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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

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Neigungen für den Wunsch, ihnen zu gefallen, auf Rechnung einer liebenden Leidenschaft zu setzen. Und dennoch ist nichts zweydeutiger als dieser Beweis.

Ein Wollüstling, der ein unschuldiges Mädchen zum Opfer seiner Lüste bestimmt, alles aufbietet, um es zu gewinnen, sein Vermögen, alle Kräfte seines Körpers und seiner Seele aufopfert, um zu seinem Besitz zu gelangen, kann gewiß darum nicht für liebend gehalten werden. Wie oft hat ein solcher Unhold beym Mißlingen seiner Plane der Unglücklichen den Dolch in die Brust gestoßen, oder seine Lust an der widerstrebenden Ohnmacht gebüßt! Seine Leidenschaft begehrt offenbar die Befriedigung seiner Lust, nicht das Glück der Person: er betrachtet diese als ein Werkzeug, als ein nothwendiges Mittel, um zu einem einseitigen Genuß zu gelangen, in den er nur zufällig jene andere Person mit aufnimmt.

Aber ein stolzer Ritter oder Dichter des Mittelalters, die es zum höchsten Ziele ihres Strebens machten, von einer Prinzessin den Sold der Minne durch das Geschenk eines Bandes oder einer Schleife zu erhalten, sich bey der Anrufung ihres Nahmens mitten in die Haufen der Feinde stürzten, oder Jahre lang für sie hinschmachteten, und ihr Leiden in Versen und Prose ausschütteten; - kann man von diesen unbedingt behaupten, daß sie geliebt haben? Ich sage: keinesweges! Die geliebte Person konnte den Glanz, der sie umgab, verlieren, sie konnte in die Reihe gewöhnlicher Weiber treten; ja, sie konnte nur in eine völlig ruhige Lage zu dem Abenteurer kommen, in eine Lage, worin nun kein Ruhm vor ihren Augen einzuernten, kein Stolz auf den Besitz ihres Herzens zu nähren war; - schnell verschwand die Leidenschaft,

Neigungen für den Wunsch, ihnen zu gefallen, auf Rechnung einer liebenden Leidenschaft zu setzen. Und dennoch ist nichts zweydeutiger als dieser Beweis.

Ein Wollüstling, der ein unschuldiges Mädchen zum Opfer seiner Lüste bestimmt, alles aufbietet, um es zu gewinnen, sein Vermögen, alle Kräfte seines Körpers und seiner Seele aufopfert, um zu seinem Besitz zu gelangen, kann gewiß darum nicht für liebend gehalten werden. Wie oft hat ein solcher Unhold beym Mißlingen seiner Plane der Unglücklichen den Dolch in die Brust gestoßen, oder seine Lust an der widerstrebenden Ohnmacht gebüßt! Seine Leidenschaft begehrt offenbar die Befriedigung seiner Lust, nicht das Glück der Person: er betrachtet diese als ein Werkzeug, als ein nothwendiges Mittel, um zu einem einseitigen Genuß zu gelangen, in den er nur zufällig jene andere Person mit aufnimmt.

Aber ein stolzer Ritter oder Dichter des Mittelalters, die es zum höchsten Ziele ihres Strebens machten, von einer Prinzessin den Sold der Minne durch das Geschenk eines Bandes oder einer Schleife zu erhalten, sich bey der Anrufung ihres Nahmens mitten in die Haufen der Feinde stürzten, oder Jahre lang für sie hinschmachteten, und ihr Leiden in Versen und Prose ausschütteten; – kann man von diesen unbedingt behaupten, daß sie geliebt haben? Ich sage: keinesweges! Die geliebte Person konnte den Glanz, der sie umgab, verlieren, sie konnte in die Reihe gewöhnlicher Weiber treten; ja, sie konnte nur in eine völlig ruhige Lage zu dem Abenteurer kommen, in eine Lage, worin nun kein Ruhm vor ihren Augen einzuernten, kein Stolz auf den Besitz ihres Herzens zu nähren war; – schnell verschwand die Leidenschaft,

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[322/0322] Neigungen für den Wunsch, ihnen zu gefallen, auf Rechnung einer liebenden Leidenschaft zu setzen. Und dennoch ist nichts zweydeutiger als dieser Beweis. Ein Wollüstling, der ein unschuldiges Mädchen zum Opfer seiner Lüste bestimmt, alles aufbietet, um es zu gewinnen, sein Vermögen, alle Kräfte seines Körpers und seiner Seele aufopfert, um zu seinem Besitz zu gelangen, kann gewiß darum nicht für liebend gehalten werden. Wie oft hat ein solcher Unhold beym Mißlingen seiner Plane der Unglücklichen den Dolch in die Brust gestoßen, oder seine Lust an der widerstrebenden Ohnmacht gebüßt! Seine Leidenschaft begehrt offenbar die Befriedigung seiner Lust, nicht das Glück der Person: er betrachtet diese als ein Werkzeug, als ein nothwendiges Mittel, um zu einem einseitigen Genuß zu gelangen, in den er nur zufällig jene andere Person mit aufnimmt. Aber ein stolzer Ritter oder Dichter des Mittelalters, die es zum höchsten Ziele ihres Strebens machten, von einer Prinzessin den Sold der Minne durch das Geschenk eines Bandes oder einer Schleife zu erhalten, sich bey der Anrufung ihres Nahmens mitten in die Haufen der Feinde stürzten, oder Jahre lang für sie hinschmachteten, und ihr Leiden in Versen und Prose ausschütteten; – kann man von diesen unbedingt behaupten, daß sie geliebt haben? Ich sage: keinesweges! Die geliebte Person konnte den Glanz, der sie umgab, verlieren, sie konnte in die Reihe gewöhnlicher Weiber treten; ja, sie konnte nur in eine völlig ruhige Lage zu dem Abenteurer kommen, in eine Lage, worin nun kein Ruhm vor ihren Augen einzuernten, kein Stolz auf den Besitz ihres Herzens zu nähren war; – schnell verschwand die Leidenschaft,

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/322>, abgerufen am 24.11.2024.