Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.Nachtrag. erfahrner Jugend, der Schwäche des Alters ein.Ueber die meisten seiner Gemählde ist ein Zug von kränklicher Schüchternheit ausgegossen, welcher in dem persönlichen Charakter des Meisters nach den vielen Versagungen, Leiden und Kränkungen, die er in seinem Leben erfahren hatte, der herrschende wer- den und sich nothwendig seinen Werken mittheilen mußte. Das Genie des Domenichino scheint zwischen Domenichino wechselte nicht oft mit der Wahl Das
Nachtrag. erfahrner Jugend, der Schwaͤche des Alters ein.Ueber die meiſten ſeiner Gemaͤhlde iſt ein Zug von kraͤnklicher Schuͤchternheit ausgegoſſen, welcher in dem perſoͤnlichen Charakter des Meiſters nach den vielen Verſagungen, Leiden und Kraͤnkungen, die er in ſeinem Leben erfahren hatte, der herrſchende wer- den und ſich nothwendig ſeinen Werken mittheilen mußte. Das Genie des Domenichino ſcheint zwiſchen Domenichino wechſelte nicht oft mit der Wahl Das
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Nachtrag.
erfahrner Jugend, der Schwaͤche des Alters ein.
Ueber die meiſten ſeiner Gemaͤhlde iſt ein Zug von
kraͤnklicher Schuͤchternheit ausgegoſſen, welcher in
dem perſoͤnlichen Charakter des Meiſters nach den
vielen Verſagungen, Leiden und Kraͤnkungen, die er
in ſeinem Leben erfahren hatte, der herrſchende wer-
den und ſich nothwendig ſeinen Werken mittheilen
mußte.
Das Genie des Domenichino ſcheint zwiſchen
dem eines Guido und eines Raphaels in der Mitte
geſtanden zu haben. Er fuͤhlte feiner und ausgebrei-
teter als der erſte, aber er hatte weniger Sinn fuͤr
edle hohe Affekte, und viel weniger mechaniſches Ta-
lent zur Ausfuͤhrung. Raphael hatte den Reichthum
der Ideen in Verbindung mit jenen Vorzuͤgen vor
beiden zum Voraus. Haͤtten alle drei Meiſter ihre
Talente zur Dichtkunſt angewandt; Raphael, glaube
ich, waͤre als Dichter des hiſtoriſchen Schauſpiels oder
als epiſcher groß geworden, Guido haͤtte den hohen
aber eingeſchraͤnkten Flug der Ode oder Elegie ge-
nommen, und Domenichino wuͤrde in der Fabel, in
der Idylle, oder uͤberhaupt in der poetiſchen Darſtel-
lung der Scenen des gewoͤhnlichen Lebens im buͤrger-
lichen Drama, im Romane, unſer Herz zur ſanften
Theilnehmung eingeladen haben.
Domenichino wechſelte nicht oft mit der Wahl
ſeiner Suͤjets ab; er entlehnte ſie oft von andern.
Nicht ſelten, wenn er ſich ſeinem eigenen Flu-
ge uͤberließ, opferte er die Hauptperſonen den Neben-
figuren auf, und verwebte Epiſoden mit der Haupt-
handlung, welche dieſer gefaͤhrlich wurden. Erha-
bene Ideen ſind bei ihm ſehr ſelten.
Das
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