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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

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Pallast Rospigliosi.
müht waren. Der Gedanke ist mir in diesem Ge-
mählde noch lieber als in dem vorigen, weil er zu
einem reichhaltigern und interessantern Ausdruck Ge-
legenheit giebt. In der Ausführung vermisse ich an
der Figur der Wahrheit, die edle Uebefangenheit, die
Domenichino der seinigen in dem Plafond des Pal-
lasts Costaguti zu geben gewußt hat. Der Ausdruck
der übrigen Figuren ist zum mindesten wahr, wenn
er gleich edler und in dem Neide und der Misgunst
weniger Carricatur seyn konnte. Die Anordnung,
die Zeichnung, und das Helldunkle sind zu loben.
Die Farbe ist zu finster.

+ Eine sehr schöne Landschaft mit einer
Brücke
von Claude le Lorrain.

Eine Geisselung von Valentin.

Eine Fruchtkrämerin mit einem Kinde an-
geblich von Guercino.

Zwei Skizzen von P. da Cortona, die man
eben so gern dem L. Giordano zuschreiben sollte.

Eine Glasfabrik von Honthorst.

Damon und Pythias vor dem Tyrannen
Dionysius
, von Guercino. Die Geschichte die-
ser beiden Freunde ist bekannt. Der eine von ihnen
saß auf den Tod, und da er, um in seiner Familie
die letzten Einrichtungen zu treffen, auf eine Zeitlang
aus der Verwahrung losgelassen zu werden wünschte,
so stellte sich der andere mittlerweile zum Bürgen,
und erbot sich die Todesstrafe zu leiden, wenn sein
Freund an dem zu seiner Hinrichtung bestimmten
Tage nicht wiederkehren würde. Aber dieser kehrte
wieder, und der erstaunte Tyrann bat um die dritte
Stelle in ihrer Freundschaft. Die Wahl des Sü-

jets

Pallaſt Roſpiglioſi.
muͤht waren. Der Gedanke iſt mir in dieſem Ge-
maͤhlde noch lieber als in dem vorigen, weil er zu
einem reichhaltigern und intereſſantern Ausdruck Ge-
legenheit giebt. In der Ausfuͤhrung vermiſſe ich an
der Figur der Wahrheit, die edle Uebefangenheit, die
Domenichino der ſeinigen in dem Plafond des Pal-
laſts Coſtaguti zu geben gewußt hat. Der Ausdruck
der uͤbrigen Figuren iſt zum mindeſten wahr, wenn
er gleich edler und in dem Neide und der Misgunſt
weniger Carricatur ſeyn konnte. Die Anordnung,
die Zeichnung, und das Helldunkle ſind zu loben.
Die Farbe iſt zu finſter.

Eine ſehr ſchoͤne Landſchaft mit einer
Bruͤcke
von Claude le Lorrain.

Eine Geiſſelung von Valentin.

Eine Fruchtkraͤmerin mit einem Kinde an-
geblich von Guercino.

Zwei Skizzen von P. da Cortona, die man
eben ſo gern dem L. Giordano zuſchreiben ſollte.

Eine Glasfabrik von Honthorſt.

Damon und Pythias vor dem Tyrannen
Dionyſius
, von Guercino. Die Geſchichte die-
ſer beiden Freunde iſt bekannt. Der eine von ihnen
ſaß auf den Tod, und da er, um in ſeiner Familie
die letzten Einrichtungen zu treffen, auf eine Zeitlang
aus der Verwahrung losgelaſſen zu werden wuͤnſchte,
ſo ſtellte ſich der andere mittlerweile zum Buͤrgen,
und erbot ſich die Todesſtrafe zu leiden, wenn ſein
Freund an dem zu ſeiner Hinrichtung beſtimmten
Tage nicht wiederkehren wuͤrde. Aber dieſer kehrte
wieder, und der erſtaunte Tyrann bat um die dritte
Stelle in ihrer Freundſchaft. Die Wahl des Suͤ-

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[64/0088] Pallaſt Roſpiglioſi. muͤht waren. Der Gedanke iſt mir in dieſem Ge- maͤhlde noch lieber als in dem vorigen, weil er zu einem reichhaltigern und intereſſantern Ausdruck Ge- legenheit giebt. In der Ausfuͤhrung vermiſſe ich an der Figur der Wahrheit, die edle Uebefangenheit, die Domenichino der ſeinigen in dem Plafond des Pal- laſts Coſtaguti zu geben gewußt hat. Der Ausdruck der uͤbrigen Figuren iſt zum mindeſten wahr, wenn er gleich edler und in dem Neide und der Misgunſt weniger Carricatur ſeyn konnte. Die Anordnung, die Zeichnung, und das Helldunkle ſind zu loben. Die Farbe iſt zu finſter. † Eine ſehr ſchoͤne Landſchaft mit einer Bruͤcke von Claude le Lorrain. Eine Geiſſelung von Valentin. Eine Fruchtkraͤmerin mit einem Kinde an- geblich von Guercino. Zwei Skizzen von P. da Cortona, die man eben ſo gern dem L. Giordano zuſchreiben ſollte. Eine Glasfabrik von Honthorſt. Damon und Pythias vor dem Tyrannen Dionyſius, von Guercino. Die Geſchichte die- ſer beiden Freunde iſt bekannt. Der eine von ihnen ſaß auf den Tod, und da er, um in ſeiner Familie die letzten Einrichtungen zu treffen, auf eine Zeitlang aus der Verwahrung losgelaſſen zu werden wuͤnſchte, ſo ſtellte ſich der andere mittlerweile zum Buͤrgen, und erbot ſich die Todesſtrafe zu leiden, wenn ſein Freund an dem zu ſeiner Hinrichtung beſtimmten Tage nicht wiederkehren wuͤrde. Aber dieſer kehrte wieder, und der erſtaunte Tyrann bat um die dritte Stelle in ihrer Freundſchaft. Die Wahl des Suͤ- jets

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/88>, abgerufen am 28.04.2024.