Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.ernstlich sie dabey verbieten, mit den Liebhabern zu sprechen, wie angelegentlich sie dem Hofmeister die Sorge, es zu verhüten, anempfehlen; wenn man weiter sieht, daß die Gespielen und andere junge Leute einen Geliebten verspotten, und daß kein Aelterer diesen Spöttern wehrt, keiner es ihnen als ein unverständiges Betragen verweiset; sollte man dann nicht wieder denken, die Liebe werde in unserm Staate durchaus für entehrend gehalten? Doch es läßt sich Beydes vereinigen. Man kann, wie gesagt, im Allgemeinen behaupten, daß es weder edel noch unedel sey, dem Liebhaber zu willfahren. Es ist edel, wenn es edel geschieht; unedel, wenn es unedel geschieht. Unedel aber ist es, dem schlechten Liebhaber auf eine schlechte Art zu willfahren; edel hingegen, einen braven Liebhaber auf eine ehrbringende Weise zu belohnen. Der schlechte Liebende aber ist jener gemeine. Ihm ist es mehr um den Körper als um die Seele zu thun. Seine Liebe kann eben darum auch nicht beständig seyn, weil der Gegenstand selbst, den sie sucht, so vergänglich ist. Ist die Blüthe des Körpers, die ihn reitzte, dahin gewelkt, so entflieht er spottend, und verlacht denjenigen, der seinen glatten Worten und oft wiederhohlten Versprechungen trauete. Der edlere Liebende hingegen dauert treu sein ganzes Leben hindurch aus; denn was ihn fesselt, ist dauernd. Daher verlangt das Gesetz bey uns: Man solle die Liebenden erst aufmerksam prüfen, dann sey es erlaubt, sich dem Edeln zu ergeben, und Pflicht, den Unedlen sogleich abzuweisen. Daher wird es bey uns dem Geliebten zur Schande gerechnet, wenn er entweder ernstlich sie dabey verbieten, mit den Liebhabern zu sprechen, wie angelegentlich sie dem Hofmeister die Sorge, es zu verhüten, anempfehlen; wenn man weiter sieht, daß die Gespielen und andere junge Leute einen Geliebten verspotten, und daß kein Aelterer diesen Spöttern wehrt, keiner es ihnen als ein unverständiges Betragen verweiset; sollte man dann nicht wieder denken, die Liebe werde in unserm Staate durchaus für entehrend gehalten? Doch es läßt sich Beydes vereinigen. Man kann, wie gesagt, im Allgemeinen behaupten, daß es weder edel noch unedel sey, dem Liebhaber zu willfahren. Es ist edel, wenn es edel geschieht; unedel, wenn es unedel geschieht. Unedel aber ist es, dem schlechten Liebhaber auf eine schlechte Art zu willfahren; edel hingegen, einen braven Liebhaber auf eine ehrbringende Weise zu belohnen. Der schlechte Liebende aber ist jener gemeine. Ihm ist es mehr um den Körper als um die Seele zu thun. Seine Liebe kann eben darum auch nicht beständig seyn, weil der Gegenstand selbst, den sie sucht, so vergänglich ist. Ist die Blüthe des Körpers, die ihn reitzte, dahin gewelkt, so entflieht er spottend, und verlacht denjenigen, der seinen glatten Worten und oft wiederhohlten Versprechungen trauete. Der edlere Liebende hingegen dauert treu sein ganzes Leben hindurch aus; denn was ihn fesselt, ist dauernd. Daher verlangt das Gesetz bey uns: Man solle die Liebenden erst aufmerksam prüfen, dann sey es erlaubt, sich dem Edeln zu ergeben, und Pflicht, den Unedlen sogleich abzuweisen. Daher wird es bey uns dem Geliebten zur Schande gerechnet, wenn er entweder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0197" n="197"/> ernstlich sie dabey verbieten, mit den Liebhabern zu sprechen, wie angelegentlich sie dem Hofmeister die Sorge, es zu verhüten, anempfehlen; wenn man weiter sieht, daß die Gespielen und andere junge Leute einen Geliebten verspotten, und daß kein Aelterer diesen Spöttern wehrt, keiner es ihnen als ein unverständiges Betragen verweiset; sollte man dann nicht wieder denken, die Liebe werde in unserm Staate durchaus für entehrend gehalten? Doch es läßt sich Beydes vereinigen. Man kann, wie gesagt, im Allgemeinen behaupten, daß es weder edel noch unedel sey, dem Liebhaber zu <hi rendition="#g">willfahren. Es ist edel, wenn es edel geschieht; unedel, wenn es unedel geschieht.</hi> Unedel aber ist es, dem schlechten Liebhaber auf eine schlechte Art zu willfahren; edel hingegen, einen braven Liebhaber auf eine ehrbringende Weise zu belohnen. Der schlechte Liebende aber ist jener gemeine. Ihm ist es <hi rendition="#g">mehr</hi> um den Körper als um die Seele zu thun. Seine Liebe kann eben darum auch nicht beständig seyn, weil der Gegenstand selbst, den sie sucht, so vergänglich ist. Ist die Blüthe des Körpers, die ihn reitzte, dahin gewelkt, so entflieht er spottend, und verlacht denjenigen, der seinen glatten Worten und oft wiederhohlten Versprechungen trauete. Der edlere Liebende hingegen dauert treu sein ganzes Leben hindurch aus; denn was ihn fesselt, ist dauernd. Daher verlangt das Gesetz bey uns: Man solle die Liebenden erst aufmerksam prüfen, dann sey es erlaubt, sich dem Edeln zu ergeben, und Pflicht, den Unedlen sogleich abzuweisen. Daher wird es bey uns dem Geliebten zur Schande gerechnet, wenn er entweder </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [197/0197]
ernstlich sie dabey verbieten, mit den Liebhabern zu sprechen, wie angelegentlich sie dem Hofmeister die Sorge, es zu verhüten, anempfehlen; wenn man weiter sieht, daß die Gespielen und andere junge Leute einen Geliebten verspotten, und daß kein Aelterer diesen Spöttern wehrt, keiner es ihnen als ein unverständiges Betragen verweiset; sollte man dann nicht wieder denken, die Liebe werde in unserm Staate durchaus für entehrend gehalten? Doch es läßt sich Beydes vereinigen. Man kann, wie gesagt, im Allgemeinen behaupten, daß es weder edel noch unedel sey, dem Liebhaber zu willfahren. Es ist edel, wenn es edel geschieht; unedel, wenn es unedel geschieht. Unedel aber ist es, dem schlechten Liebhaber auf eine schlechte Art zu willfahren; edel hingegen, einen braven Liebhaber auf eine ehrbringende Weise zu belohnen. Der schlechte Liebende aber ist jener gemeine. Ihm ist es mehr um den Körper als um die Seele zu thun. Seine Liebe kann eben darum auch nicht beständig seyn, weil der Gegenstand selbst, den sie sucht, so vergänglich ist. Ist die Blüthe des Körpers, die ihn reitzte, dahin gewelkt, so entflieht er spottend, und verlacht denjenigen, der seinen glatten Worten und oft wiederhohlten Versprechungen trauete. Der edlere Liebende hingegen dauert treu sein ganzes Leben hindurch aus; denn was ihn fesselt, ist dauernd. Daher verlangt das Gesetz bey uns: Man solle die Liebenden erst aufmerksam prüfen, dann sey es erlaubt, sich dem Edeln zu ergeben, und Pflicht, den Unedlen sogleich abzuweisen. Daher wird es bey uns dem Geliebten zur Schande gerechnet, wenn er entweder
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |