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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

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Pallast Verospi.

Tritonen, die um eine Nereide streiten.
Während, daß der eine den andern umbringt,
entführt sie ein Dritter
.

Opfer dem Priap.

An den Wänden der Fensteröffnungen sieht man
noch einige artige Tänze von Kindern und
Nymphen
.

Diese Gallerie kann einen sehr sichern Aufschluß überDas Cha-
rakteristische
in dem Stil
des Albano.

das Charakteristische in dem Stile des Albano geben.

Ich will dies mit ein paar Worten zusammen zu
fassen suchen. Er hatte mehr Talent zu kleinen ange-
nehmen Vorstellungen, als zu großen und edlen Zu-
sammensetzungen. Er war der Mahler kindlicher
Reize, der Unbefangenheit und der Schalkheit des
glücklichen Alters, dem das Leben ein lieblicher
Traum ist. Kinder sind das Beste was er gemahlt
hat: Weiber haben bei ihm oft einen süßlichen, oft
gar keinen Ausdruck, und sehen sich alle einander
ähnlich. Von seinen Jünglingen gilt dasselbe.
Männer und Alte verstand er gar nicht zu mahlen.

Er zeichnete im Stile der Carracci, die männ-
lichen Figuren jedoch schwerfälliger, die weiblichen
swelter; häufige Incorrektionen abgerechnet, wo-
durch er sich gleichfalls von seinen Meistern unter-
schied. Seine Gewänder sind in dem Faltenschlage
eckigt, und nicht schön geworfen. Sein Colorit hat
einen sehr angenehmen röthlichen Ton im Oel, ob
dieser gleich nicht ganz wahr ist. Im al Fresco fällt
er zu sehr ins Rothe.

Er beobachtete das Helldunkle sehr glücklich,
mahlte harmonisch und mit einem leichten und wohl-
genährten Pinsel. Er lebte von 1578--1660.

Pallast
D 4
Pallaſt Veroſpi.

Tritonen, die um eine Nereide ſtreiten.
Waͤhrend, daß der eine den andern umbringt,
entfuͤhrt ſie ein Dritter
.

Opfer dem Priap.

An den Waͤnden der Fenſteroͤffnungen ſieht man
noch einige artige Taͤnze von Kindern und
Nymphen
.

Dieſe Gallerie kann einen ſehr ſichern Aufſchluß uͤberDas Cha-
rakteriſtiſche
in dem Stil
des Albano.

das Charakteriſtiſche in dem Stile des Albano geben.

Ich will dies mit ein paar Worten zuſammen zu
faſſen ſuchen. Er hatte mehr Talent zu kleinen ange-
nehmen Vorſtellungen, als zu großen und edlen Zu-
ſammenſetzungen. Er war der Mahler kindlicher
Reize, der Unbefangenheit und der Schalkheit des
gluͤcklichen Alters, dem das Leben ein lieblicher
Traum iſt. Kinder ſind das Beſte was er gemahlt
hat: Weiber haben bei ihm oft einen ſuͤßlichen, oft
gar keinen Ausdruck, und ſehen ſich alle einander
aͤhnlich. Von ſeinen Juͤnglingen gilt daſſelbe.
Maͤnner und Alte verſtand er gar nicht zu mahlen.

Er zeichnete im Stile der Carracci, die maͤnn-
lichen Figuren jedoch ſchwerfaͤlliger, die weiblichen
ſwelter; haͤufige Incorrektionen abgerechnet, wo-
durch er ſich gleichfalls von ſeinen Meiſtern unter-
ſchied. Seine Gewaͤnder ſind in dem Faltenſchlage
eckigt, und nicht ſchoͤn geworfen. Sein Colorit hat
einen ſehr angenehmen roͤthlichen Ton im Oel, ob
dieſer gleich nicht ganz wahr iſt. Im al Freſco faͤllt
er zu ſehr ins Rothe.

Er beobachtete das Helldunkle ſehr gluͤcklich,
mahlte harmoniſch und mit einem leichten und wohl-
genaͤhrten Pinſel. Er lebte von 1578—1660.

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D 4
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[55/0079] Pallaſt Veroſpi. Tritonen, die um eine Nereide ſtreiten. Waͤhrend, daß der eine den andern umbringt, entfuͤhrt ſie ein Dritter. Opfer dem Priap. An den Waͤnden der Fenſteroͤffnungen ſieht man noch einige artige Taͤnze von Kindern und Nymphen. Dieſe Gallerie kann einen ſehr ſichern Aufſchluß uͤber das Charakteriſtiſche in dem Stile des Albano geben. Das Cha- rakteriſtiſche in dem Stil des Albano. Ich will dies mit ein paar Worten zuſammen zu faſſen ſuchen. Er hatte mehr Talent zu kleinen ange- nehmen Vorſtellungen, als zu großen und edlen Zu- ſammenſetzungen. Er war der Mahler kindlicher Reize, der Unbefangenheit und der Schalkheit des gluͤcklichen Alters, dem das Leben ein lieblicher Traum iſt. Kinder ſind das Beſte was er gemahlt hat: Weiber haben bei ihm oft einen ſuͤßlichen, oft gar keinen Ausdruck, und ſehen ſich alle einander aͤhnlich. Von ſeinen Juͤnglingen gilt daſſelbe. Maͤnner und Alte verſtand er gar nicht zu mahlen. Er zeichnete im Stile der Carracci, die maͤnn- lichen Figuren jedoch ſchwerfaͤlliger, die weiblichen ſwelter; haͤufige Incorrektionen abgerechnet, wo- durch er ſich gleichfalls von ſeinen Meiſtern unter- ſchied. Seine Gewaͤnder ſind in dem Faltenſchlage eckigt, und nicht ſchoͤn geworfen. Sein Colorit hat einen ſehr angenehmen roͤthlichen Ton im Oel, ob dieſer gleich nicht ganz wahr iſt. Im al Freſco faͤllt er zu ſehr ins Rothe. Er beobachtete das Helldunkle ſehr gluͤcklich, mahlte harmoniſch und mit einem leichten und wohl- genaͤhrten Pinſel. Er lebte von 1578—1660. Pallaſt D 4

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/79>, abgerufen am 28.04.2024.