Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Hiermit endigt sich das Gespräch. Es folgt aber noch ein Nachspiel, das allerdings mit zu der Oekonomie des Ganzen gehört: eine Scene, die den Sokrates aufs Neue in seiner Stärke gegen die verfeinerten Versuchungen körperlicher Triebe darstellen soll. Aber von dieser Scene entfernt Xenophon den sittsamen Autolykus. Dieser geht mit seinem Vater spatzieren, und macht einem pantomimischen Drama Platz, in dem die Spiele der gemeinen Venus mit allen ihren Lockungen dargestellt werden sollen.

Ariadne, als Braut geschmückt, sitzt auf einem Throne. Bacchus, dessen Lebensgeister durch den Genuß des Weins erhöht sind, tritt unter Begleitung von Musik auf. Man sieht der Ariadne an, wie sehr diese Erscheinung auf sie wirkt, aber sie behält Gewalt genug über sich selbst, um dem Liebhaber nicht entgegen zu gehen. Bacchus drückt seine liebenden Empfindungen durch den Tanz aus, und läßt sich endlich auf die Kniee vor ihr nieder. Er umarmt, er küßt Ariadnen. Sie streitet anfangs mit ihrer Schamhaftigkeit, endlich giebt sie ihm seine Küsse zurück. Die Gäste rufen laut auf, und klatschen Beyfall. Nun überlassen sich die beyden Liebenden ihren wechselseitigen Umarmungen. Beyde sind schön, Beyde bringen den wahrsten Ausdruck in ihre Geberden. Bacchus fragt Ariadnen, ob sie ihn liebe? Sie betheuert es, und Beyde spielen mit so viel Natur, daß man hätte schwören sollen, die beyden Schauspieler liebten sich im Ernst. Die Zuschauer, welche ahnen, daß die Liebenden sich nach höheren Freuden sehnen, gerathen in die stärkste Bewegung. Die ledigen Personen unter ihnen nehmen

Hiermit endigt sich das Gespräch. Es folgt aber noch ein Nachspiel, das allerdings mit zu der Oekonomie des Ganzen gehört: eine Scene, die den Sokrates aufs Neue in seiner Stärke gegen die verfeinerten Versuchungen körperlicher Triebe darstellen soll. Aber von dieser Scene entfernt Xenophon den sittsamen Autolykus. Dieser geht mit seinem Vater spatzieren, und macht einem pantomimischen Drama Platz, in dem die Spiele der gemeinen Venus mit allen ihren Lockungen dargestellt werden sollen.

