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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

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den Charakter der Stärke durch den Anblick ihrer starken Formen. Aber ist in beyden Fällen unsere körperliche Geschlechtssympathie, unsere Ueppigkeit, unsere Lüsternheit aufgereitzt? Keinesweges!

Ich glaube nach meinen Erfahrungen nur da eine Mitwirkung der körperlichen Geschlechtssympathie annehmen zu können, wo ich eine üppige oder lüsterne Stimmung in dem ganzen Wesen desjenigen, der den liebenden Affekt empfindet, antreffe, besonders wenn diese mit der heftigen Begierde verbunden ist, unsere Liebe durch körperliche Annäherung an den Tag zu legen. Es kann diese Geschlechtssympathie sehr wohl mitwirken, ohne daß wir uns ihrer Reitzung bewußt sind. Grobe Symptome, besonders des gereitzten unnennbaren Triebes, sind gar nicht erforderlich, um ihre Wirksamkeit anzunehmen. Mehr, oft wird die körperliche Geschlechtssympathie bloß durch jene Ueppigkeit oder Lüsternheit der Seele erweckt, welche zu den Begleiterinnen einer stark gereitzten Eitelkeit, oder einer bis zur Besessenheit fortschreitenden Begeisterung gehören.

In den südlichen Theilen von Europa, wo die Imagination feuriger und die Nerven reitzbarer sind, als in unsern nördlichen Gegenden, können Personen, deren Bau den Sinnen widerstehet, bloß durch Talente, welche die Seele in Ueppigkeit und Begeisterung versetzen, verbunden mit der Auszeichnung, deren sie selbst beym Publiko genießen, und worin sie die Person, welche von ihnen wieder ausgezeichnet wird, mit aufnehmen, die körperliche Geschlechtssympathie bis zu den gröbsten Symptomen aufreitzen. Virtuosen, von demjenigen beraubt, was den unnennbaren Trieb befriedigt, können die schönsten Weiber in Lüsternheit versetzen. Virtuosinnen,

den Charakter der Stärke durch den Anblick ihrer starken Formen. Aber ist in beyden Fällen unsere körperliche Geschlechtssympathie, unsere Ueppigkeit, unsere Lüsternheit aufgereitzt? Keinesweges!

Ich glaube nach meinen Erfahrungen nur da eine Mitwirkung der körperlichen Geschlechtssympathie annehmen zu können, wo ich eine üppige oder lüsterne Stimmung in dem ganzen Wesen desjenigen, der den liebenden Affekt empfindet, antreffe, besonders wenn diese mit der heftigen Begierde verbunden ist, unsere Liebe durch körperliche Annäherung an den Tag zu legen. Es kann diese Geschlechtssympathie sehr wohl mitwirken, ohne daß wir uns ihrer Reitzung bewußt sind. Grobe Symptome, besonders des gereitzten unnennbaren Triebes, sind gar nicht erforderlich, um ihre Wirksamkeit anzunehmen. Mehr, oft wird die körperliche Geschlechtssympathie bloß durch jene Ueppigkeit oder Lüsternheit der Seele erweckt, welche zu den Begleiterinnen einer stark gereitzten Eitelkeit, oder einer bis zur Besessenheit fortschreitenden Begeisterung gehören.

In den südlichen Theilen von Europa, wo die Imagination feuriger und die Nerven reitzbarer sind, als in unsern nördlichen Gegenden, können Personen, deren Bau den Sinnen widerstehet, bloß durch Talente, welche die Seele in Ueppigkeit und Begeisterung versetzen, verbunden mit der Auszeichnung, deren sie selbst beym Publiko genießen, und worin sie die Person, welche von ihnen wieder ausgezeichnet wird, mit aufnehmen, die körperliche Geschlechtssympathie bis zu den gröbsten Symptomen aufreitzen. Virtuosen, von demjenigen beraubt, was den unnennbaren Trieb befriedigt, können die schönsten Weiber in Lüsternheit versetzen. Virtuosinnen,

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[95/0095] den Charakter der Stärke durch den Anblick ihrer starken Formen. Aber ist in beyden Fällen unsere körperliche Geschlechtssympathie, unsere Ueppigkeit, unsere Lüsternheit aufgereitzt? Keinesweges! Ich glaube nach meinen Erfahrungen nur da eine Mitwirkung der körperlichen Geschlechtssympathie annehmen zu können, wo ich eine üppige oder lüsterne Stimmung in dem ganzen Wesen desjenigen, der den liebenden Affekt empfindet, antreffe, besonders wenn diese mit der heftigen Begierde verbunden ist, unsere Liebe durch körperliche Annäherung an den Tag zu legen. Es kann diese Geschlechtssympathie sehr wohl mitwirken, ohne daß wir uns ihrer Reitzung bewußt sind. Grobe Symptome, besonders des gereitzten unnennbaren Triebes, sind gar nicht erforderlich, um ihre Wirksamkeit anzunehmen. Mehr, oft wird die körperliche Geschlechtssympathie bloß durch jene Ueppigkeit oder Lüsternheit der Seele erweckt, welche zu den Begleiterinnen einer stark gereitzten Eitelkeit, oder einer bis zur Besessenheit fortschreitenden Begeisterung gehören. In den südlichen Theilen von Europa, wo die Imagination feuriger und die Nerven reitzbarer sind, als in unsern nördlichen Gegenden, können Personen, deren Bau den Sinnen widerstehet, bloß durch Talente, welche die Seele in Ueppigkeit und Begeisterung versetzen, verbunden mit der Auszeichnung, deren sie selbst beym Publiko genießen, und worin sie die Person, welche von ihnen wieder ausgezeichnet wird, mit aufnehmen, die körperliche Geschlechtssympathie bis zu den gröbsten Symptomen aufreitzen. Virtuosen, von demjenigen beraubt, was den unnennbaren Trieb befriedigt, können die schönsten Weiber in Lüsternheit versetzen. Virtuosinnen,

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/95>, abgerufen am 02.05.2024.