Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.Außerordentlichen, Vollkommenen beruhen, wird alle Mahl in dem Gegenstande vorausgesetzt, mit dessen Geiste wir nach Vereinigung in dieser Maße streben. Inferiorität von unserer Seite ist davon unzertrennbare Folge. Aber das Gefühl des Verhältnisses der reinen Superiorität gegen unsere Inferiorität; der baren Stärke gegen unsere bare Zartheit, wird nie ein Streben nach Vereinigung der Geister hervorbringen. Das bloß Männliche, bloß Anstrengende, zieht mich nicht zu sich hin; der unerschütterliche Starrsinn, die unbarmherzige Geistesstärke eines Sylla oder Robespierre, die bloß verderbliche Naturkraft, das höhere, aber nur zum Unheil geartete Wesen, das Geschöpf unserer Imagination, der Teufel, können mich zwar in den oben angeführten Bedeutungen begeistern, d. h. ihr Bild kann immer sehr lebhaft bey mir seyn, und in so fern es mir nützlich scheint, mich beherrschen; aber ich werde mich nicht von ihm besitzen lassen, d. h. meinen Geist unter dem Bilde sehen wollen, welches meine Phantasie mir von ihnen darstellt. - Eben so wenig als ich auf der andern Seite die Bilder des bloß freundlichen Charakters, der flachen bloß heitern Gegend, der Ruhe des Alltagslebens, zu solchen unzertrennbaren Gefährten, zu solchen Formen meines eigenen Geistes machen möchte. Es muß folglich ein Wohlverhältniß der Superiorität des Geistes außer mir und der Inferiorität des meinigen, seiner Stärke zu meiner Zartheit, vorhanden seyn; ein Wohlverhältniß, wodurch ich mich ihm entgegen, zu ihm hinaufzuheben, ihn zu mir sich herabneigen zu sehen hoffen darf, um dadurch ein neues Wesen in der engsten Vereinigung mit ihm hervorzubringen. Außerordentlichen, Vollkommenen beruhen, wird alle Mahl in dem Gegenstande vorausgesetzt, mit dessen Geiste wir nach Vereinigung in dieser Maße streben. Inferiorität von unserer Seite ist davon unzertrennbare Folge. Aber das Gefühl des Verhältnisses der reinen Superiorität gegen unsere Inferiorität; der baren Stärke gegen unsere bare Zartheit, wird nie ein Streben nach Vereinigung der Geister hervorbringen. Das bloß Männliche, bloß Anstrengende, zieht mich nicht zu sich hin; der unerschütterliche Starrsinn, die unbarmherzige Geistesstärke eines Sylla oder Robespierre, die bloß verderbliche Naturkraft, das höhere, aber nur zum Unheil geartete Wesen, das Geschöpf unserer Imagination, der Teufel, können mich zwar in den oben angeführten Bedeutungen begeistern, d. h. ihr Bild kann immer sehr lebhaft bey mir seyn, und in so fern es mir nützlich scheint, mich beherrschen; aber ich werde mich nicht von ihm besitzen lassen, d. h. meinen Geist unter dem Bilde sehen wollen, welches meine Phantasie mir von ihnen darstellt. – Eben so wenig als ich auf der andern Seite die Bilder des bloß freundlichen Charakters, der flachen bloß heitern Gegend, der Ruhe des Alltagslebens, zu solchen unzertrennbaren Gefährten, zu solchen Formen meines eigenen Geistes machen möchte. Es muß folglich ein Wohlverhältniß der Superiorität des Geistes außer mir und der Inferiorität des meinigen, seiner Stärke zu meiner Zartheit, vorhanden seyn; ein Wohlverhältniß, wodurch ich mich ihm entgegen, zu ihm hinaufzuheben, ihn zu mir sich herabneigen zu sehen hoffen darf, um dadurch ein neues Wesen in der engsten Vereinigung mit ihm hervorzubringen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0192" n="192"/> Außerordentlichen, Vollkommenen beruhen, wird alle Mahl in dem Gegenstande vorausgesetzt, mit dessen Geiste wir nach Vereinigung in dieser Maße streben. Inferiorität von unserer Seite ist davon unzertrennbare Folge. Aber das Gefühl des Verhältnisses der reinen Superiorität gegen unsere Inferiorität; der baren Stärke gegen unsere bare Zartheit, wird nie ein Streben nach Vereinigung der Geister hervorbringen. Das bloß Männliche, bloß Anstrengende, zieht mich nicht zu sich hin; der unerschütterliche Starrsinn, die unbarmherzige Geistesstärke eines Sylla oder Robespierre, die bloß verderbliche Naturkraft, das höhere, aber nur zum Unheil geartete Wesen, das Geschöpf unserer Imagination, der Teufel, können mich zwar in den oben angeführten Bedeutungen begeistern, d. h. ihr Bild kann immer sehr lebhaft bey mir seyn, und in so fern es mir nützlich scheint, mich beherrschen; aber ich werde mich nicht von ihm besitzen lassen, d. h. meinen Geist unter dem Bilde sehen wollen, welches meine Phantasie mir von ihnen darstellt. – Eben so wenig als ich auf der andern Seite die Bilder des bloß freundlichen Charakters, der flachen bloß heitern Gegend, der Ruhe des Alltagslebens, zu solchen unzertrennbaren Gefährten, zu solchen Formen meines eigenen Geistes machen möchte.</p> <p>Es muß folglich ein Wohlverhältniß der Superiorität des Geistes außer mir und der Inferiorität des meinigen, seiner Stärke zu meiner Zartheit, vorhanden seyn; ein Wohlverhältniß, wodurch ich mich ihm entgegen, zu ihm hinaufzuheben, ihn zu mir sich herabneigen zu sehen hoffen darf, um dadurch ein neues Wesen in der engsten Vereinigung mit ihm hervorzubringen.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [192/0192]
Außerordentlichen, Vollkommenen beruhen, wird alle Mahl in dem Gegenstande vorausgesetzt, mit dessen Geiste wir nach Vereinigung in dieser Maße streben. Inferiorität von unserer Seite ist davon unzertrennbare Folge. Aber das Gefühl des Verhältnisses der reinen Superiorität gegen unsere Inferiorität; der baren Stärke gegen unsere bare Zartheit, wird nie ein Streben nach Vereinigung der Geister hervorbringen. Das bloß Männliche, bloß Anstrengende, zieht mich nicht zu sich hin; der unerschütterliche Starrsinn, die unbarmherzige Geistesstärke eines Sylla oder Robespierre, die bloß verderbliche Naturkraft, das höhere, aber nur zum Unheil geartete Wesen, das Geschöpf unserer Imagination, der Teufel, können mich zwar in den oben angeführten Bedeutungen begeistern, d. h. ihr Bild kann immer sehr lebhaft bey mir seyn, und in so fern es mir nützlich scheint, mich beherrschen; aber ich werde mich nicht von ihm besitzen lassen, d. h. meinen Geist unter dem Bilde sehen wollen, welches meine Phantasie mir von ihnen darstellt. – Eben so wenig als ich auf der andern Seite die Bilder des bloß freundlichen Charakters, der flachen bloß heitern Gegend, der Ruhe des Alltagslebens, zu solchen unzertrennbaren Gefährten, zu solchen Formen meines eigenen Geistes machen möchte.
Es muß folglich ein Wohlverhältniß der Superiorität des Geistes außer mir und der Inferiorität des meinigen, seiner Stärke zu meiner Zartheit, vorhanden seyn; ein Wohlverhältniß, wodurch ich mich ihm entgegen, zu ihm hinaufzuheben, ihn zu mir sich herabneigen zu sehen hoffen darf, um dadurch ein neues Wesen in der engsten Vereinigung mit ihm hervorzubringen.
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