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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

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Fuße wohl ponderiert seyn: beydes Bilder des Wohlgeordneten; sie kann endlich mit dem Grunde, von dem sie absteht, leicht wieder vermählt werden; Bild der Angemessenheit, mithin der Zweckmäßigkeit.

Je weiter man zu Arabesken, Cartouschen, und andern sichtbaren Körpern hinauf steigt, die ein sichtbares Ganze ausmachen, desto leichter wird die Anwendung nicht allein der Regelformen, sondern auch gewisser empirischer Begriffe von demjenigen, was die Form dieser Körper zeigen muß, um zu einer gewissen Gattung und Art von Körpern zu gehören, und ihre Bestimmung auszufüllen. Man fängt an Begriffe des Leichten, Natürlichen, Einfachen, u. s. w. auf sie anzuwenden, und nimmt bey ihrer Beurtheilung auf den Ort Rücksicht, wo sie angebracht sind. Eben dieß trifft aber auch auf dasjenige Schöne zu, welches uns durch das Ohr und das innere Wahrnehmungsvermögen zugeführt wird. Jede Tonfolge muß unter sich leicht zusammenhängen, und sich durch ein bestimmtes Zeitmaß von andern Arten von Tonfolgen wohl unterscheiden lassen; Bild der Wahrheit. Sie muß aber auch wohlgeordnete Abstufungen, leichte Uebergänge in andere Tonfolgen darbieten; Bild der Zweckmäßigkeit. - Wenden wir diese Grundsätze noch auf das Mechanische der Poesie an! - Jeder Vers muß durch ein bestimmtes Metrum leicht zusammenhängen, und sich von andern Arten der Einkleidungen unserer Gedanken, und von andern Versarten bestimmt unterscheiden; er muß aber auch seine Cäsur, seine periodische Ründung, seine männlichen und weiblichen Reime haben, die ihm inneres Gleichgewicht in seinen Theilen unter einander geben,

Fuße wohl ponderiert seyn: beydes Bilder des Wohlgeordneten; sie kann endlich mit dem Grunde, von dem sie absteht, leicht wieder vermählt werden; Bild der Angemessenheit, mithin der Zweckmäßigkeit.

Je weiter man zu Arabesken, Cartouschen, und andern sichtbaren Körpern hinauf steigt, die ein sichtbares Ganze ausmachen, desto leichter wird die Anwendung nicht allein der Regelformen, sondern auch gewisser empirischer Begriffe von demjenigen, was die Form dieser Körper zeigen muß, um zu einer gewissen Gattung und Art von Körpern zu gehören, und ihre Bestimmung auszufüllen. Man fängt an Begriffe des Leichten, Natürlichen, Einfachen, u. s. w. auf sie anzuwenden, und nimmt bey ihrer Beurtheilung auf den Ort Rücksicht, wo sie angebracht sind. Eben dieß trifft aber auch auf dasjenige Schöne zu, welches uns durch das Ohr und das innere Wahrnehmungsvermögen zugeführt wird. Jede Tonfolge muß unter sich leicht zusammenhängen, und sich durch ein bestimmtes Zeitmaß von andern Arten von Tonfolgen wohl unterscheiden lassen; Bild der Wahrheit. Sie muß aber auch wohlgeordnete Abstufungen, leichte Uebergänge in andere Tonfolgen darbieten; Bild der Zweckmäßigkeit. – Wenden wir diese Grundsätze noch auf das Mechanische der Poesie an! – Jeder Vers muß durch ein bestimmtes Metrum leicht zusammenhängen, und sich von andern Arten der Einkleidungen unserer Gedanken, und von andern Versarten bestimmt unterscheiden; er muß aber auch seine Cäsur, seine periodische Ründung, seine männlichen und weiblichen Reime haben, die ihm inneres Gleichgewicht in seinen Theilen unter einander geben,

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[37/0037] Fuße wohl ponderiert seyn: beydes Bilder des Wohlgeordneten; sie kann endlich mit dem Grunde, von dem sie absteht, leicht wieder vermählt werden; Bild der Angemessenheit, mithin der Zweckmäßigkeit. Je weiter man zu Arabesken, Cartouschen, und andern sichtbaren Körpern hinauf steigt, die ein sichtbares Ganze ausmachen, desto leichter wird die Anwendung nicht allein der Regelformen, sondern auch gewisser empirischer Begriffe von demjenigen, was die Form dieser Körper zeigen muß, um zu einer gewissen Gattung und Art von Körpern zu gehören, und ihre Bestimmung auszufüllen. Man fängt an Begriffe des Leichten, Natürlichen, Einfachen, u. s. w. auf sie anzuwenden, und nimmt bey ihrer Beurtheilung auf den Ort Rücksicht, wo sie angebracht sind. Eben dieß trifft aber auch auf dasjenige Schöne zu, welches uns durch das Ohr und das innere Wahrnehmungsvermögen zugeführt wird. Jede Tonfolge muß unter sich leicht zusammenhängen, und sich durch ein bestimmtes Zeitmaß von andern Arten von Tonfolgen wohl unterscheiden lassen; Bild der Wahrheit. Sie muß aber auch wohlgeordnete Abstufungen, leichte Uebergänge in andere Tonfolgen darbieten; Bild der Zweckmäßigkeit. – Wenden wir diese Grundsätze noch auf das Mechanische der Poesie an! – Jeder Vers muß durch ein bestimmtes Metrum leicht zusammenhängen, und sich von andern Arten der Einkleidungen unserer Gedanken, und von andern Versarten bestimmt unterscheiden; er muß aber auch seine Cäsur, seine periodische Ründung, seine männlichen und weiblichen Reime haben, die ihm inneres Gleichgewicht in seinen Theilen unter einander geben,

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/37>, abgerufen am 29.03.2024.