Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

wir dieß zärteste Selbst in einem andern fühlen, und uns in ihm beglücken wollen, wie zart werden wir ihn behandeln! Daher der Nahme der Zärtlichkeit.

Ich kenne drey Hauptarten von dieser Stimmung unsers Herzens, und von Verbindungen, die darauf beruhen: Freundschaft im eigentlichsten Sinn, Geschlechtszärtlichkeit und Aelternzärtlichkeit.

Die letzte liegt ganz außer meinem Plane. Nur zum Ueberfluß bemerke ich hier, daß die liebende Anhänglichkeit der Aeltern an ihren Kindern in den meisten Fällen nur liebende persönliche Ergebenheit, nicht Vereinigung der Naturen ist. Sie sind treue Gunstgeflissene, treue Genossen ihrer Kinder. Sie schützen, sie pflegen diese, sie nehmen sie in ihre Familienverhältnisse auf: kurz, sie verbinden sehr viel Persönliches mit der Person. Ja! die Verbindung kann große Aufopferungen hervorbringen. Demohngeachtet ist sie nicht immer, ja, nur in seltenen Fällen, Vereinigung der Naturen. Wenn sie es aber seyn sollte, dann lößt sie sich beynahe ganz in Freundschaft, und wohl gar in Geschlechtszärtlichkeit auf, und behält nur eine geringe Mischung vom treuen Patronat an sich, die dann dazu dient, der Verbindung einen besondern Charakter zu geben. Alles dieß wird sich in der Folge noch weiter entwickeln, wenn ich den Begriff der Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit näher bestimmt haben werde. Um so weniger brauche ich hier der Aelternzärtlichkeit eine weitere Erörterung zu widmen.

wir dieß zärteste Selbst in einem andern fühlen, und uns in ihm beglücken wollen, wie zart werden wir ihn behandeln! Daher der Nahme der Zärtlichkeit.

Ich kenne drey Hauptarten von dieser Stimmung unsers Herzens, und von Verbindungen, die darauf beruhen: Freundschaft im eigentlichsten Sinn, Geschlechtszärtlichkeit und Aelternzärtlichkeit.

Die letzte liegt ganz außer meinem Plane. Nur zum Ueberfluß bemerke ich hier, daß die liebende Anhänglichkeit der Aeltern an ihren Kindern in den meisten Fällen nur liebende persönliche Ergebenheit, nicht Vereinigung der Naturen ist. Sie sind treue Gunstgeflissene, treue Genossen ihrer Kinder. Sie schützen, sie pflegen diese, sie nehmen sie in ihre Familienverhältnisse auf: kurz, sie verbinden sehr viel Persönliches mit der Person. Ja! die Verbindung kann große Aufopferungen hervorbringen. Demohngeachtet ist sie nicht immer, ja, nur in seltenen Fällen, Vereinigung der Naturen. Wenn sie es aber seyn sollte, dann lößt sie sich beynahe ganz in Freundschaft, und wohl gar in Geschlechtszärtlichkeit auf, und behält nur eine geringe Mischung vom treuen Patronat an sich, die dann dazu dient, der Verbindung einen besondern Charakter zu geben. Alles dieß wird sich in der Folge noch weiter entwickeln, wenn ich den Begriff der Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit näher bestimmt haben werde. Um so weniger brauche ich hier der Aelternzärtlichkeit eine weitere Erörterung zu widmen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0105" n="105"/>
wir dieß zärteste Selbst in einem andern fühlen, und uns in ihm beglücken wollen, wie <hi rendition="#g">zart</hi> werden wir ihn behandeln! Daher der Nahme der <hi rendition="#g">Zärtlichkeit</hi>.</p>
          <p>Ich kenne drey Hauptarten von dieser Stimmung unsers Herzens, und von Verbindungen, die darauf beruhen: Freundschaft im eigentlichsten Sinn, Geschlechtszärtlichkeit und Aelternzärtlichkeit.</p>
          <p>Die letzte liegt ganz außer meinem Plane. Nur zum Ueberfluß bemerke ich hier, daß die liebende Anhänglichkeit der Aeltern an ihren Kindern in den meisten Fällen nur liebende persönliche Ergebenheit, nicht Vereinigung der Naturen ist. Sie sind treue Gunstgeflissene, treue Genossen ihrer Kinder. Sie schützen, sie pflegen diese, sie nehmen sie in ihre Familienverhältnisse auf: kurz, sie verbinden sehr viel Persönliches mit der Person. Ja! die Verbindung kann große Aufopferungen hervorbringen. Demohngeachtet ist sie nicht immer, ja, nur in seltenen Fällen, Vereinigung der Naturen. Wenn sie es aber seyn sollte, dann lößt sie sich beynahe ganz in Freundschaft, und wohl gar in Geschlechtszärtlichkeit auf, und behält nur eine geringe Mischung vom <hi rendition="#g">treuen Patronat</hi> an sich, die dann dazu dient, der Verbindung einen besondern Charakter zu geben. Alles dieß wird sich in der Folge noch weiter entwickeln, wenn ich den Begriff der Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit näher bestimmt haben werde. Um so weniger brauche ich hier der Aelternzärtlichkeit eine weitere Erörterung zu widmen.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[105/0105] wir dieß zärteste Selbst in einem andern fühlen, und uns in ihm beglücken wollen, wie zart werden wir ihn behandeln! Daher der Nahme der Zärtlichkeit. Ich kenne drey Hauptarten von dieser Stimmung unsers Herzens, und von Verbindungen, die darauf beruhen: Freundschaft im eigentlichsten Sinn, Geschlechtszärtlichkeit und Aelternzärtlichkeit. Die letzte liegt ganz außer meinem Plane. Nur zum Ueberfluß bemerke ich hier, daß die liebende Anhänglichkeit der Aeltern an ihren Kindern in den meisten Fällen nur liebende persönliche Ergebenheit, nicht Vereinigung der Naturen ist. Sie sind treue Gunstgeflissene, treue Genossen ihrer Kinder. Sie schützen, sie pflegen diese, sie nehmen sie in ihre Familienverhältnisse auf: kurz, sie verbinden sehr viel Persönliches mit der Person. Ja! die Verbindung kann große Aufopferungen hervorbringen. Demohngeachtet ist sie nicht immer, ja, nur in seltenen Fällen, Vereinigung der Naturen. Wenn sie es aber seyn sollte, dann lößt sie sich beynahe ganz in Freundschaft, und wohl gar in Geschlechtszärtlichkeit auf, und behält nur eine geringe Mischung vom treuen Patronat an sich, die dann dazu dient, der Verbindung einen besondern Charakter zu geben. Alles dieß wird sich in der Folge noch weiter entwickeln, wenn ich den Begriff der Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit näher bestimmt haben werde. Um so weniger brauche ich hier der Aelternzärtlichkeit eine weitere Erörterung zu widmen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/105
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/105>, abgerufen am 25.11.2024.