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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

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auf seine Begriffe von der Würde des Charakters seiner Helden, und von dem Adel ihrer Liebe ist unverkennbar. Wir kommen hier in eine ganz neue Welt, worin die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander sich von denjenigen völlig unterscheiden, die wir bis jetzt in den Schriften der Römer und Griechen angetroffen haben.

Chariklea ist ein hochherziges keusches Mädchen, eine Art von Diana, aber mit einem zärtlichen leidenschaftlichen Herzen. Heliodor versäumt keine Gelegenheit, sie ins Schöne zu mahlen. Gleich Anfangs erscheint sie muthig im Unglück, und bereit, ihr Leben zu endigen, wenn sie an dem ihres Geliebten verzweifeln müßte. Bey allen Gefahren bleibt sie voller Muth, Standhaftigkeit und Gegenwart des Geistes. Sie richtet gemeiniglich den Theagenes auf, ermuntert ihn zum Ausdauern, und windet sich durch ihre Klugheit aus den verwickeltsten Lagen heraus. Ihre Keuschheit geht ihr über alles, und sie widersteht den Begierden des Theagenes nicht aus Unerfahrenheit, nicht aus Sorge für ihren Ruf; sondern aus Gefühl ihrer Pflicht und ihrer Selbstwürde. Sie will nicht eher mit dem Theagenes allein bleiben, als bis er ihr schwört, ihre Unschuld nicht zu kränken, und den unnennbaren Genuß nicht eher zu verlangen, als bis sie in den Schooß ihrer Familie zurückgekehrt seyn würde. Sollte dieß nicht geschehen, so soll er warten, bis sie ihn freywillig geheirathet haben würde, und wenn auch das nicht geschehen sollte, so soll er allen Ansprüchen dieser Art entsagen. Ja, sie geht in ihrer Zartheit so weit, daß sie sogar fürchtet, daß ein lüsterner Traum der Reinheit ihrer Seele nachtheilig werden könnte.

auf seine Begriffe von der Würde des Charakters seiner Helden, und von dem Adel ihrer Liebe ist unverkennbar. Wir kommen hier in eine ganz neue Welt, worin die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander sich von denjenigen völlig unterscheiden, die wir bis jetzt in den Schriften der Römer und Griechen angetroffen haben.

Chariklea ist ein hochherziges keusches Mädchen, eine Art von Diana, aber mit einem zärtlichen leidenschaftlichen Herzen. Heliodor versäumt keine Gelegenheit, sie ins Schöne zu mahlen. Gleich Anfangs erscheint sie muthig im Unglück, und bereit, ihr Leben zu endigen, wenn sie an dem ihres Geliebten verzweifeln müßte. Bey allen Gefahren bleibt sie voller Muth, Standhaftigkeit und Gegenwart des Geistes. Sie richtet gemeiniglich den Theagenes auf, ermuntert ihn zum Ausdauern, und windet sich durch ihre Klugheit aus den verwickeltsten Lagen heraus. Ihre Keuschheit geht ihr über alles, und sie widersteht den Begierden des Theagenes nicht aus Unerfahrenheit, nicht aus Sorge für ihren Ruf; sondern aus Gefühl ihrer Pflicht und ihrer Selbstwürde. Sie will nicht eher mit dem Theagenes allein bleiben, als bis er ihr schwört, ihre Unschuld nicht zu kränken, und den unnennbaren Genuß nicht eher zu verlangen, als bis sie in den Schooß ihrer Familie zurückgekehrt seyn würde. Sollte dieß nicht geschehen, so soll er warten, bis sie ihn freywillig geheirathet haben würde, und wenn auch das nicht geschehen sollte, so soll er allen Ansprüchen dieser Art entsagen. Ja, sie geht in ihrer Zartheit so weit, daß sie sogar fürchtet, daß ein lüsterner Traum der Reinheit ihrer Seele nachtheilig werden könnte.

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[412/0412] auf seine Begriffe von der Würde des Charakters seiner Helden, und von dem Adel ihrer Liebe ist unverkennbar. Wir kommen hier in eine ganz neue Welt, worin die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander sich von denjenigen völlig unterscheiden, die wir bis jetzt in den Schriften der Römer und Griechen angetroffen haben. Chariklea ist ein hochherziges keusches Mädchen, eine Art von Diana, aber mit einem zärtlichen leidenschaftlichen Herzen. Heliodor versäumt keine Gelegenheit, sie ins Schöne zu mahlen. Gleich Anfangs erscheint sie muthig im Unglück, und bereit, ihr Leben zu endigen, wenn sie an dem ihres Geliebten verzweifeln müßte. Bey allen Gefahren bleibt sie voller Muth, Standhaftigkeit und Gegenwart des Geistes. Sie richtet gemeiniglich den Theagenes auf, ermuntert ihn zum Ausdauern, und windet sich durch ihre Klugheit aus den verwickeltsten Lagen heraus. Ihre Keuschheit geht ihr über alles, und sie widersteht den Begierden des Theagenes nicht aus Unerfahrenheit, nicht aus Sorge für ihren Ruf; sondern aus Gefühl ihrer Pflicht und ihrer Selbstwürde. Sie will nicht eher mit dem Theagenes allein bleiben, als bis er ihr schwört, ihre Unschuld nicht zu kränken, und den unnennbaren Genuß nicht eher zu verlangen, als bis sie in den Schooß ihrer Familie zurückgekehrt seyn würde. Sollte dieß nicht geschehen, so soll er warten, bis sie ihn freywillig geheirathet haben würde, und wenn auch das nicht geschehen sollte, so soll er allen Ansprüchen dieser Art entsagen. Ja, sie geht in ihrer Zartheit so weit, daß sie sogar fürchtet, daß ein lüsterner Traum der Reinheit ihrer Seele nachtheilig werden könnte.

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/412>, abgerufen am 23.11.2024.