Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Konversation, auf die Talente einer Vorsteherin geselliger Zusammenkünfte, die wir unter den Nahmen: ein gutes Haus ausmachen, zusammenfassen, wird nicht gerechnet. Ovid giebt viele Regeln, sich immer vortheilhaft zu zeigen, die bey uns übertrieben, oder unnütz scheinen müssen. Dahin gehört die Sorge, sich immer entfernt genug von dem Liebhaber zu halten, um ihn nicht durch unangenehme Ausdünstungen zu beleidigen: ferner die Vorsicht, ihn nie bey der Toilette zuzulassen. Wir haben über die letzte bestimmtere Regeln. Was wirkliche Mängel verstecken soll, das wird den Augen des Mannes entzogen. Was nur schmückt, z. B. Frisur, Auflegen des Roths, u. s. w. das darf er sehen. -

Im zweyten Buche lehrt uns Ovid die Mittel, die Intrigue zu verlängern. Merkwürdig bleibt es, daß der Intriguant bey uns sich vor dem unnennbaren Genusse scheuet, und diesen möglichst aufzuhalten sucht. Mit ihm, glaubt er, sey das Bestreben und die unterhaltende Beschäftigung zu Ende. Beym Ovid findet sich diese Besorgniß nicht. Der Intriguant hat nur die Furcht, aus dem Besitze des körperlichen Genusses herausgestoßen zu werden. Ganz natürlich! Bey der Hetäre ist es viel leichter, zum Ziele zu gelangen, als sich im Besitze zu erhalten. Hat er Geld, so braucht er diesen Unfall nicht zu fürchten. Aber wenn er arm ist, wie ist ihm dann zu helfen? Er muß den Mangel des Reichthums durch Verstand, Talent, Schlauigkeit und Gewandheit ersetzen. Harte Begegnung, Untreue muß er ertragen. Vorzüglich muß er sich hüten, sich thätlich an der Ungetreuen zu vergreifen. Ovid hat sich einmahl durch seine Hitze zu einem solchen Vergehen

Konversation, auf die Talente einer Vorsteherin geselliger Zusammenkünfte, die wir unter den Nahmen: ein gutes Haus ausmachen, zusammenfassen, wird nicht gerechnet. Ovid giebt viele Regeln, sich immer vortheilhaft zu zeigen, die bey uns übertrieben, oder unnütz scheinen müssen. Dahin gehört die Sorge, sich immer entfernt genug von dem Liebhaber zu halten, um ihn nicht durch unangenehme Ausdünstungen zu beleidigen: ferner die Vorsicht, ihn nie bey der Toilette zuzulassen. Wir haben über die letzte bestimmtere Regeln. Was wirkliche Mängel verstecken soll, das wird den Augen des Mannes entzogen. Was nur schmückt, z. B. Frisur, Auflegen des Roths, u. s. w. das darf er sehen. –

