Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

worden. Wie vielfache Veränderungen mag der Geschmack unterdessen erlitten haben! Inzwischen sehen sich diejenigen, die uns übrig geblieben sind, noch so ziemlich ähnlich: und dieß hat manche zu der Behauptung verführt, daß der eine allemahl dem andern nachgeahmt habe. Heliodors Liebesgeschichte, Aethiopika, soll die allgemeine Quelle seyn, aus dem alle übrigen geflossen sind.

So wenig sich mit Gewißheit etwas darüber festsetzen läßt, wie die uns noch übrigen Erotiker, (außer dem Jamblich, Heliodor und Prodromus) in der Zeitfolge hinter einander her gelebt haben; so sicher scheint es mir zu seyn, daß sie keinesweges einem und dem nehmlichen Vorbilde gefolgt sind. Sie lassen sich ziemlich bestimmt, dem Inhalte und der Form nach, auf drey Classen bringen, von denen die eine Spuren eines höheren Alters, die zweyte Spuren eines mittleren, die dritte Spuren der Jugend an sich trägt.

Unbekümmert darum ob Jamblich, Chariton und Xenophon früher gelebt haben als Achilles Tatius und Longus, und diese wieder früher als Heliodor und Prodromus; behaupte ich so viel, daß das Original, welches die ersten beyden vor Augen hatten, älter war, als dasjenige, dem die nachher genannten nacharbeiteten, und daß die zuletzt angeführten unstreitig den jüngsten Geschmack unter allen, in ihren Werken verrathen.

Ich werde dieß bey der Anzeige ihrer Werke näher auseinander setzen, und ich will hier nur vorläufig die dreyfachen Charaktere der uns noch übriggebliebenen Erotiker angeben.

worden. Wie vielfache Veränderungen mag der Geschmack unterdessen erlitten haben! Inzwischen sehen sich diejenigen, die uns übrig geblieben sind, noch so ziemlich ähnlich: und dieß hat manche zu der Behauptung verführt, daß der eine allemahl dem andern nachgeahmt habe. Heliodors Liebesgeschichte, Aethiopika, soll die allgemeine Quelle seyn, aus dem alle übrigen geflossen sind.

So wenig sich mit Gewißheit etwas darüber festsetzen läßt, wie die uns noch übrigen Erotiker, (außer dem Jamblich, Heliodor und Prodromus) in der Zeitfolge hinter einander her gelebt haben; so sicher scheint es mir zu seyn, daß sie keinesweges einem und dem nehmlichen Vorbilde gefolgt sind. Sie lassen sich ziemlich bestimmt, dem Inhalte und der Form nach, auf drey Classen bringen, von denen die eine Spuren eines höheren Alters, die zweyte Spuren eines mittleren, die dritte Spuren der Jugend an sich trägt.

Unbekümmert darum ob Jamblich, Chariton und Xenophon früher gelebt haben als Achilles Tatius und Longus, und diese wieder früher als Heliodor und Prodromus; behaupte ich so viel, daß das Original, welches die ersten beyden vor Augen hatten, älter war, als dasjenige, dem die nachher genannten nacharbeiteten, und daß die zuletzt angeführten unstreitig den jüngsten Geschmack unter allen, in ihren Werken verrathen.

Ich werde dieß bey der Anzeige ihrer Werke näher auseinander setzen, und ich will hier nur vorläufig die dreyfachen Charaktere der uns noch übriggebliebenen Erotiker angeben.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0377" n="377"/>
worden. Wie vielfache Veränderungen mag der Geschmack unterdessen erlitten haben! Inzwischen sehen sich diejenigen, die uns übrig geblieben sind, noch so ziemlich ähnlich: und dieß hat manche zu der Behauptung verführt, daß der eine allemahl dem andern nachgeahmt habe. Heliodors Liebesgeschichte, Aethiopika, soll die allgemeine Quelle seyn, aus dem alle übrigen geflossen sind.</p>
          <p>So wenig sich mit Gewißheit etwas darüber festsetzen läßt, wie die uns noch übrigen Erotiker, (außer dem Jamblich, Heliodor und Prodromus) in der Zeitfolge hinter einander her gelebt haben; so sicher scheint es mir zu seyn, daß sie keinesweges einem und dem nehmlichen Vorbilde gefolgt sind. Sie lassen sich ziemlich bestimmt, dem Inhalte und der Form nach, auf drey Classen bringen, von denen die eine Spuren eines höheren Alters, die zweyte Spuren eines mittleren, die dritte Spuren der Jugend an sich trägt.</p>
          <p>Unbekümmert darum ob Jamblich, Chariton und Xenophon früher gelebt haben als Achilles Tatius und Longus, und diese wieder früher als Heliodor und Prodromus; behaupte ich so viel, daß das Original, welches die ersten beyden vor Augen hatten, älter war, als dasjenige, dem die nachher genannten nacharbeiteten, und daß die zuletzt angeführten unstreitig den jüngsten Geschmack unter allen, in ihren Werken verrathen.</p>
          <p>Ich werde dieß bey der Anzeige ihrer Werke näher auseinander setzen, und ich will hier nur vorläufig die dreyfachen Charaktere der uns noch übriggebliebenen Erotiker angeben.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[377/0377] worden. Wie vielfache Veränderungen mag der Geschmack unterdessen erlitten haben! Inzwischen sehen sich diejenigen, die uns übrig geblieben sind, noch so ziemlich ähnlich: und dieß hat manche zu der Behauptung verführt, daß der eine allemahl dem andern nachgeahmt habe. Heliodors Liebesgeschichte, Aethiopika, soll die allgemeine Quelle seyn, aus dem alle übrigen geflossen sind. So wenig sich mit Gewißheit etwas darüber festsetzen läßt, wie die uns noch übrigen Erotiker, (außer dem Jamblich, Heliodor und Prodromus) in der Zeitfolge hinter einander her gelebt haben; so sicher scheint es mir zu seyn, daß sie keinesweges einem und dem nehmlichen Vorbilde gefolgt sind. Sie lassen sich ziemlich bestimmt, dem Inhalte und der Form nach, auf drey Classen bringen, von denen die eine Spuren eines höheren Alters, die zweyte Spuren eines mittleren, die dritte Spuren der Jugend an sich trägt. Unbekümmert darum ob Jamblich, Chariton und Xenophon früher gelebt haben als Achilles Tatius und Longus, und diese wieder früher als Heliodor und Prodromus; behaupte ich so viel, daß das Original, welches die ersten beyden vor Augen hatten, älter war, als dasjenige, dem die nachher genannten nacharbeiteten, und daß die zuletzt angeführten unstreitig den jüngsten Geschmack unter allen, in ihren Werken verrathen. Ich werde dieß bey der Anzeige ihrer Werke näher auseinander setzen, und ich will hier nur vorläufig die dreyfachen Charaktere der uns noch übriggebliebenen Erotiker angeben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/377
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/377>, abgerufen am 23.06.2024.