten nöthig.</p> </div> <div n="2"> <head>Zweytes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Philosophie des gemeinen Lebens, schöne Litteratur, Geist der Ritterschaft, geselliger Ton überhaupt, in dieser Periode.<lb/></p> </argument> <p>Der Zeitraum, den ich hier umfasse, hat also diejenigen Sitten, wozu das zwölfte und dreyzehnte Jahrhundert die Anlage geliefert hatten, weiter ausgebildet.</p> <p>Auffallend ist es, daß der wiederauflebende Geschmack in den schönen Künsten, in der Philosophie, und den Verhältnissen des geselligen Lebens, beynahe </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0149]
Länder eingeschränkt war. Noch aber muß man die Galanterie hauptsächlich unter den obersten Ständen aufsuchen, und selbst hier nicht erwarten, daß ihr Ansehen völlig unbestritten gewesen sey. Es gab selbst unter den Hofleuten mehrere Indifferentisten, Ungläubige und Spötter ihrer Würde und ihrer Lehren. Was die Dichter und Historiker der damahligen Zeit – und diese letzten waren vermöge ihrer Liebe zu dem Wunderbaren oft bloße Romanenschreiber, – von der Achtung gegen das schöne Geschlecht erzählen, darf nicht unbedingt als wahr, und allgemein eingeführt angenommen werden. Kurz! bey dem Sittengemählde, das wir von dieser Periode aufzustellen haben, ist vielleicht mehr als irgend sonst die höchste kritische Behutsamkeit, und eine genaue Unterscheidung der Länder, Zeiten, Stände und Quellen unserer Nachrichten nöthig.
Zweytes Kapitel.
Philosophie des gemeinen Lebens, schöne Litteratur, Geist der Ritterschaft, geselliger Ton überhaupt, in dieser Periode.
Der Zeitraum, den ich hier umfasse, hat also diejenigen Sitten, wozu das zwölfte und dreyzehnte Jahrhundert die Anlage geliefert hatten, weiter ausgebildet.
Auffallend ist es, daß der wiederauflebende Geschmack in den schönen Künsten, in der Philosophie, und den Verhältnissen des geselligen Lebens, beynahe
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