Ariadne, als Braut geschmückt, sitzt auf einem Throne. Bacchus, dessen Lebensgeister durch den Genuß des Weins erhöht sind, tritt unter Begleitung von Musik auf. Man sieht der Ariadne an, wie sehr diese Erscheinung auf sie wirkt, aber sie behält Gewalt genug über sich selbst, um dem Liebhaber nicht entgegen zu gehen. Bacchus drückt seine liebenden Empfindungen durch den Tanz aus, und läßt sich endlich auf die Kniee vor ihr nieder. Er umarmt, er küßt Ariadnen. Sie streitet anfangs mit ihrer Schamhaftigkeit, endlich giebt sie ihm seine Küsse zurück. Die Gäste rufen laut auf, und klatschen Beyfall. Nun überlassen sich die beyden Liebenden ihren wechselseitigen Umarmungen. Beyde sind schön, Beyde bringen den wahrsten Ausdruck in ihre Geberden. Bacchus fragt Ariadnen, ob sie ihn liebe? Sie betheuert es, und Beyde spielen mit so viel Natur, daß man hätte schwören sollen, die beyden Schauspieler liebten sich im Ernst. Die Zuschauer, welche ahnen, daß die Liebenden sich nach höheren Freuden sehnen, gerathen in die stärkste Bewegung. Die ledigen Personen unter ihnen nehmen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0167" n="167"/>
          <p>Hiermit endigt sich das Gespräch. Es folgt aber noch ein Nachspiel, das allerdings mit zu der Oekonomie des Ganzen gehört: eine Scene, die den Sokrates aufs Neue in seiner Stärke gegen die verfeinerten Versuchungen körperlicher Triebe darstellen soll. Aber von dieser Scene entfernt Xenophon den sittsamen Autolykus. Dieser geht mit seinem Vater spatzieren, und macht einem pantomimischen Drama Platz, in dem die Spiele der gemeinen Venus mit allen ihren Lockungen dargestellt werden sollen.</p>
          <p>Ariadne, als Braut geschmückt, sitzt auf einem Throne. Bacchus, dessen Lebensgeister durch den Genuß des Weins erhöht sind, tritt unter Begleitung von Musik auf. Man sieht der Ariadne an, wie sehr diese Erscheinung auf sie wirkt, aber sie behält Gewalt genug über sich selbst, um dem Liebhaber nicht entgegen zu gehen. Bacchus drückt seine liebenden Empfindungen durch den Tanz aus, und läßt sich endlich auf die Kniee vor ihr nieder. Er umarmt, er küßt Ariadnen. Sie streitet anfangs mit ihrer Schamhaftigkeit, endlich giebt sie ihm seine Küsse zurück. Die Gäste rufen laut auf, und klatschen Beyfall. Nun überlassen sich die beyden Liebenden ihren wechselseitigen Umarmungen. Beyde sind schön, Beyde bringen den wahrsten Ausdruck in ihre Geberden. Bacchus fragt Ariadnen, ob sie ihn liebe? Sie betheuert es, und Beyde spielen mit so viel Natur, daß man hätte schwören sollen, die beyden Schauspieler liebten sich im Ernst. Die Zuschauer, welche ahnen, daß die Liebenden sich nach höheren Freuden sehnen, gerathen in die stärkste Bewegung. Die ledigen Personen unter ihnen nehmen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0167] Hiermit endigt sich das Gespräch. Es folgt aber noch ein Nachspiel, das allerdings mit zu der Oekonomie des Ganzen gehört: eine Scene, die den Sokrates aufs Neue in seiner Stärke gegen die verfeinerten Versuchungen körperlicher Triebe darstellen soll. Aber von dieser Scene entfernt Xenophon den sittsamen Autolykus. Dieser geht mit seinem Vater spatzieren, und macht einem pantomimischen Drama Platz, in dem die Spiele der gemeinen Venus mit allen ihren Lockungen dargestellt werden sollen. Ariadne, als Braut geschmückt, sitzt auf einem Throne. Bacchus, dessen Lebensgeister durch den Genuß des Weins erhöht sind, tritt unter Begleitung von Musik auf. Man sieht der Ariadne an, wie sehr diese Erscheinung auf sie wirkt, aber sie behält Gewalt genug über sich selbst, um dem Liebhaber nicht entgegen zu gehen. Bacchus drückt seine liebenden Empfindungen durch den Tanz aus, und läßt sich endlich auf die Kniee vor ihr nieder. Er umarmt, er küßt Ariadnen. Sie streitet anfangs mit ihrer Schamhaftigkeit, endlich giebt sie ihm seine Küsse zurück. Die Gäste rufen laut auf, und klatschen Beyfall. Nun überlassen sich die beyden Liebenden ihren wechselseitigen Umarmungen. Beyde sind schön, Beyde bringen den wahrsten Ausdruck in ihre Geberden. Bacchus fragt Ariadnen, ob sie ihn liebe? Sie betheuert es, und Beyde spielen mit so viel Natur, daß man hätte schwören sollen, die beyden Schauspieler liebten sich im Ernst. Die Zuschauer, welche ahnen, daß die Liebenden sich nach höheren Freuden sehnen, gerathen in die stärkste Bewegung. Die ledigen Personen unter ihnen nehmen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/167
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/167>, abgerufen am 04.05.2024.