Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Sitte band das Frauenzimmer zu den Zeiten vor der Zerstörung von Karthago an die nehmliche Eingezogenheit und Absonderung von dem Manne, wie in Griechenland zu den Zeiten des Flors der dortigen Freystaaten. Nachher erhielten die Römerinnen mehr gesellige Freyheit, doch ist die Unbefangenheit des Umgangs zwischen beyden Geschlechtern nie bis zu dem Grade gestiegen, welche ihm diejenigen Länder gegeben haben, die den Sitten des ehmahligen französischen Hofes huldigen. Die Liebe zu den Lieblingen hat in Rom nie das Ansehn einer republikanischen Leidenschaft erhalten können. Unter edlerer und schönerer Liebe zu dem Frauenzimmer hat die gute Sitte eine sinnliche Leidenschaft verstanden, die zu großen Aufopferungen des einsamen Lebens für das Glück des Zusammenlebens aufforderte, und dieses Glück durch Feinheit und Fülle des Gefühls und des Witzes zu würzen wußte. Die Edelsten im Volke haben dieser Liebe wenig Werth beygelegt. Das Wichtigste was uns der Römer in Rücksicht auf den Gegenstand unserer Untersuchung liefert, ist der Geist der Liebesverständnisse und ihrer Behandlung nach der Darstellung der Elegiker. Dieser Geist scheint gutentheils echt römisch zu seyn, und hat höchst wahrscheinlich nach einem Jahrtausend den Geist der Galanterie des Mittelalters erweckt. Der römische Elegiker schildert arme aber talentvolle Liebhaber, die um die Gunst leichtfertiger Weiber buhlen, die gemeiniglich an Freygelassene verheirathet, oder von reichern Wollüstlingen unterhalten sind. Die Geliebten, wenig bekümmert um ihren Ruff, hängen desto mehr von der Furcht vor der Wachsamkeit ihrer Hüter, von ihren Launen, und ihrer Habsucht Sitte band das Frauenzimmer zu den Zeiten vor der Zerstörung von Karthago an die nehmliche Eingezogenheit und Absonderung von dem Manne, wie in Griechenland zu den Zeiten des Flors der dortigen Freystaaten. Nachher erhielten die Römerinnen mehr gesellige Freyheit, doch ist die Unbefangenheit des Umgangs zwischen beyden Geschlechtern nie bis zu dem Grade gestiegen, welche ihm diejenigen Länder gegeben haben, die den Sitten des ehmahligen französischen Hofes huldigen. Die Liebe zu den Lieblingen hat in Rom nie das Ansehn einer republikanischen Leidenschaft erhalten können. Unter edlerer und schönerer Liebe zu dem Frauenzimmer hat die gute Sitte eine sinnliche Leidenschaft verstanden, die zu großen Aufopferungen des einsamen Lebens für das Glück des Zusammenlebens aufforderte, und dieses Glück durch Feinheit und Fülle des Gefühls und des Witzes zu würzen wußte. Die Edelsten im Volke haben dieser Liebe wenig Werth beygelegt. Das Wichtigste was uns der Römer in Rücksicht auf den Gegenstand unserer Untersuchung liefert, ist der Geist der Liebesverständnisse und ihrer Behandlung nach der Darstellung der Elegiker. Dieser Geist scheint gutentheils echt römisch zu seyn, und hat höchst wahrscheinlich nach einem Jahrtausend den Geist der Galanterie des Mittelalters erweckt. Der römische Elegiker schildert arme aber talentvolle Liebhaber, die um die Gunst leichtfertiger Weiber buhlen, die gemeiniglich an Freygelassene verheirathet, oder von reichern Wollüstlingen unterhalten sind. Die Geliebten, wenig bekümmert um ihren Ruff, hängen desto mehr von der Furcht vor der Wachsamkeit ihrer Hüter, von ihren Launen, und ihrer Habsucht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0434" n="434"/> Sitte band das Frauenzimmer zu den Zeiten vor der Zerstörung von Karthago an die nehmliche Eingezogenheit und Absonderung von dem Manne, wie in Griechenland zu den Zeiten des Flors der dortigen Freystaaten. Nachher erhielten die Römerinnen mehr gesellige Freyheit, doch ist die Unbefangenheit des Umgangs zwischen beyden Geschlechtern nie bis zu dem Grade gestiegen, welche ihm diejenigen Länder gegeben haben, die den Sitten des ehmahligen französischen Hofes huldigen. Die <hi rendition="#g">Liebe zu den Lieblingen hat in Rom nie das Ansehn einer republikanischen Leidenschaft erhalten können.</hi> Unter <hi rendition="#g">edlerer und schönerer Liebe zu dem Frauenzimmer hat die gute Sitte eine sinnliche Leidenschaft verstanden, die zu großen Aufopferungen des einsamen Lebens für das Glück des Zusammenlebens aufforderte, und dieses Glück durch Feinheit und Fülle des Gefühls und des Witzes zu würzen wußte. Die Edelsten im Volke</hi> haben dieser Liebe <hi rendition="#g">wenig Werth</hi> beygelegt.</p> <p>Das <hi rendition="#g">Wichtigste was</hi> uns <hi rendition="#g">der Römer</hi> in Rücksicht auf den Gegenstand unserer Untersuchung <hi rendition="#g">liefert, ist der Geist der Liebesverständnisse und ihrer Behandlung nach der Darstellung der Elegiker.</hi> Dieser Geist scheint gutentheils echt römisch zu seyn, und <hi rendition="#g">hat höchst wahrscheinlich</hi> nach einem Jahrtausend <hi rendition="#g">den Geist der Galanterie des Mittelalters erweckt.</hi></p> <p>Der römische Elegiker schildert arme aber talentvolle Liebhaber, die um die Gunst leichtfertiger Weiber buhlen, die gemeiniglich an Freygelassene verheirathet, oder von reichern Wollüstlingen unterhalten sind. Die Geliebten, wenig bekümmert um ihren Ruff, hängen desto mehr von der Furcht vor der Wachsamkeit ihrer Hüter, von ihren Launen, und ihrer Habsucht </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [434/0434]
Sitte band das Frauenzimmer zu den Zeiten vor der Zerstörung von Karthago an die nehmliche Eingezogenheit und Absonderung von dem Manne, wie in Griechenland zu den Zeiten des Flors der dortigen Freystaaten. Nachher erhielten die Römerinnen mehr gesellige Freyheit, doch ist die Unbefangenheit des Umgangs zwischen beyden Geschlechtern nie bis zu dem Grade gestiegen, welche ihm diejenigen Länder gegeben haben, die den Sitten des ehmahligen französischen Hofes huldigen. Die Liebe zu den Lieblingen hat in Rom nie das Ansehn einer republikanischen Leidenschaft erhalten können. Unter edlerer und schönerer Liebe zu dem Frauenzimmer hat die gute Sitte eine sinnliche Leidenschaft verstanden, die zu großen Aufopferungen des einsamen Lebens für das Glück des Zusammenlebens aufforderte, und dieses Glück durch Feinheit und Fülle des Gefühls und des Witzes zu würzen wußte. Die Edelsten im Volke haben dieser Liebe wenig Werth beygelegt.
Das Wichtigste was uns der Römer in Rücksicht auf den Gegenstand unserer Untersuchung liefert, ist der Geist der Liebesverständnisse und ihrer Behandlung nach der Darstellung der Elegiker. Dieser Geist scheint gutentheils echt römisch zu seyn, und hat höchst wahrscheinlich nach einem Jahrtausend den Geist der Galanterie des Mittelalters erweckt.
Der römische Elegiker schildert arme aber talentvolle Liebhaber, die um die Gunst leichtfertiger Weiber buhlen, die gemeiniglich an Freygelassene verheirathet, oder von reichern Wollüstlingen unterhalten sind. Die Geliebten, wenig bekümmert um ihren Ruff, hängen desto mehr von der Furcht vor der Wachsamkeit ihrer Hüter, von ihren Launen, und ihrer Habsucht
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |