Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

keine gedruckte Ausgabe vor 1589 angezeigt. Eine deutsche, von dem Originale sehr abweichende Bearbeitung dieses Romans ist mir gleichfalls zu Gesicht gekommen. Sie ist ohne Jahrszahl bey Hofmann in Worms gedruckt, und aus den Reimen des Filhards von Oberet, der Angabe nach, gezogen.

In diesem Romane hält die Liebesgeschichte mit der Geschichte der Heldenabentheuer gleichen Schritt. Es sind die Begebenheiten zweyer Liebenden, ihrer unglücklichen Leidenschaft, ihrer Standhaftigkeit und Treue. Ihre Vereinigung geschieht sehr bald, sehr leicht, durch einen Liebestrank, den die Liebenden aus Versehen zu sich nehmen. Die Darstellung des Kampfs der Liebe gegen Pflicht, oder einer langen Bewerbung giebt nicht das Interesse her. Es liegt in den äußern Schwierigkeiten, welche die Liebenden bey dem Genusse ihrer Liebe finden, da die Dame Yseult la bleue an den König Marc verheirathet ist.

Es ist merkwürdig, daß die Romanenschreiber und die ihnen vorher gegangenen Dichter das Interesse ihrer Liebesgeschichten gerade in der Verbindung ihres Helden mit einer verheiratheten Frau gesucht, und aus diesem Umstande die Hindernisse hergeleitet haben, die sich der Liebe entgegen setzten. Die Gründe dieser ziemlich allgemeinen Erscheinung sind jedoch oben entwickelt. Die Situation ist unmittelbar aus den damahligen geselligen Verhältnissen der beyden Geschlechter gegen einander gezogen. Sie gewährt dem Romanenschreiber dasjenige Interesse, das wir allemahl an den Schwächen der Sinnlichkeit nehmen, wenn diese durch Umstände und Leidenschaft entschuldigt

keine gedruckte Ausgabe vor 1589 angezeigt. Eine deutsche, von dem Originale sehr abweichende Bearbeitung dieses Romans ist mir gleichfalls zu Gesicht gekommen. Sie ist ohne Jahrszahl bey Hofmann in Worms gedruckt, und aus den Reimen des Filhards von Oberet, der Angabe nach, gezogen.

In diesem Romane hält die Liebesgeschichte mit der Geschichte der Heldenabentheuer gleichen Schritt. Es sind die Begebenheiten zweyer Liebenden, ihrer unglücklichen Leidenschaft, ihrer Standhaftigkeit und Treue. Ihre Vereinigung geschieht sehr bald, sehr leicht, durch einen Liebestrank, den die Liebenden aus Versehen zu sich nehmen. Die Darstellung des Kampfs der Liebe gegen Pflicht, oder einer langen Bewerbung giebt nicht das Interesse her. Es liegt in den äußern Schwierigkeiten, welche die Liebenden bey dem Genusse ihrer Liebe finden, da die Dame Yseult la bleue an den König Marc verheirathet ist.

Es ist merkwürdig, daß die Romanenschreiber und die ihnen vorher gegangenen Dichter das Interesse ihrer Liebesgeschichten gerade in der Verbindung ihres Helden mit einer verheiratheten Frau gesucht, und aus diesem Umstande die Hindernisse hergeleitet haben, die sich der Liebe entgegen setzten. Die Gründe dieser ziemlich allgemeinen Erscheinung sind jedoch oben entwickelt. Die Situation ist unmittelbar aus den damahligen geselligen Verhältnissen der beyden Geschlechter gegen einander gezogen. Sie gewährt dem Romanenschreiber dasjenige Interesse, das wir allemahl an den Schwächen der Sinnlichkeit nehmen, wenn diese durch Umstände und Leidenschaft entschuldigt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0134" n="134"/>
keine gedruckte Ausgabe vor 1589 angezeigt. Eine deutsche, von dem Originale sehr abweichende Bearbeitung dieses Romans ist mir gleichfalls zu Gesicht gekommen. Sie ist ohne Jahrszahl bey Hofmann in Worms gedruckt, und aus den Reimen des Filhards von Oberet, der Angabe nach, gezogen.</p>
          <p>In diesem Romane hält die Liebesgeschichte mit der Geschichte der Heldenabentheuer gleichen Schritt. Es sind die Begebenheiten zweyer Liebenden, ihrer unglücklichen Leidenschaft, ihrer Standhaftigkeit und Treue. Ihre Vereinigung geschieht sehr bald, sehr leicht, durch einen Liebestrank, den die Liebenden aus Versehen zu sich nehmen. Die Darstellung des Kampfs der Liebe gegen Pflicht, oder einer langen Bewerbung giebt nicht das Interesse her. Es liegt in den äußern Schwierigkeiten, welche die Liebenden bey dem Genusse ihrer Liebe finden, da die Dame Yseult la bleue an den König Marc verheirathet ist.</p>
          <p>Es ist merkwürdig, daß die Romanenschreiber und die ihnen vorher gegangenen Dichter das Interesse ihrer Liebesgeschichten gerade in der Verbindung ihres Helden mit einer verheiratheten Frau gesucht, und aus diesem Umstande die Hindernisse hergeleitet haben, die sich der Liebe entgegen setzten. Die Gründe dieser ziemlich allgemeinen Erscheinung sind jedoch oben entwickelt. Die Situation ist unmittelbar aus den damahligen geselligen Verhältnissen der beyden Geschlechter gegen einander gezogen. Sie gewährt dem Romanenschreiber dasjenige Interesse, das wir allemahl an den Schwächen der Sinnlichkeit nehmen, wenn diese durch Umstände und Leidenschaft entschuldigt
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0134] keine gedruckte Ausgabe vor 1589 angezeigt. Eine deutsche, von dem Originale sehr abweichende Bearbeitung dieses Romans ist mir gleichfalls zu Gesicht gekommen. Sie ist ohne Jahrszahl bey Hofmann in Worms gedruckt, und aus den Reimen des Filhards von Oberet, der Angabe nach, gezogen. In diesem Romane hält die Liebesgeschichte mit der Geschichte der Heldenabentheuer gleichen Schritt. Es sind die Begebenheiten zweyer Liebenden, ihrer unglücklichen Leidenschaft, ihrer Standhaftigkeit und Treue. Ihre Vereinigung geschieht sehr bald, sehr leicht, durch einen Liebestrank, den die Liebenden aus Versehen zu sich nehmen. Die Darstellung des Kampfs der Liebe gegen Pflicht, oder einer langen Bewerbung giebt nicht das Interesse her. Es liegt in den äußern Schwierigkeiten, welche die Liebenden bey dem Genusse ihrer Liebe finden, da die Dame Yseult la bleue an den König Marc verheirathet ist. Es ist merkwürdig, daß die Romanenschreiber und die ihnen vorher gegangenen Dichter das Interesse ihrer Liebesgeschichten gerade in der Verbindung ihres Helden mit einer verheiratheten Frau gesucht, und aus diesem Umstande die Hindernisse hergeleitet haben, die sich der Liebe entgegen setzten. Die Gründe dieser ziemlich allgemeinen Erscheinung sind jedoch oben entwickelt. Die Situation ist unmittelbar aus den damahligen geselligen Verhältnissen der beyden Geschlechter gegen einander gezogen. Sie gewährt dem Romanenschreiber dasjenige Interesse, das wir allemahl an den Schwächen der Sinnlichkeit nehmen, wenn diese durch Umstände und Leidenschaft entschuldigt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/134
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/134>, abgerufen am 01.05.2024.