Im zweyten Buche lehrt uns Ovid die Mittel, die Intrigue zu verlängern. Merkwürdig bleibt es, daß der Intriguant bey uns sich vor dem unnennbaren Genusse scheuet, und diesen möglichst aufzuhalten sucht. Mit ihm, glaubt er, sey das Bestreben und die unterhaltende Beschäftigung zu Ende. Beym Ovid findet sich diese Besorgniß nicht. Der Intriguant hat nur die Furcht, aus dem Besitze des körperlichen Genusses herausgestoßen zu werden. Ganz natürlich! Bey der Hetäre ist es viel leichter, zum Ziele zu gelangen, als sich im Besitze zu erhalten. Hat er Geld, so braucht er diesen Unfall nicht zu fürchten. Aber wenn er arm ist, wie ist ihm dann zu helfen? Er muß den Mangel des Reichthums durch Verstand, Talent, Schlauigkeit und Gewandheit ersetzen. Harte Begegnung, Untreue muß er ertragen. Vorzüglich muß er sich hüten, sich thätlich an der Ungetreuen zu vergreifen. Ovid hat sich einmahl durch seine Hitze zu einem solchen Vergehen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0313" n="313"/>
Konversation, auf die Talente einer Vorsteherin geselliger Zusammenkünfte, die wir unter den Nahmen: <hi rendition="#g">ein gutes Haus ausmachen</hi>, zusammenfassen, wird nicht gerechnet. Ovid giebt viele Regeln, sich immer vortheilhaft zu zeigen, die bey uns übertrieben, oder unnütz scheinen müssen. Dahin gehört die Sorge, sich immer entfernt genug von dem Liebhaber zu halten, um ihn nicht durch unangenehme Ausdünstungen zu beleidigen: ferner die Vorsicht, ihn nie bey der Toilette zuzulassen. Wir haben über die letzte bestimmtere Regeln. Was wirkliche Mängel verstecken soll, das wird den Augen des Mannes entzogen. Was nur schmückt, z. B. Frisur, Auflegen des Roths, u. s. w. das darf er sehen. &#x2013;</p>
          <p>Im zweyten Buche lehrt uns Ovid die Mittel, die Intrigue zu verlängern. Merkwürdig bleibt es, daß der Intriguant bey uns sich vor dem unnennbaren Genusse scheuet, und diesen möglichst aufzuhalten sucht. Mit ihm, glaubt er, sey das Bestreben und die unterhaltende Beschäftigung zu Ende. Beym Ovid findet sich diese Besorgniß nicht. Der Intriguant hat nur die Furcht, aus dem Besitze des körperlichen Genusses herausgestoßen zu werden. Ganz natürlich! Bey der Hetäre ist es viel leichter, zum Ziele zu gelangen, als sich im Besitze zu erhalten. Hat er Geld, so braucht er diesen Unfall nicht zu fürchten. Aber wenn er arm ist, wie ist ihm dann zu helfen? Er muß den Mangel des Reichthums durch Verstand, Talent, Schlauigkeit und Gewandheit ersetzen. Harte Begegnung, Untreue muß er ertragen. Vorzüglich muß er sich hüten, sich thätlich an der Ungetreuen zu vergreifen. Ovid hat sich einmahl durch seine Hitze zu einem solchen Vergehen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[313/0313] Konversation, auf die Talente einer Vorsteherin geselliger Zusammenkünfte, die wir unter den Nahmen: ein gutes Haus ausmachen, zusammenfassen, wird nicht gerechnet. Ovid giebt viele Regeln, sich immer vortheilhaft zu zeigen, die bey uns übertrieben, oder unnütz scheinen müssen. Dahin gehört die Sorge, sich immer entfernt genug von dem Liebhaber zu halten, um ihn nicht durch unangenehme Ausdünstungen zu beleidigen: ferner die Vorsicht, ihn nie bey der Toilette zuzulassen. Wir haben über die letzte bestimmtere Regeln. Was wirkliche Mängel verstecken soll, das wird den Augen des Mannes entzogen. Was nur schmückt, z. B. Frisur, Auflegen des Roths, u. s. w. das darf er sehen. – Im zweyten Buche lehrt uns Ovid die Mittel, die Intrigue zu verlängern. Merkwürdig bleibt es, daß der Intriguant bey uns sich vor dem unnennbaren Genusse scheuet, und diesen möglichst aufzuhalten sucht. Mit ihm, glaubt er, sey das Bestreben und die unterhaltende Beschäftigung zu Ende. Beym Ovid findet sich diese Besorgniß nicht. Der Intriguant hat nur die Furcht, aus dem Besitze des körperlichen Genusses herausgestoßen zu werden. Ganz natürlich! Bey der Hetäre ist es viel leichter, zum Ziele zu gelangen, als sich im Besitze zu erhalten. Hat er Geld, so braucht er diesen Unfall nicht zu fürchten. Aber wenn er arm ist, wie ist ihm dann zu helfen? Er muß den Mangel des Reichthums durch Verstand, Talent, Schlauigkeit und Gewandheit ersetzen. Harte Begegnung, Untreue muß er ertragen. Vorzüglich muß er sich hüten, sich thätlich an der Ungetreuen zu vergreifen. Ovid hat sich einmahl durch seine Hitze zu einem solchen Vergehen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/313
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/313>, abgerufen am 22.11.2024.