Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

daß der Körper mit ins Interesse gezogen sey. Es wird nur der günstigen Gelegenheit bedürfen, wo die Körper in engere Verbindung gerathen, oder die Imagination das Bild des körperlichen Genusses auffaßt, um sie über das Daseyn der gereitzten körperlichen Geschlechtssympathie durch unzweydeutige Symptome aufzuklären.

Umsonst beruft sich daher der Begeisterte zum Beweise des rein geistigen Genusses, den er von der Seele des Geliebten zu nehmen wähnt, auf die Abwesenheit deutlicher Regungen des unnennbaren Triebes; umsonst auf den Mangel aller üppigen Reitze an dem Körper des Geliebten! Die Geschlechtssympathie des Körpers hat ihre Grade: der reitzende Gegenstand, der sie erweckt, liegt nicht in dem Gegenstande außer ihm, er liegt in dem Aufruhre seiner Seele, die so genau mit seinem Körper verbunden ist. Unterdessen verbreitet sich das elektrische Feuer im Geheimen in unsern Adern, zieht Körper an Körper an, und es bedarf nur der Berührung, um Blitz und Schlag erfolgen zu sehen.

Woher kommt es, daß die häßlichsten Schwätzer für Weiber von ziemlich roher Empfindung oft die gefährlichsten Verführer werden? Woher kommt es, daß Weiber von Talenten, deren Formen aber den Sinnen eher zu widerstehen, als diese zu erregen scheinen, dennoch bey Männern die lebhaftesten körperlichen Begierden erwecken können? Daher kommt es, daß die gereitzte Geschlechtssympathie der Seele die Geschlechtssympathie des Körpers so leicht mit in Aufruhr versetzt.

Merkwürdig bleibt es dabey, daß die vollständige Befriedigung des unnennbaren Triebes so leicht die Begeisterung und die Besessenheit zerstört und aufhebt.

daß der Körper mit ins Interesse gezogen sey. Es wird nur der günstigen Gelegenheit bedürfen, wo die Körper in engere Verbindung gerathen, oder die Imagination das Bild des körperlichen Genusses auffaßt, um sie über das Daseyn der gereitzten körperlichen Geschlechtssympathie durch unzweydeutige Symptome aufzuklären.

Umsonst beruft sich daher der Begeisterte zum Beweise des rein geistigen Genusses, den er von der Seele des Geliebten zu nehmen wähnt, auf die Abwesenheit deutlicher Regungen des unnennbaren Triebes; umsonst auf den Mangel aller üppigen Reitze an dem Körper des Geliebten! Die Geschlechtssympathie des Körpers hat ihre Grade: der reitzende Gegenstand, der sie erweckt, liegt nicht in dem Gegenstande außer ihm, er liegt in dem Aufruhre seiner Seele, die so genau mit seinem Körper verbunden ist. Unterdessen verbreitet sich das elektrische Feuer im Geheimen in unsern Adern, zieht Körper an Körper an, und es bedarf nur der Berührung, um Blitz und Schlag erfolgen zu sehen.

Woher kommt es, daß die häßlichsten Schwätzer für Weiber von ziemlich roher Empfindung oft die gefährlichsten Verführer werden? Woher kommt es, daß Weiber von Talenten, deren Formen aber den Sinnen eher zu widerstehen, als diese zu erregen scheinen, dennoch bey Männern die lebhaftesten körperlichen Begierden erwecken können? Daher kommt es, daß die gereitzte Geschlechtssympathie der Seele die Geschlechtssympathie des Körpers so leicht mit in Aufruhr versetzt.

Merkwürdig bleibt es dabey, daß die vollständige Befriedigung des unnennbaren Triebes so leicht die Begeisterung und die Besessenheit zerstört und aufhebt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0140" n="140"/>
daß der Körper mit ins Interesse gezogen sey. Es wird nur der günstigen Gelegenheit bedürfen, wo die Körper in engere Verbindung gerathen, oder die Imagination das Bild des körperlichen Genusses auffaßt, um sie über das Daseyn der gereitzten körperlichen Geschlechtssympathie durch unzweydeutige Symptome aufzuklären.</p>
            <p>Umsonst beruft sich daher der Begeisterte zum Beweise des rein geistigen Genusses, den er von der Seele des Geliebten zu nehmen wähnt, auf die Abwesenheit deutlicher Regungen des unnennbaren Triebes; umsonst auf den Mangel aller üppigen Reitze an dem Körper des Geliebten! Die Geschlechtssympathie des Körpers hat ihre Grade: der reitzende Gegenstand, der sie erweckt, liegt nicht in dem Gegenstande außer ihm, er liegt in dem Aufruhre seiner Seele, die so genau mit seinem Körper verbunden ist. Unterdessen verbreitet sich das elektrische Feuer im Geheimen in unsern Adern, zieht Körper an Körper an, und es bedarf nur der Berührung, um Blitz und Schlag erfolgen zu sehen.</p>
            <p>Woher kommt es, daß die häßlichsten Schwätzer für Weiber von ziemlich roher Empfindung oft die gefährlichsten Verführer werden? Woher kommt es, daß Weiber von Talenten, deren Formen aber den Sinnen eher zu widerstehen, als diese zu erregen scheinen, dennoch bey Männern die lebhaftesten körperlichen Begierden erwecken können? Daher kommt es, daß die gereitzte Geschlechtssympathie der Seele die Geschlechtssympathie des Körpers so leicht mit in Aufruhr versetzt.</p>
            <p>Merkwürdig bleibt es dabey, daß die vollständige Befriedigung des unnennbaren Triebes so leicht die Begeisterung und die Besessenheit zerstört und aufhebt.
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0140] daß der Körper mit ins Interesse gezogen sey. Es wird nur der günstigen Gelegenheit bedürfen, wo die Körper in engere Verbindung gerathen, oder die Imagination das Bild des körperlichen Genusses auffaßt, um sie über das Daseyn der gereitzten körperlichen Geschlechtssympathie durch unzweydeutige Symptome aufzuklären. Umsonst beruft sich daher der Begeisterte zum Beweise des rein geistigen Genusses, den er von der Seele des Geliebten zu nehmen wähnt, auf die Abwesenheit deutlicher Regungen des unnennbaren Triebes; umsonst auf den Mangel aller üppigen Reitze an dem Körper des Geliebten! Die Geschlechtssympathie des Körpers hat ihre Grade: der reitzende Gegenstand, der sie erweckt, liegt nicht in dem Gegenstande außer ihm, er liegt in dem Aufruhre seiner Seele, die so genau mit seinem Körper verbunden ist. Unterdessen verbreitet sich das elektrische Feuer im Geheimen in unsern Adern, zieht Körper an Körper an, und es bedarf nur der Berührung, um Blitz und Schlag erfolgen zu sehen. Woher kommt es, daß die häßlichsten Schwätzer für Weiber von ziemlich roher Empfindung oft die gefährlichsten Verführer werden? Woher kommt es, daß Weiber von Talenten, deren Formen aber den Sinnen eher zu widerstehen, als diese zu erregen scheinen, dennoch bey Männern die lebhaftesten körperlichen Begierden erwecken können? Daher kommt es, daß die gereitzte Geschlechtssympathie der Seele die Geschlechtssympathie des Körpers so leicht mit in Aufruhr versetzt. Merkwürdig bleibt es dabey, daß die vollständige Befriedigung des unnennbaren Triebes so leicht die Begeisterung und die Besessenheit zerstört und aufhebt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/140
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/140>, abgerufen am 05.05.2024.